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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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fand – zwanzig Winter hab’ ich nun mein Land gemieden! – Das härmt mich sehr! Und das will ich klagen vor dir und allen Heunen."
    "Wahrlich, du mahnst mich an grosse Dinge; oft und siegreich hast du uns beigestanden und willst du nun versuchen, dein Reich wieder zu gewinnen, so ist es billig, dass die Heunen dich dabei unterstützen. Ich will dir tausend Degen ausrüsten zu dieser Fahrt, und ich will Etzel bitten, dass auch er dir helfe."
    Dabei stand sie auf, warf ihren Mantel um, schritt zu des Königs Halle und Dietrich folgte ihr. Als sie vor Etzels Hochsitz kam, empfing der König sie freundlich; er reichte ihr aus goldenem Becher Wein, bat sie, sich neben ihn zu setzen und fragte, welche Bitte sie habe?
    "Herr, eine Mahnung habe ich," begann Helche. "König Dietrich hat mich klagend daran erinnert, wie er einst Bern und Raben [Fußnote: Ravenna.] und sein ganzes Reich verloren hat; das härmt ihn sehr, er will nun wieder in sein Land fahren. Zwanzig Winter lebte er hier; in manche Gefahr und Schlacht ging er für dich; nun wirst du’s ihm wohl lohnen und ihm ein Heer geben, sein Reich zurückzugewinnen."
    Zornig antwortete Etzel: "Wenn Dietrich Hilfe will, – ist er zu stolz, selbst darum zu bitten? Meint er, ich soll sie ihm anbieten?"
    "Nicht Stolz oder Hochmut hält König Dietrich zurück, sondern ich spreche für ihn, weil er glaubte – wie auch ich –, dass König Etzel Helches Bitten leichter erhören werde. Ich gab ihm tausend Mannen; nun magst du sagen, was du ihm geben willst."
    "Frau, du sprichst wahr; König Dietrich hat mein Reich geschirmt und gemehrt; unköniglich wär’s, ihm den Beistand zu weigern und insbesondere, da du, Königin, für ihn bittest. Ich will ihm den Markgrafen Rüdiger geben und zweitausend Kämpen."
    "Habt Dank, beide, für eure Hilfe," rief Dietrich über die Massen froh.
    Während des Winters wurde ein Heer gerüstet und es gab in Heunenland nichts eiliger zu schmieden als Schwerter, Speere, Brünnen und Helme, und Sättel und Rosse auszurüsten, und alles, dessen ein Heer bedarf.
    Da gingen Erp und Ortwin zu ihrer Mutter und verlangten, sie solle Etzel bitten, dass er ihnen die Fahrt mit Dietrich ins römische Land erlaube. Unter Tränen mahnte die Mutter, davon abzustehen, weil sie noch zu jung und der Gefahren viele seien. Aber die Knaben liessen nicht nach; da kamen Etzel und Dietrich dazu in die Halle und befragten Helche um die Ursache ihres Weinens. Nun wandten die Jungherren sich mit Bitten an den Vater, aber auch er weigerte sich. Jedoch als König Dietrich bat, den Knaben zu willfahren und sich verbürgte für ihre Sicherheit, willigte Helche darein und auch Etzel widerstand da nicht länger.
    Im Frühjahr versammelte sich das Heer in Susa; zehntausend Reiter und ungezähltes Fussvolk waren zusammengekommen. Königin Helche liess ihre Söhne aufs prächtigste rüsten; ihre Brünnen waren vom besten Stahl, mit gleissendem Golde geziert; an den blinkenden Helmen die Nägel vergoldet; und dazu bekamen sie armsdicke Schilde mit roter Farbe bemalt.
    "Seid tapfer, meine Söhne, wie eure Waffen gut sind," sprach die Königin. "So sehr ich um euer Leben sorge, – mehr noch liegt mir am Herzen, dass man euch tapfer nenne, wann ihr aus der ersten Schlacht wiederkehrt." Dann rief sie Diether, küsste ihn, schlang ihre Arme um seinen Hals und sprach: "Lieber Pflegsohn, euch drei Knaben hat bisher die Liebe geeint in jedem Spiel; nun ziehet ihr in die erste Heerfahrt, haltet fest zusammen und leiste jeder dem andern treuen Beistand."
    "Frau Königin," antwortete Diether, "wir sind gut gerüstet zum Streit; nun walte des der Gott des Sieges, dass ich dir die Söhne heil mag heimführen; fallen sie aber, so wirst du nicht hören, dass ich lebe, während sie tot liegen."
    Das dankte ihm Helche und reichte auch ihm stolze Waffen von bestem Stahl; Helm und Brünne waren mit Gold ausgelegt und kostbare Steine funkelten in der Helmzier. Der mit Gold bedeckte Schild zeigte einen roten Löwen; und niemand hatte je Königskinder besser gerüstet gesehen.
    In der Stadt erhob sich gewaltiger Lärm von den Kriegsscharen, die dicht gedrängt in den Strassen lagerten und wogten. König Etzel stieg auf den höchsten Turm seiner Burg und gebot Ruhe; da ward Stille und weithin scholl Etzels Stimme.
    "Ordnet eure Scharen, wie ich’s befehle; König Dietrich ziehe mit seinem Gotenvolk; Markgraf Rüdiger führe meine Heunen; alle andern aber, gezählte wie ungezählte, folgen meinen

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