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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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versprachen sie sich von der ledernen Schreibmappe. Sie enthielt ein Notizbuch mit Kalender, darin offensichtlich verschlüsselte Eintragungen. Die Auswertungen in Zusammenarbeit mit dem LKA dauerten noch an.
     
    »Ihr habt was gut bei uns«, bedankte sich der Leiter des Drogenkommissariats bei Oskar Lindt und seinen Mitarbeitern. »Wir halten die Augen offen nach eurem Waldstadt-Würger!«
    »Im Moment wäre ich schon mit einem Regentag zufrieden,« hatte Lindt geantwortet und sich zum mindestens hundertsten Mal an diesem Tag die Schweißtropfen mit einem großen weißen Stofftaschentuch von Stirn und Nacken gewischt.
    Er beneidete Jan Sternberg, der mit seiner Familie ein kleines Ferienhaus in Dänemark gemietet hatte und sicherlich dort die angenehme Nordseebrise genoss.
    Es half aber alles nichts, die Arbeit der SoKo »Waldstadt« musste weitergehen. Der Mord an Albert Schallenbach lag jetzt fast zwei Wochen zurück, Carsten Blees war 14 Tage davor stranguliert worden und alle bisherigen Spuren hatten sich als Sackgassen erwiesen. Lindt und seine Mannschaft trafen sich weiter täglich zwei Mal, um zu beraten, Aufgaben zu verteilen und gemeinsam zu überlegen. Nur Ergebnisse, Erfolge stellten sich überhaupt nicht ein.
    Lindt kochte, ja, er war kurz davor, in der Karlsruher Sommerhitze überzukochen.
     
    Als ganz angenehm empfand dagegen ein junger Wanderer die frische Luft auf den Schwarzwaldhöhen. Schon seit Tagen erholte er sich bestens. In T-Shirt, Shorts und Trekkingstiefeln, nur mit einem kleinen Rucksack bepackt, unternahm er immer neue Touren zwischen Freudenstadt und der Hornisgrinde. Manchmal mit dem Mountainbike, das er in der Stadtbahn extra mitgebracht hatte, meistens aber zu Fuß. Dann nutzte er die Busverbindungen, die ihn von seinem Quartier in Freudenstadt, der Stadt mit Deutschlands größtem Marktplatz, in die Hochlagen brachten.
    Besonders die Gegend um den Ruhestein hatte es ihm angetan. Er war auf den breiten Wanderstrecken zwischen Schliffkopf, Wildsee und Seibelseckle zu finden, genauso auf den schmalen Pfaden, die sich ohne Wegmarkierung durch die ausgedehnten dichten Felder von Latschenkiefern schlängelten.
    Häufig legte er sich auch unter eine große Schirmfichte und träumte in den Tag hinein oder er zog sein T-Shirt aus und sonnte sich auf einer abgelegenen Waldlichtung.
    Allerdings spürte er seine innere Unruhe täglich mehr. Immer öfter griff er in den dünnen Rucksack, um das zu fühlen, was er neben Wasserflasche und Energieriegeln noch eingepackt hatte.
    Er wollte es wagen, nein, er musste es ganz einfach tun, hier oben in den dichten Latschen, wenn auch am hellen Tag. Nachts kam sicherlich niemand vorbei.
    Er musste weiterkommen, vorwärts, vollkommen werden, frei.
    Nach vier Tagen hatte er einen Platz gefunden, der ihm wirklich zusagte. Optimale Übersicht, er selbst konnte sich dort aufhalten, ohne den geringsten Verdacht zu erregen und hatte doch alle Möglichkeiten.
    Ein schmaler Pfad schien ihm passend. Vielleicht würde er länger warten müssen, bis er zuschlagen, nein, bis er zuziehen konnte, aber dafür war das Risiko auch wesentlich geringer als an den ausladend breiten Wanderwegen.
    Wanderer waren jetzt zur Ferienzeit wirklich überall unterwegs, auch an Einzelnen gab es keinen Mangel.
    Er setzte sich auf den sonnenwarmen kantigen Findling aus rotem Buntsandstein direkt am Pfad und nahm die Sonnenbrille aus dem Etui.
    Er würde sich jemanden pflücken, so wie man eine Blume pflückt. Der Ausdruck gefiel ihm. Besser als umknicken oder abbrechen, das klang zu gewalttätig. Oder gar abreißen, furchtbar, eine blaue Glockenblume abreißen, kein halbwegs zivilisierter Mensch würde das tun.
    Die Gewalt war das, was ihn eigentlich störte. Beim ersten Mal, als er den Radfahrer umgestoßen hatte. Es bedrückte ihn immer noch. Wesentlich ästhetischer war der Salto des Mofafahrers gewesen. Ein voller Überschlag, wie in Zeitlupe sah er das Bild noch vor sich, nur das Krachen in seinem Rücken beim harten Aufschlag, nein, die Methoden waren noch zu verbessern.
    Dieses Mal pur, Garotte solo, in Reinform, ohne Hilfsmittel. Das dritte Mal immerhin, eine weitere Stufe nach oben, da wollte er sich selbst schon eine gehobene Qualität abverlangen. Das war er sich schuldig.
    Zuerst hatte er mit einem einfachen Beinstellen geliebäugelt, aber es war ihm zu primitiv. Anfängermethode! Sein Opfer könnte außer Kontrolle geraten und vielleicht gar nicht fallen. Oder auf dem Bauch

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