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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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– ist die Bedeutung meist eine andre oder doch unsicher.] ."
    Das Licht, die Reinheit, gilt auch als Symbol der sittlichen Reinheit und des guten Rechts; daher mahnt ein in manche Sage gekleidetes Sprichwort: "Die Sonne bringt es an den Tag", d. h. das Unrecht, das Verbrechen, z. B. den Mord, der sich tief verborgen und sicher wähnt. Diese einzelne Seite Baldurs – dass niemand seine Urteile schelten kann – die lichte Gerechtigkeit und Rechtswahrheit, wird, nach einer uns nun schon geläufigen Ausdrucksweise der Götterwelt, so ausgedrückt, dass der Gott des Rechts, genauer der Rechtsprechung, ein Sohn Baldurs genannt wird; er ist Forseti (Forasizo [Fußnote: Vgl. über ihn Dahn; "Odins Rache", Sämtl. poetische Werke. Zweite Serie Bd. V.] , seine Mutter ist selbstverständlich Nanna). In germanischer Rechtspflege hatte der König oder der Graf, als "Richter" das Ding, d. h. das Gericht, zu leiten, feierlich zu eröffnen, zu hegen, das Wort zu verleihen, den Dingfrieden zu schützen, Scheltworte, Waffenzücken zu verbieten und zu strafen, Umfrage an das versammelte Volk, später an die Schöffen, zu halten, welche das Urteil fanden; dieses Amt des Vorsitzes wird von Baldurs Sohne bekleidet. Er bewohnt in der Himmelsburg den Saal, welcher der Glänzende (Glitnir) heisst; dort steht sein Richterstuhl, der beste für Götter und Menschen; alle, die sich im Rechtsstreit an Forseti wenden, gehen, mit seinem Schiedsspruch zufrieden, versöhnt und ausgeglichen, von diesem Richterstuhl nach Hause [Fußnote: Hier findet er also selbst den Spruch, erfragt ihn nicht von den Schöffen; freilich ist es Schiedsspruch, im Wege des Vergleichs, nicht Urteil nach durchgeführtem Rechtsverfahren, die Götter haben eine besondere Gerichtsstätte an dem Brunnen der Urd, wo aber Odin den Vorsitz zu haben scheint.] .
    In einer schönen Sage von Entstehung des Rechts der Friesen wird erzählt, dass deren zwölf Rechtssprecher (â-sega) in steuerlosem Boot auf dem Meere treiben; sie vermögen das Land nicht zu finden (und auch nicht das Recht, d. h. das "Hintreiben auf steuerlosem Schiff" ist das vergebliche Bemühen, die Rechtsentscheidung im Meere der Zweifel zu finden). Sie beten, ein Dreizehnter möge ihnen gesendet werden, der sie das Recht lehre und an das feste Land lootse. Sofort sitzt ein Dreizehnter am Schiffshinterteil, führt ein Ruder und steuert gegen Wind und Wellen sicher und glücklich ans Land; dort angelangt, wirft er eine Axt, die er auf der Schulter trägt, zur Erde; da entspringt an dieser Stelle ein Quell; hier setzt er sich nieder, die zwölf andern um ihn, und er weist ihnen das Recht. Keiner der zwölf kannte ihn, jedem der zwölf glich er von Angesicht und nachdem er sie das Recht gelehrt – waren ihrer wieder nur zwölf; der dreizehnte war verschwunden; er war nur der Ausdruck ihrer Gemeinvernunft, ihres übereinstimmenden Rechtsbewusstseins gewesen. –
    Der Unbekannte war ursprünglich wohl Odin, später aber, nachdem ein besonderer Gott des Rechts aus Odin (als dem Gott des Geistes, daher ist er Fosites Grossvater) und Baldur, als dem Gott der sittlichen Reinheit und Wahrhaftigkeit, herausgelöst war, eben dieser neue Gott. Man verlegt jene Rechtsbelehrung auf die Insel Helgoland (die Grenze der Friesen und Dänen), welche nach diesem Gott "Fositesland" hiess und wo ein heiliger Brunnquell in hoher Verehrung stand; nur schweigend durfte man schöpfen das reine und geheimnisvolle Nass.
    Sankt Wilibrord wagte es, um das Jahr 740 in dem Quell drei Heiden zu taufen; kaum entging er lebend dem Zorn des Volks über solche Entweihung und Verwendung des Brunnens der alten Götter zum Dienst ihrer Feinde. Erst Sankt Liutger (gestorben im Jahre 809), selbst ein Friese, führte das Christentum auf der Insel ein, die heute noch das "heilige Land" genannt ist (auch in Norwegen gab es einen Forseti-Wald).
    Von Baldurs Tod wird besser in anderm Zusammenhang gehandelt; seine Spuren – unter diesem Namen – in Deutschland sind sehr selten; gar mancher Ortsname, der, mit Pfol zusammengesetzt auf Phol, angeblich gleich Baldur, gedeutet wurde, geht auf "Pfahl" zurück, auf den Pfahlgraben, den alten römischen Grenzhag (limes). Und wenn man eine Bekräftigung jener Annahme darin finden wollte, dass diese Orte auch oft "Teufels"-Graben, "Teufels"-hag genannt werden – da nämlich auch dieser Gott im Mittelalter als ein Teufel gedacht worden sei – so ist zu erinnern, dass die Deutschen das ihnen so verderbliche und

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