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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Walhall und die Helden werden, dem Vertrage gemäss, ihnen zu hoher Ehre, in Odins Saal entrückt, wo sie mit andern Einheriarn seine Tafel teilen, schmausen, zechen, Waffenspiele treiben; der Saal im Berge strahlt daher von Gold und Waffen; und der König im weissen Bart ist Odin selbst; erst später ist Karl der Grosse im Untersberg oder Friedrich I. im Kyffhäuser an des Gottes Stelle getreten. Früh ist aber die Totenwelt als Ort der Entrückung gedacht; Dietrich von Bern, Karl oder Friedrich gelten dann selbst als entrückte Helden, als Gäste oder Gefangene der Totenwelt und schlafen hier den Todesschlaf, bis eine weit ausstehende Bedingung erfüllt wird, sie nun auf die Oberwelt zurückkehren und ihrem von Feinden hart bedrängten Volke Hilfe bringen dürfen [Fußnote: Diese Vorstellung einer erst in unabsehbar später Zeit, unter höchst erschwerenden Voraussetzungen, sich erfüllenden Bedingung äusserster Gefahr und schliesslicher Errettung durch den entrückt, verzaubert, in Todesschlaf versenkt gewesenen Helden und sein Heer hängt, wie wir sehen werden, mit der Götterdämmerung wenigstens sofern zusammen, als auch diese erst eintritt, wann Naglfar, das Schiff, fertig ist (s. unten), was in unabsehbarer Zukunft erst zu fürchten steht; vielleicht ist hier ein Bindeglied der Sage verloren, wonach Odin, die Asen und die Einheriar den von den Riesen schon lange hart bedrängten Menschen erst im äussersten Drange der Gefahr zu Hilfe eilen konnten.] .
    Vor allem als Herr und König von Walhall wird Odin-Wotan verehrt: "Wal" ist der Inbegriff der in der Schlacht nach Wahl der Wal-Küren, die darin Odins Weisungen zu folgen haben, Gefallenen; diese alle sind Wal-vaters Wal-Söhne und gehen ein in Wal-Hall.
    Odin erfüllt daselbst in vollendetster Weise alle Pflichten des gastfreien Wirtes, des "milden" d. h. freigiebigen Königs, der die Einheriar (Schreckenskämpfer) mit allem ehrt und erfreut, was das Herz eines germanischen Gefolgsmannes in der Halle des Gefolgherren von diesem nur irgend begehren mag. Ist eine grosse Schlacht zu gewärtigen, aus welcher viele Helden aufsteigen werden in Walvaters Saal, lässt dieser sorglich schon vorher das Mahl rüsten. Ehrerweisend geht er den Ankömmlingen bis an die Schwelle entgegen; seinem Liebling Helgi bot er sogar an, zur Entschädigung, weil gar so früh diesem Helden das Schutzverhältnis gelöst ward (s. unten Heldensagen), die Herrschaft in Walhall mit ihm zu teilen.
    Jeden Morgen wappnen sie sich, gehen in den Hof, fällen einander im Kampfspiel mit Wunden, die sofort wieder heilen. Kam der Mittag, so reiten sie heim und setzen sich mit Odin an den Trinktisch. Sie trinken Äl oder Met oder Milch aus dem Euter der Ziege Heidrun, und schmausen von Sährimnirs Fleisch.
    So leben sie sonder Sorge Tag um Tag für unabsehbare Zeiten (d. h. bis zur Götterdämmerung) in den Freuden des Kampfes, des Schmausens und Zechens, bedient von den schönen weissarmigen Schildmädchen, Wunschmädchen, den Walküren (s. unten), welche die geleerten Hörner sofort wieder füllen; man sieht, die Germanen haben ihren Lieblingswunsch irdischen Lebens einfach nach Walhall übertragen, und man begreift es, dass diese Helden lachend starben in der Schlacht, "freudig sprangen in die Speere und den Tod", gewiss, zu Walhalls Freuden einzugehen. Wenn aber nun eine plumpe und rohe Auffassung das Heldentum der Germanen auf diesen Wunsch, nach Walhall zu gelangen, zurückführt, erkennt tiefere Forschung in der Seele des Volks, dass umgekehrt der kriegsfreudige Heldengeist unsrer Ahnen jenes Walhall-Bild geschaffen hat, in welchem nicht "Bier und Schweinefleisch", sondern die Kampfesfreude, der Siegesruhm, die Ehre, mit Odin den Tisch zu teilen, die höchste Wonne gewährten.
    Als Gott der kriegerischen Begeisterung und des Sieges sowie der geheimen Zauberkünste erfüllt er seine Krieger mit Berserkerwut; nackt, ohne Panzer und Schild, springen sie, stärker als Bären und Stiere, gegen die Feinde, welche Odin durch Schreck blendet oder betäubt, während jenen weder Feuer noch Eisen schadet. In den Schlachten seiner Lieblinge kämpft er mit, auf weissem Ross, mit weissem Schild; oder er bedient sich eines Zauberbogens, der ganz klein aussieht, aber grösser wird beim Spannen; zehn Pfeile zugleich legt er auf die Sehne und zehn Feinde erlegt er auf einen Schuss.
    Aber Odin ist auch in dem Sturm, welcher, zumal in den Zeiten der Tag- und Nachtgleiche den bald nahenden Frühling

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