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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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seiner Burg.
2. Die beiden Dietriche.
    Nach einigen Monden unternahm Etzel wieder einen Heerzug gegen die Russen. König Dietrich konnte nicht mit ihm ziehen, er lag noch wund. Da bat die Königin Helche ihren Gemahl: "Lass mich meinen Blutsfreund Dietrich aus dem Kerker holen und seine Wunden heilen; söhnt Waldemar sich mit dir aus, so wird es besser sein, er erhält seinen Sohn lebend und gesund wieder."
    "Das kann ich nicht gewähren," antwortete Etzel. "Denn wird er heil, während ich fort bin, so wird er auch frei, und nie mehr bekomme ich ihn in meine Gewalt."
    "Ich setze dir mein Haupt zum Pfand, dass er nicht entflieht," bat Helche. Da erzürnte Etzel.
    "Allzu eifrig bemühst du dich für meine Feinde; wohlan, ich nehme dein törichtes Pfand an. Aber des sei gewiss; entflieht Dietrich, so fordere ich es ein." Der König zog fort, und es geschah, wie die Königin wollte; sie liess Dietrich, Waldemars Sohn, in einen behaglichen Turm führen, wo sie ihn selber pflegte und seine Wunden heilte; die köstlichsten Leckerbissen trug sie ihm zu, bereitete ihm stärkende Bäder und schenkte ihm allerlei Kleinodien. Zu König Dietrich hatte sie eine ihrer Dienstfrauen gesendet; die verstand die Heilkunst schlecht, und Dietrichs Wunden wollten nicht heilen.
    Als Waldemars Sohn genesen war, ging er hin, rüstete sich und frohlockte: "Nun liegt der Berner noch in seinen Wunden, ich aber bin heil und will heimreiten; niemand kann mir’s wehren; Etzel ist fern; – der Berner liegt, unfähig des Kampfes."
    Helche merkte sein Vorhaben, ging zu ihm und mahnte ihn: "Lohnst du mir so, was ich dir Gutes tat? Dein Entrinnen bringt dir keine Ehre; ich habe mein Haupt zum Pfande gesetzt für dich; aber freilich! Dich kümmert’s wohl wenig, ob es mir abgehauen wird, wenn du nur fortkommst."
    "Du bist eine mächtige Königin," antwortete Dietrich. "Dein Gatte wird dich nicht erschlagen – wenn aber ich ihn erwarte, so lässt er mich töten."
    Nun ging er hin, führte ein gutes Pferd Etzels aus dem Stall, legte ihm den Sattel auf und schwang sich hinein. Königin Helche war ihm bittend gefolgt: "Bleibe hier, Dietrich, und ich will dich mit Etzel aussöhnen; – entfliehst du mir, so wird der Heune fürchterlich ergrimmen und mein Haupt muss ich lassen."
    Doch Dietrich achtete nicht auf sie und ritt fort. Königin Helche zerriss vor Jammer ihre Kleider und eilte weinend zum Berner: "Dietrich, vieltreuer Held, nun rate, hilf! Ich habe meinen Blutsfreund geheilt; zum Dank ist er mir entflohen. Kehr Etzel heim, so ist mein Tod gewiss, wenn du mir nicht beistehst."
    "Recht geschah dir, dass er dir’s so lohnte," antwortete Dietrich. "Ihn hast du liebreich gepflegt, während ich einer unwissenden und unwilligen Magd überlassen war; nun sind meine Wunden noch einmal so schlimm als von Anfang und ich bin so siech, dass ich weder stehen, noch gehen, noch gar mit einem Mann fechten kann."
    "Wehe mir!" klagte Helche, "dass ich nicht dich heilte. Du bist der tapferste aller Recken. Nun muss ich mein Haupt König Etzel lassen."
    Da jammerte Dietrich der Königin: "Bringt mir meine Waffen," rief er, "ich will Waldemars Sohn im Kampf bestehn." Nun wurde er gewappnet, ein Diener führte seinen Hengst in den Burghof. Dietrich sprang in den Sattel und ritt zum Tor hinaus; aus seinen Wunden strömte ihm das Blut über Brünne, Gurt und Ross. Bald kam er an jene Burg im Wilkinenland, in welcher einst Friedrich, Ermenrichs Sohn, erschlagen worden war. Die Tochter des Burggrafen stand auf einem Turm; sie hatte Waldemars Sohn vorüberreiten sehn und sah nun einen Mann eilig hinterdrein kommen. Neugierig lief sie ans Tor, und Alls Dietrich heransprengte, sah er die Jungfrau und fragte sie: "Sahst du einen Mann in glänzender Brünne auf grauem Ross hier vorüberkommen?"
    "Ich sah ihn; es ist noch nicht lange, als er vorbei und in jenen Wald ritt."
    Dietrich stiess Falka mit den Sporen, dass er weitspringend ausgriff. Aber die Jungfrau ahnte nun, dass nicht Freundschaft den Mann trieb, darum rief sie ihn an: "Du bist wund, Herr, Blut strömt aus deiner Brünne; komm hierher, ich will deine Wunden verbinden, dann kannst du behaglicher jenem folgen." Aber Dietrich jagte nur noch hitziger fort; da merkte sie wohl, dass er den Mann zum Kampf aufsuchte, und sie wartete am Tor, um zu erspähen, wie es enden werde.
    Dietrich kam an den Burgwald und sah Waldemars Sohn reiten; er rief ihn an: "Kehr um, guter Gesell, ich will dir Gold und Silber geben und dich

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