Waldos Lied (German Edition)
schrieb: »Schon aus deinen früheren Bemühungen geht hervor, dass dir die Ehre der Römischen Kirche am Herzen liegt; nun zeigt dein Brief, von welch glühender Zuneigung zu ihr du erfüllt bist und wie sehr du die übrigen Fürsten des Landes im Ausmaß dieser Zuneigung übertriffst.«
Ich war beeindruckt. »Damit erhebt Euch der Papst ganz offen über alle anderen Fürsten des Reiches. Das ist, als würde er Euch selbst die Erlaubnis erteilen, Euch zum König krönen zu lassen und an Heinrichs Statt über dieses Land zu herrschen. Das ist ein Freibrief.«
Der Herzog von Schwaben nickte. »Wir werden sehen, ob die Sachsen dieses Mal Ernst machen«, wiederholte er nur.
Schon bald darauf erreichte uns eine Botschaft des Königs mit dem Befehl, dass alle Fürsten ihm so schnell wie möglich bis Kappel entgegen ziehen sollten. Das war ein Dorf, nicht weit von Hersfeld entfernt. So machte ich mich im Gefolge des Herzogs erneut auf den Weg. Den größten Teil der Truppen ließ Rudolf jedoch bei Mainz zurück. Er wollte damit noch größere Unruhe unter der Bevölkerung vermeiden. Denn seine Männer ernährten sich von allem, was sie fanden, und nahmen von den Bauern, was sie zum Leben brauchten. Sonst hätte auch der größte Fürst nicht so viele Kämpfer unterhalten können. Doch der Herzog und jene, denen er das Kommando über die einzelnen Truppenteile gegeben hatte, waren immer darauf bedacht, den Schaden möglichst gering zu halten und schlimme Übergriffe zu verhindern.
Wo es ging, beglich er den angerichteten Schaden aus seiner Schatulle. Und wenn ein Bauer kam und sich beklagte, einer der Soldaten habe sich an seiner Frau vergriffen, dann ließ er den Fall genau untersuchen. Sobald er überzeugt war, dass der Ankläger die Wahrheit sprach, wurde der Betreffende streng bestraft. Das wussten die Söldner des Herzogs. Deshalb hatten die Mainzer auch nicht viel dagegen, dass Rudolf mit seinen Leuten vor der Stadt lag. Besonders die Händler und Geldverleiher profitierten von diesem Feldzug, zu dem der König aufgerufen hatte.
Es waren längst nicht alle nach Kappel gekommen, die der König gerufen hatte. Und so kämpfte Heinrich mit allen Mitteln, um ein großes Heer auf die Beine zu stellen. Er fiel nachweislich sogar vor den versammelten Fürsten auf die Knie und flehte sie an, Mitleid mit ihm zu haben. Dann wieder wetterte er unbeherrscht gegen die Sachsen. Ich sah, dass einige der Anwesenden sich von den Worten des Königs rühren ließen. Doch nicht Rudolf. Sein Gesicht blieb hart. Und am Ende setzte er sich auch mit seiner Meinung durch.
»Die Sachsen sind ein hartes und kämpferisches Volk, mein Herr und König«, erklärte er. »Und sie werden kämpfen bis zum letzten Mann. Wir aber haben uns für einen Feldzug gegen die Polen gerüstet und deshalb nicht genügend Männer, um auch noch die Sachsen bestrafen zu können, wie Ihr es verlangt. Gebt uns eine Frist, in der wir heimziehen, unsere Truppen ausrüsten und unsere Vorräte ergänzen können. Denn dieser Krieg kann lange dauern. Währenddessen können die Erzbischöfe von Mainz und Köln weiter versuchen, mit den Sachsen zu verhandeln.«
Dieser Vorschlag wurde von allen Anwesenden angenommen. Auf vielen Gesichtern war Erleichterung über diesen Aufschub zu erkennen. Heinrich musste sich dem Beschluss fügen. Er ordnete an, dass ein jeder sich am siebten Tag nach dem Fest des heiligen Michael in Gerstungen am Fluss Werra einfinden solle.
Nicht Angst vor der Schlacht hatte den Herzog von Schwaben zu diesem Vorschlag veranlasst. Er spielte auf Zeit. Zeit, die er brauchte, um seine eigenen Pläne reifen zu lassen. Zeit, in der vielleicht immer mehr Fürsten von Heinrich abfallen würden. Auch wenn er es nicht aussprach, so glaube ich doch, dass Rudolf von Rheinfelden schon damals daran dachte, Heinrich vom Thron zu stürzen. Nach dem Brief des Papstes, den Rudolf ihnen hatte zukommen lassen, sahen viele, die in die Verschwörung eingeweiht waren, in ihm ohnehin schon das Haupt der Gegner Heinrichs. Das wurde aus zahlreichen Zeichen und Gesprächen deutlich, die Rudolf am Rande der Zusammenkunft bei Kappel führte. Mit jedem Tag, der verging, gaben immer mehr Adlige unumwunden zu verstehen, dass ihr Misstrauen gegen Heinrich wuchs.
Noch während wir nach Mainz zurückreisten, sprachen bei dem Herzog viele Boten vor. Manche hatten Schreiben dabei, andere nur einen mündlichen Auftrag. Aber alle wollten dasselbe wissen: Ob der Herzog von Schwaben
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