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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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offnen Feld angreifen. Vor Freuden umarmte und küsste der König Hagen; dann ritten sie fort, legten sich in einen Hinterhalt und liessen die Rosse im Walde grasen.
    Walther hatte ihre Umarmung gesehen und fürchtete böse List; er beschloss, die Nacht im Engpass zu verbleiben. Dorngestrüpp und Strauchwerk hieb er sich vom Hag ab und verschloss die Schlucht mit stacheligem Verhack. Dann fing er zuerst die Rosse der Toten ein und band sie zusammen; sechs waren’s noch; zwei waren getötet, drei hatte der König mitgenommen. Darauf legte er die Rüstung ab, labte sich an Speise und Trank und streckte sich auf den Schild zur Ruh’. Die ersten Stunden wachte Hildgund; zu seinen Häupten sitzend, scheuchte sie den Schlaf mit Gesang. Nach Mitternacht löste Walther sie ab und wandelte auf und ab, den Speer in der Hand.
    Als der Morgen dämmerte, schritt er zu den Erschlagenen und nahm ihnen dir Waffen, – doch liess er ihnen die Gewande – damit belud er vier Rosse, aufs fünfte hob er die Jungfrau, das sechste bestieg er selber. Vorsichtig, ringsum ausschauend, trat er vor den Engpass; alles war still. Nun trieb er die vier Rosse voran, dahinter folgte Hildgund; er selber führte das Ross mit den Schreinen am Zügel und beschloss den Zug als Hüter. Kaum waren sie tausend Schritt gekommen, da gewahrte Hildgund umblickend zwei Männer, die ihnen scharf nachritten. Walther wandte sich und erkannte die Feinde. Die Zügel des Goldrosses gab er Hildgund: "Der dichte Busch dort bietet dir sicheren Zufluchtsort; ich will hier am Bergrand die Feinde erwarten."
    Während Hildgund ihm gehorchte, rückte er ruhig Schild und Speer zurecht, da schrie ihn Gunther schon von weitem an. Verächtlich entgegnete Walther kein Wort; an Hagen wandte er sich: "Hagen, alter Genoss! Was ist geschehen, dass du mir die Wege verlegst? Gedenkst du nicht mehr unserer Freundschaft? Steh’ ab und ich will dir den Schild mit rotem Golde füllen."
    Aber Hagen wies das Gold zurück und forderte Rache für seines Neffen Tod. Er sprang vom Ross; der König und Walther taten desgleichen und nun standen zwei gegen einen. Hagen brach zuerst den Frieden. Zischend flog sein Speer; Walther hielt den Schild schräg entgegen; – das Geschoss prallte zurück und wühlte sich tief in den Rasen ein. Gunther warf den schweren Eschenschaft kecken Mutes, doch mit schwacher Kraft; er traf nur den Schildrand, Walther schüttelte das Eisen ab. Nun griffen die Franken zum Schwert.
    Walther wehrte sich mit dem Speere, dass die kurzen Klingen ihn nicht erreichen konnten. Da winkte der König Hagen, vorzudringen, stiess die Klinge in die Scheide und fasste den Speer, der dicht vor Walthers Füssen lag; doch der sprang an gegen Hagen und trat auf den Schaft, dass der König wankte und schier erlegen wäre, hätte nicht Hagen ihn beschirmt.
    Walther stand, sich verteidigend, wie der Bär vor der Meute. Gewaltig warf er nun seinen Speer auf Hagen, ihn leicht verwundend, dann sprang er mit dem Schwerte gegen Gunther, schlug ihm den Schild zur Seite und hieb ihm Bein und Schenkel bis zur Hüfte weg. Von neuem holte er aus zum Todesstreich; da warf Hagen das eigne Haupt dem Hieb entgegen; sein Helm war stark, Funken sprühten und Walthers Schwert sprang in Stücken. Zornig warf Walther den Griff von sich – das ersah Hagen und hieb ihm die ungedeckte Rechte ab. Doch Walther verbiss den Schmerz; er schob den blutigen Stummel in den Schild, riss mit der linken Faust das krumme Schwert Etzels von seiner rechten Hüfte und stiess damit Hagen das rechte Auge aus, durchschnitt ihm die Schläfe, spaltete seine Lippe und riss ihm noch sechs Backenzähne weg. So endete der Kampf; der König lag am Grund, – Hagen und Walther setzten sich; mit Kräutern stillten sie den Blutstrom ihrer Wunden. Walther rief Hildgund, die kam und legte ihnen guten Verband an. "Nun gib uns Wein, wir haben ihn verdient! Der erste Trunk sei Hagen gereicht; treu war er seinem König und tapfer im Kampfe; dann reich’ ihn mir, zuletzt mag Gunther trinken! Nur lässig hat er gestritten."
    Aber Hagen sprach zu ihr: "Walther, deinem Herrn, biete den ersten Becher; er hat das meiste geleistet." Sie schlossen Frieden, und trieben Scherz und Kurzweil beim Becherklang.
    "Nun wirft du künftig um die rechte Hüfte dein Schlachtschwert gürten," rief Hagen, "und Hildgund musst du mit der Linken umarmen, – und alles, was du tust, wird linkisch sein."
    "Hör’ auf, Einäugiger," lachte Walther, "ich werde mit der

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