Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Aufschreiend lugte sie aus der Felsspalte hervor, ob ihr Freund sich noch halte. Noch einmal warnte Walther, doch wütend stürmte Patafried mit gezücktem Schwert an. Schweigend deckte sich Walther, und als sein Gegner nun zu mächtigem Hieb ausholte, senkte er sich ins Knie und bog ihm aus, dass die Wucht des leeren Streiches Patafried zu Boden riss; blitzschnell sprang nun Walther auf und durchbohrte dem Jüngling den Leib. Seinen Fall zu rächen, kam Gerwig gesprengt; die doppelschneidige Streitaxt warf er nach dem Gegner; schnell hob der den Schild, stiess die blutige Klinge ins Gras, griff nach dem Speer und stellte sich dem Angriff. Wortlos kämpften sie: der den Freund zu rächen, der für sein Leben. Gerwig tummelte sein Ross im Kreis, Walther zu ermüden; da ersah dieser den Augenblick, als der Franke den Schild hob; schnell flog sein Speer und durchstach dem Feinde die Weiche. Mit lautem Schrei fiel er auf den Grund – er war ein stolzer Graf im Wormser Gau gewesen.
Nun stutzten die Franken und baten Gunther, vom Streit zu lassen. "Hei, ihr Tapfern! Schafft Unglück euch Furcht statt Zornes? Soll ich als geschlagener Mann zu Worms durch die Gassen ziehen? Zuvor reizte mich des Fremden Gold, nun dürstet mich seines Blutes. Blut heischt Blut; Auf!" – Da entbrannten alle zu neuem Kampf; jeder wollte der erste sein; hintereinander trabten sie den Felsenpfad hinan. Indes hatte Walther den Helm abgenommen und hing ihn an einen Baum, sich ein wenig zu kühlen. Da rannte Randolf mit schwerer Eisenstange heran und hätte den Unbehelmten schier durchbohrt. Doch der trug auf der Brust ein Geschmeide, von Wielands Hand verfertigt, das wehrte den Stoss; die Stange splitterte. Rasch hielt Walther den Schild vor, den Helm konnte er nicht mehr aufsetzen; denn schon sauste ihm Randolfs Schwert um die Ohren; zwei Locken schor es ihm ab; der zweite Hieb blieb in Walthers Schilde stecken. Blitzschnell sprang der Held zurück und wieder vor und riss Randolf von dem Gaul herunter, dass er das Schwert verlor, und, den gepanzerten Fuss ihm auf die Brust setzend, hier Walther ihm das Haupt ab.
Eilig sprang Helmnot zu Fuss vor; er schleppte einen schweren Dreizack an einem Seile, das hielten hinter ihm seine Genossen gefasst. Hoch schwang er den Dreizack; sausend kam das Geschoss gegen Walther geflogen, spaltete den Stachel am Schild und haftete darin. Scharf zogen und zerrten die Franken an dem Seil, Walther zu Fall zu bringen, selbst der König haste mit an. Aber festgewurzelt wie die Esche stand Walther und wankte nicht; wenigstens den Schild wollten die Franken ihm vom Arm reissen. Viere waren sie noch ausser Hagen. Walther ward wild über solches Streiten; den Schild liess er fahren, barhäuptig sprang er in die Feinde. Eleuther spaltete er Helm und Haupt und Nacken bis in die Brust mit einem Schlag; Trogus hing verwickelt im Seil; – bei dem Ziehen hatten die Franken die Waffen abgelegt; die wieder zu nehmen, sprang Trogus vergebens auf; Walther durchhieb ihm die Waden und nahm ihm den Schild, bevor Trogus diesen am Boden ergreifen konnte. Der Wunde griff nach einem Feldstein und warf ihn mit solcher Gewalt, dass der kaum gewonnene, tierhautbespannte Schild an Walthers Arm zerbarst. Im Grase kriechend, schwang nun Trogus das Schwert; – da schlug ihm Walther die Schwerthand ab, und schon wollte er ihm den Todesstreich geben, als Tannast, der nun, gleich dem König, die Waffen wiedergewonnen hatte, heraneilte, den Wunden mit seinem Schild zu decken. Unwillig wandte sich Walther gegen ihn; mit durchhauener Schulter und durchstochener Seite sank Tannast ins Gras. Trogus stiess bittere Schmähungen gegen Walther aus. "So stirb denn!" rief der Held und erdrosselte den Schmäher mit seiner eignen güldenen Kette.
Entsetzt floh Gunther talab, schwang sich auf sein Ross und ritt zu Hagen; mit Bitten suchte er ihn zum Kampf zu bewegen. Doch kalt antwortete Hagen: "Mir lähmt ja das feige Blut den Arm; mein Vater focht ja schon lieber mit Worten als mit Waffen; für immer hast du mit jenem Wort mein Schwert in die Scheide gestossen." – Der König liess aber nicht ab; er mahnte ihn, der Franken Ehre zu gedenken und diesen Schimpf von ihr zu wenden; kniefällig mit aufgehobenen Händen bat er. Da fasste Hagen Erbarmen: "Ich werde gehen, König Gunther! Die Treue heischt es: für den König, gegen den Freund."
Und nun riet Hagen: zum Schein wollten sie abziehen, dann werde Walther den Engpass verlassen und sie könnten ihn im
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