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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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dem grimmen Wate! Du kannst das allein, sonst ist’s um mich geschehen."
    "Dir soll’ ich gnädig sein?" antwortete Kudrun. "Wie könnt’ ich das! Niemals haben dich meine Bitten erweicht; ungnädig warst du mir stets, darum muss ich dich hassen."
    Da ward der alte Wate Gerlindens gewahr; mit knirschenden Zähnen, mit blitzenden Augen und ellenbreitem Bart schritt er heran; alle, die um Kudrun standen, fürchteten sich. Er ergriff Gerlind bei der Hand und zog sie fort: "Hehre Königin," sprach er grimm, "nun soll Euch meine Jungfrau Kudrun nie mehr Kleider waschen." Die Frauen schrien auf vor Schrecken, – da kam er schon zurück, Gerlind lag tot.
    "Wo sind nun mehr noch von Gerlinds Sippschaft? Zeige sie mir, Kudrun; zu hoch ist mir keine, ich beuge jeder jetzt das Haupt." Aber in Tränen sprach die junge Königin: "Lass mich von dem Tod erretten, die mich um Frieden baten und hier um mich stehen; Ortrun und ihrem Ingesinde soll kein Leid widerfahren."
    Da fügte sich Wate; dem Streiten gebot er Einhalt. Blutbefleckt kam Herwig mit seinen Walgenossen in König Ludwigs Saal geschritten; Kudrun empfing ihn voller Liebe. Er band sein Schwert von der Seite, und schüttete seine blutigen Panzerringe in den Schild; eisenfarben stand er neben seiner schönen Braut, um die er die Walstatt oft auf- und niedergeschritten war.
10. Heimfahrt und Hochzeit.
    Die Sieger hielten Rat; seit sie die gute Burg Kassiane gebrochen, war auch das Land ringsum bezwungen: "Türme und Palas stecken wir in Brand," sprach Wate. Frute widerriet: "Die Toten schafft hinaus und wascht das Blut von den Wänden. Die Burg ist fest und geräumig; die Frauen und die Gefangenen müssen hier bleiben, dieweil wir Hartmuts Lande mit Heerfahrt durchziehen wollen."
    Da befahlen sie Horand, Kudruns nächstem Schwertmagen, die Feste mit allen, die darin waren, und trugen Frau Hildes Banner durch Hartmuts Reich und wieder zurück ans Meer, wo die Schiffe ihrer zur Heimfahrt harrten. Hartmut wurde mit fünfhundert Gefangenen an Bort der Schiffe geführt; da erfuhr er’s, wie einst Kudrun und ihren Frauen zu Mute war. Gold, Gestein, Gewand und Rosse, eine reiche Kriegsbeute, brachten die Hegelingen auf die Schiffe. Aber dreitausend Mannen hatten sie verloren.
    Der Wind war günstig, die Schiffe segelten ruhig durch die Wellen. An Frau Hilde waren Boten mit der Siegeskunde vorausgesendet: "Lebt mein liebes Kind? Und leben ihre Frauen?" war ihre erste Frage.
    "König Herwig bringt sie Euch; Ortrun und Hartmut führt Wate gefangen mit."
    Die landenden Schiffe wurden mit hellem Jubel begrüsst; mit Hörnerschall und Flötenklang. Frau Hilde kam mit ihrem Ingesinde an den Strand geritten. Irold führte Kudrun ihr entgegen; Kudrun erkannte die Mutter schon von fern. Aber gramvoll sprach Hilde, sie sah an hundert Frauen kommen: "Nun weiss ich nicht mehr, wen ich als meine liebe Tochter empfangen soll! Sie ist mir fremd geworden. Darum seid mir alle willkommen."
    "Diese hier ist Eure Tochter," antwortete Irold, und Kudrun trat dicht zur Mutter hin; sie küssten einander, und vergessen war da all ihr langes Leid. Dann begrüsste Frau Hilde all ihre getreuen Recken. "Willkommen, Wate von Stürmen," sprach sie, "wer könnte dir würdige Gabe zum Lohn bieten; es wäre denn ein Reich und eine Krone!"
    "Was ich dir dienend leisten mag, Frau Königin, das tu’ ich dir bis an mein Ende."
    Sie küsste ihn vor lauter Lieb’ und Freude, und küsste Ortwein und Herwig.
    "Nun grüsse auch, vielliebe Mutter," sprach Kudrun, "diese Jungfrau hier; in meinem Elend hat sie mir manchmal Ehre angetan."
    "Ich will hier niemand, den ich nicht kenne, küssen, wie’s nur Freunden gebührt. Wer ist sie?"
    "Ortrun von Normannenland!"
    "Nie küss’ ich die! – Besser geziemte sich’s, ich liesse sie töten; ihre Gesippen schufen mir grimmes Leid und bitt’re Tränen."
    "Mutter, dieses Kind riet wahrlich nichts, was dir Herzleid brachte. Du sollst sie nicht hassen."
    Da küsste die Königin auch Ortrun und hiess ihr Gesinde willkommen. Frute führte Hildburg an der Hand und wieder sprach Kudrun: "Vielliebe Mutter, begrüsse Hildburg; kein Dank ist zu reich für ihre grosse Treue!"
    "Davon hab’ ich vernommen; wie sie mit dir Leid und Schmach duldete; und nicht eher will ich fröhlich unter Krone gehen, bis ich ihr das herrlich gelohnt habe."
    In der Königsstadt ruhten die Heer- und Reisemüden fünf Tage; aller ward sorglich gepflegt, nur Hartmut lag in Banden. Aber auch für ihn baten

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