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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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abermals mit Verlusten bedroht werden, vermag er sie nur durch abermalige List zu retten, welche auch die Asen schuldig macht, da sie dieselbe oder doch ihre Wirkungen gutheissen. Wie Freya will er auch Idun mit ihren verjüngenden Äpfeln den Riesen preisgeben (s. unten: Idun) zum schwersten Schaden der Götter, welche nun zu altern beginnen. Endlich aber, nachdem er lange (nach Uhlands schönem Wort) als das leise und rastlos unter den Göttern umherschleichende Verderben – List, Betrug, schädlicher Rat, Täuschung (zunächst zwar der Riesen, aber auch der Götter), Gefährdung und Befleckung derselben – in noch verdeckter Feindseligkeit wirkte, versetzt er in Baldurs Ermordung ihnen offen den schwersten Schlag, der sie vor der Götterdämmerung selbst – diese vorbedeutend – treffen kann.
    Zur Strafe für diesen äussersten Frevel wird Loki gefangen und gefesselt (s. unten, Götterdämmerung), nachdem er, nach einer Überlieferung wenigstens, vorher noch alle in der Halle des Meergottes Ögir zu festlichem Mahle versammelten Götter und Göttinnen beschimpft hat, unter Aufdeckung ihrer Schwächen, Fehler und Vergehen jeder Art; dies ist der Inhalt der Ögisdrecka, der uns zu grossem Teil unverständlich bleibt, weil er in seinen Anspielungen die Kenntnis der zahlreichen Göttergeschichten voraussetzt, welche uns leider verloren sind. Man ersieht aber daraus, in welcher Fülle und in welch verfänglicher Weise die Dichtung solche Sagen ausgebildet hatte, nach welchen fast alle Götter und Göttinnen in Untreue und andre Schuld verstrickt erscheinen, so dass das sittliche Bedürfnis im Volk ihren Untergang oder doch ihre Läuterung im Weltenbrande dringend fordern musste.
    Ausser zwei Söhnen von seiner Gattin Sigyn hatte Loki noch von der Riesin Angur-boda drei furchtbare Sprösslinge: den Fenriswolf, die Midgardschlange und Hel (s. unten).
    VII. Hel-Nerthus
    Während der Fenriswolf und die Midgardschlange die Vernichtung (zumal der Rechtsbruch) und das unwirtliche, stets die Dämme der Erde bedrohende Weltmeer, ausschliesslich schädliche Mächte sind, gilt dies nicht in gleicher Ausnahmslosigkeit von Hel, welche später zwar als Riesin, als schaurige Herrscherin der Unterwelt, des Schattenreiches, auch wohl des Strafortes für Verbrecher, als Todesgöttin erscheint, ursprünglich aber auch wohltätige Bedeutung gehabt hat.
    Sie bedeutet in ihrem Namen "Heljan", hehlen, bergen, zwar das Verhülltwerden und Gefangengehaltenwerden der Toten in dem schaurigen finstern Abgrund der Tiefe, aber zugleich auch das Nährende; die schützende, Lebenskeime bergende und befruchtende Erde wird als segensreicher, warmer Schoss, als ehrwürdigheilige Mutter "die hehlende" genannt [Fußnote: Daher geht auch der eine Name Friggas; Holda, Frau Holle, die Hulle-Frau (bei Thüringen und Franken) und ebenso der eine Name Freyas, Hilde, sofern diese die erste und die Anführerin der Wal-Küren ist, auf dieselbe Wurzel hilan, hehlen zurück. Daher ist auch die Hausfrau des Unterweltsriesen, als Thor dorthin gerät, allgoldig, von lichten Brauen, freundlich, nicht feindlich, gegen den Gott gesinnt, den sie vor ihrem Gatten zu schützen trachtet. – Deshalb weilen auch Gerda und Idun (s. unten) wenigstens vorübergehend bei Hel; im Winter bergen sie sich im Schoss der Erde, um erst nach dem Siege des Lichtes emporzusteigen und Blüte und Fruchtbarkeit unter den Menschen zu verbreiten. Lokis Tochter kann Hel als wohltätige wie als schädliche Gewalt heissen; jenes, weil die Erdwärme von dem Erdfeuer stammt und dieses, weil die Vernichtung des Lebens im finstern Grab auf den Verderber Loki, den Mörder des Lichtgottes, zurückgeführt werden mag.] . So komme es, dass die Erdgöttin Jörd (auch Fiörgyn, Berg, Hlodyn, Herdgöttin), die Nerthus (Nährende) der Südgermanen, ursprünglich die grosse von den Römern der Isis verglichene Göttin, wohl auch als Hel gedacht wurde. Daher berührt sie sich mit Frigg, welche, der Hera-Juno entsprechend, die Göttin der Ehe, des Hausherdes, der Fruchtbarkeit ist, das Urbild der germanischen Hausfrau, des Götterkönigs schöne, strenge, ehrfurchtwürdige Gemahlin.
    Wie es scheint, war sie anfangs zugleich die Göttin der Liebe, diese ohne Rücksicht auf den heiligen Ehebund gedacht. Erst später löste sich, wie wir dies ja wiederholt gesehen, diese eine Seite der Bedeutungen von der Gesamtgestalt ab und wurde zu einer besonderen selbständigen Göttin der Liebe, als Freya; daher erklärt

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