Waldstadt
gesehen, was ich gesehen habe?« Sternberg schaute Wellmann an, nachdem sie jedem der ungleichen Brüder eine Visitenkarte in die Hand gedrückt hatten und wieder in den Dienstwagen gestiegen waren.
»Da in der Staubox?«
Sein älterer Kollege nickte: »Eine Sturmhaube, zweifellos, aber Motorradfahrer brauchen wohl solche Unterziehmasken.«
»Unverdächtig?«
Wellmann zuckte mit den Schultern: »Wie es scheint, hat der im Wald was anderes im Sinn, als Leute umzubringen.«
»Ich schreibs trotzdem ins Protokoll.«
»Ach komm, dann lass uns doch lieber Nägel mit Köpfen machen.« Wellmann öffnete die Wagentür wieder und ging auf die beiden Brüder zu, die immer noch bei der schweren Geländemaschine standen.
»Dürften wir Ihre Kopfhaube mal sehen?«
»Meine was …?«
»Na das schwarze Ding zum Unterziehen, was man unter dem Helm trägt, dort aus der Box.«
»Wieso denn das jetzt noch?« Der Motorradfahrer wurde sichtbar ärgerlich.
»Nur mal anschauen«, sagte Jan Sternberg, der mittlerweile auch wieder ausgestiegen war und direkt auf die Maschine zuging.
Drohend baute sich der Fitnessstudiobetreiber vor seiner BMW auf. »Nein, nur mit Durchsuchungsbeschluss!«
»Was Schriftliches? Vom Richter? Kein Problem, organisieren wir sofort«, antwortete Paul Wellmann und griff nach dem Handy. »Bis wir den Beschluss haben, wird die Maschine aber beschlagnahmt.«
Das war zuviel. Mit einem Sprung hechtete der Motorradfahrer in den Sattel und griff zum Zündschloss, um zu starten. Jan Sternberg war eine winzige Kleinigkeit schneller. Triumphierend hielt er den Schlüssel in die Höhe: »Beschlagnahmt, falls Sie nicht richtig verstanden haben!«
Der Metzger stand völlig perplex daneben und verstand überhaupt nichts. »Was wollen Sie denn von meinem Bruder?«
»Nur … mal … da … rein … schauen!« Sternberg zeigte auf die Staubox, die seitlich neben dem Hinterrad befestigt war.
»Also, was ist jetzt? Freiwillig oder nicht?« Wellmanns Stimmlage hatte sich deutlich verschärft.
»Willkür, das ist staatliche Willkür, ich werde mich beschweren, ganz oben!«, tobte der braungebrannte Fitnessmensch.
»Wir schreiben Ihnen gerne die Adresse der Frau Oberstaatsanwältin auf, aber die wird Sie sowieso vorladen. Jan, mach auf!«
»Sollten wir ihn nicht besser schließen?«, raunte Sternberg seinem Kollegen zu.
»Wir versuchens erst mal so, den Achter können wir ihm immer noch anlegen.«
Jan öffnete die Box, allerdings so ungeschickt, dass zwei Teile des Inhalts auf den Boden kullerten. Ein Lederetui und eine kleine Schreibmappe lagen im Staub des Metzgereihofes.
»Das ist privat«, zischte der Motorradfahrer und wollte sich nach der Mappe bücken, doch der junge Kripobeamte war wiederum schneller. »Jetzt nicht mehr«, lächelte Jan Sternberg.
Er leerte die Box vollständig, hob auch das Etui auf und trug alles zum Dienstwagen, wo ihm Paul Wellmann die Heckklappe öffnete.
»Halten Sie bitte Abstand. Wir schauen das jetzt kurz durch und wenn wir nichts Besonderes feststellen, dann können Sie es gleich wieder zurückbekommen.« Paul Wellmann hob als Erstes die dünne Nylonmaske in die Höhe.
»Damit mache ich immer meine Banküberfälle«, giftete es von hinten.
»Wenn der sich so auffällig verhält, müssen wir die Haube auf jeden Fall mitnehmen.« Wellmann legte das Teil in eine Plastiktüte und griff nach der Schreibmappe, während sein Kollege das kleine Lederetui öffnete.
»Das ist mein Bordwerkzeug!«
Sternberg löste die Schnalle des gelochten Lederriemens und rollte das Etui auf. In kleinen Schubtäschchen steckten drei verschiedene Schraubenzieher, zwei Zangen, Gabel- und Ringschüssel verschiedener Größen, eine kurze Messingbürste und … Sternberg stockte.
»Paul, sieh mal hier her«, flüsterte er. »Aber ganz vorsichtig und dreh dich nicht zu ihm um.«
Er zeigte auf eine kleine Rolle von dünnem Stahlseil, die ganz hinten eingeschoben war. »Was soll das sein? Ersatz für gerissene Bremszüge?«
»Am besten wieder einwickeln und so tun, als hätten wir es nicht gesehen. Wir packen alles zurück ins Motorrad und wenn du ihm den Zündschlüssel gibst, dann lassen wir die Handschellen zuschnappen.«
Sie drehten sich wieder zu den beiden Brüdern um und … »Scheiße«, wie aus einem Mund.
Nur noch der Metzger stand mit verlegenem Gesichtsausdruck da. »Er musste mal kurz«, zeigte er auf die Haustür.
20 Sekunden Unaufmerksamkeit hatten gereicht. Entweder war er tatsächlich
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