Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
zerrissen, Fleisch und Bein barst und brach, und die Faust samt Achsel blieb in Beowulfs Hand; todwund aber floh Grendel hinaus übers Moor in seinen Meersaal.
Heorot war gesäubert und zum klaren Zeichen des Sieges heftete Beowulf die Riesenfaust allen zur Schau mitten unter die Decke der Methalle.
5. Dank und Gabenspende.
Die Siegeskunde flog von Mund zu Mund; im Frühlicht eilten die Dänen zur Halle, über weite Wege zogen die Volksführer herbei und schauten staunend das grause Siegeszeichen und Grendels Fussstapfen, wie er zurückgeflohen war übers Moor und über Steinklippen hinab in Meerestiefe. Die Brandung wallte blutigrot, die Wogen stockten in starrenden Blutlachen; der Landschade war vernichtet! Frohen Mutes ritten alt und jung von der schaurigen Meeresklippe zurück zur Königsburg, laut preisend Beowulfs Heldentat. Im Wettspiel liessen sie die falben Mähren über die kiesigen Wege rennen; der Sänger sang ein Lied von Beowulfs Kühnheit und Kraft. Und immer wieder strömten Neugierige in die Halle.
Dahin schritt nun auch im hellen Morgenschein der König mit seinen Gefolgen und die Königin im Geleit ihrer Mägde. Hrodgar stand auf dem Hochsitz, schaute empor an die goldene Decke, wo Grendels Hand hing und sprach: "Dem Allwaltenden sei dieses Anblicks Dank gesagt! Grimmes Leid hab’ ich von Grendel erdulden müssen. Noch ist’s nicht lang, dass ich wähnte, erblickte ich diese Halle blutbeschmutzt, niemals Lösung davon zu gewinnen! Schauet! Ein Held vollbrachte nun, was wir alle nicht vermochten. Wahrlich! Lebt sie noch, die diesen Weigand gebar, heut mag sie sich des Kindes rühmen. Nun will ich dich, Beowulf, wie meinen eignen Sohn lieben; halte dies neue Sippe-Band in Ehren! Nichts gebreche dir der Wunschgüter, über die ich Gewalt habe. Ewig wird dein Ruhm leben um dieser tapfern Tat willen." "Freudigen Herzens hab’ ich sie getan," antwortete Beowulf, "und mein Leben an seine Kraft gewagt. Möchtest du den Schrecklichen doch sehen können! Gern hätt’ ich ihn gebunden. Doch das ward mir nicht beschieden; nur die Faust musst’ er mir lassen. Aber dem Elenden nützt sein Entrinnen nichts; die schmerzhafte Wunde hält ihn gefangen und unter Qualen muss der Unhold sein Ende erwarten."
Alle betrachteten nun Grendels Faust unter der Decke; an den Fingern starrten statt der Nägel eiserne Krallen, und einmütig gestanden sie; da habe freilich härtestes Eisen an dem Ungetüm nicht haften können.
Hurtig wurde der Saal nun gesäubert und geschmückt; Frauen und Männer regten die Hände; an den Wänden hängten sie goldschimmernde, bunte Decken auf; denn der Bau war bei dem fürchterlichen Ringen rissig geworden, die Türangeln waren ausgebrochen, nur das Dach stand unversehrt, weil Grendel zeitig die Flucht ergriffen hatte, am Leben verzweifelnd. "Denn nicht leicht ist es, dem Tod zu entfliehen! Versuch’s, wer es will; ein jeder muss einst das enge Bett suchen, wo sein Leib nach des Lebens Fröhlichkeit schläft; ihn zwingt die Not."
Als nun Zeit und Stunde des Festes kam, da sass Hrodgar auf dem Hochsitz, nah ihm Hrodulf, sein Neffe; Hredrik und Hrodmund, des Könige junge Söhne, und ihre Gespielen zogen Beowulf in ihre Mitte. Da sah man der Schildinge zahlreiche Gesippen und der Dänen Edelinge freundlich mit ihren Gästen beisammensitzen; die Halle war ganz von Männern erfüllt. Fleissig kreiste der Metkrug und weder Verrat noch Gewalttat störte das Fest. Der König reichte Beowulf als Siegeslohn ein goldenes Banner, dazu Helm und Brünne und ein kostbares Kampfschwert. Ein Eberbild schützte und schmückte das von Metallfäden umsponnene Dach des Helmes. Darauf liess Hrodgar acht geschirrte Schlachtrosse in den Burghof führen; auf einem lag ein schöngeformter, mit Edelsteinen gezierter Sattel, der war des Könige eigner Heersessel, wann er in den Kampf ritt. Waffen wie Rosse übergab er Beowulf, dass er dich ihrer erfreue. Auch dessen Segelbrüdern reichte der milde Fürst wertvolle Gaben; den einen aber, den Grendel meuchlings ermordet hatte, liess er ihm mit Gold aufwägen.
Da war viel Schall und Klang froher Stimmen, und freudig wurde der Sänger mit der Harfe begrüsst; der hob nun an, alte Lieder zu singen, die sie stets wieder gerne hörten.
Der Sänger begann von dem Überfall in Finnsburg [Fußnote: Um eine übersichtliche Erzählung zu bieten, ist das Liederbruchstück: "Der Überfall in Finnsburg" hier eingeschaltet und in seinem Anfang ergänzt nach Annahmen von
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