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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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hätte, können wir uns beide beim besten Willen nicht vorstellen.«
    14 Waldarbeiter hatten die beiden noch vernommen, ebenfalls ohne Ergebnis, doch für den heutigen Tag standen ganz aktuell sieben private Jäger auf dem Plan.
    Sternberg wedelte mit einer Adressenliste: »Ihr Nachbar, Chef, der Waldstadt-Förster hat uns draufgebracht, er meinte, wir sollten mal die Jäger befragen. Diese Waidmänner sind noch am ehesten nachts unterwegs, wenn der Mond scheint und die dicke Wildsau den Boden umbricht.«
     
    Die beiden Kriminalisten klapperten eine Adresse nach der anderen ab. »Puh«, stöhnte Sternberg nach dem dritten Gespräch, »so langsam komme ich mir vor wie ein Staubsaugervertreter.«
    Wellmann nickte: »Auch wir jagen nur dem Dreck hinterher.«
    Ein Amtmann aus dem Durlacher Finanzamt, in Neureut ein Verkäufer im Stahlgroßhandel, eine Bauingenieurin aus der Gartenstadt, alle jagten in ihrer Freizeit im Hardtwald.
    »Einmal im Jahr bezahlen wir ein paar 100 Euro für den Begehungsschein und bekommen dann einen kleinen Pirschbezirk zugewiesen«, erklärte in Hagsfeld ein selbständiger Metzgermeister und bat die beiden Kripobeamten in sein Jägerzimmer. »So kann sich das auch jemand mit normalem Geldbeutel leisten, ohne gleich eine ganze Jagd pachten zu müssen. Nur, wer etwas Außergewöhnliches schießen will, einen starken Rehbock oder einen Damhirsch, der muss für Trophäenträger noch zusätzlich zahlen.«
    Die Kriminalisten schätzten den korpulenten, vollbärtigen Metzger auf Anfang 40. Er war etwas merkwürdig gekleidet, denn zu den weißen Gummistiefeln und seiner weiß-blau gestreiften Schlachterjacke trug er Kniebundhosen aus dunkelgrünem Leder. Aus einer kleinen Tasche an der rechten Hosennaht lugte der Hirschhorngriff eines feststehenden Jagdmessers. Stolz zeigte er auf die Geweihe an den Wänden: »Zu jedem davon kann ich Ihnen eine Geschichte erzählen.«
    »Uns interessiert eigentlich mehr, ob Sie an zwei ganz bestimmten Abenden auch im Wald unterwegs waren«, kam Paul Wellmann auf den eigentlichen Grund des Gespräches zurück.
    »An den Tagen, als die Morde passiert sind? Ist mir schon klar, warum Sie fragen.«
    Der Metzger ging zu einer Eichentruhe, die mit Jagdmotiven verziert war. Umständlich zog er einen altertümlich wirkenden Schlüssel aus seiner Lederhose und öffnete das schwere Stück. Er bückte sich ächzend und holte ein grün eingebundenes Buch hervor.
    »Mein Jagdtagebuch«, verkündete er stolz und begann, darin zu blättern. »Ich schreibe mir nicht nur auf, was ich wann geschossen habe, sondern auch, wie oft ich draußen war. Sie glauben ja gar nicht, wie mühsam es ist, hier in Stadtnähe ein Stück Wild zu erwischen. Tag und Nacht diese Unruhe. Alles voll mit Menschen. Radler nachts um drei, Jogger mit Stirnlampen, Hundebesitzer, die ihre Köter einfach so herumstreunen lassen. Manchmal stinkt mir das schon gewaltig.«
    »Bringen diese Waldbesucher Sie oft um den Jagderfolg?«
    Das Gesicht des jagenden Metzgers verfärbte sich deutlich: »Hier, sehen Sie doch«, zeigte er in das Tagebuch. »Letztes Jahr im Oktober. Fast jeden Abend war ich draußen. Allein in diesem einen Monat 27 Mal bis in die tiefe Dunkelheit irgendwo auf einem Hochsitz gehockt.«
    »Und?«, fragte Paul Wellmann weiter.
    »Eins, zwei, drei, vier – ganze vier Rehe gesehen und davon nur ein Einziges geschossen.«
    »Da würde ich mir aber ein anderes Hobby suchen«, kommentierte Jan Sternberg die frustrierende Bilanz.
    »Einmal«, ereiferte sich der Jäger, »im letzten Winter, da hatte ich endlich eine Rotte Sauen vor mir an der Kirrung.«
    Er griff unter die Eckbank und hob einen grünen Kunststoffbehälter empor, der auf allen Seiten kleine Löcher hatte. »Hier kommt Mais rein, um die Wildschweine anzulocken. Die rollen und schieben dieses Ding durch die Gegend und ab und zu fallen ein paar Körnchen heraus.«
    Er überlegte kurz: »Ja, da saß ich also. Mitten in der Nacht, halb 12, bestes Mondlicht, ich hatte schon einen Überläufer im Zielfernrohr und war kurz davor, abzudrücken, da knackt es hinter mir im Unterholz. Schlagartig sind alle verschwunden.«
    »Was war?« Wellmann konnte richtig mitfühlen.
    »Ha«, stieß der Metzger aus, »fast hätte ich den Koller gekriegt. Zwei Weiber mit Stirnlampen und jede so einen großen Köter dabei, Dobermänner glaube ich. Sind ja sehr in Mode. Kommen auf dem schmalen Pfad dahergejoggt, direkt unter meinem Hochsitz durch. Mann, hab ich mich

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