Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
[Fußnote: Dahn, Sind Götter? Die Halfred Sigskald-Saga. Sämtl. poetische Werke. Zweite Serie Bd. IV. – Vgl. Dahn, Ein Kampf um Rom. I, S. 24.] .
Aber alsbald bricht der arglistige Loki diese Treue; anfangs erteilt er, wohl lediglich seiner Natur folgend, Ratschläge, deren Befolgung die Reinheit der Götter nur gefährdet, ihre Sicherheit trübt. Bald aber, darüber gescholten und bedroht, stiftet er nun [Fußnote: Sehr naiv lässt ihn eine Sage erst böse werden, nachdem er das halbverbrannte Herz eines bösen Weibes gefunden und gegessen hatte.] absichtlich Böses, bis er endlich sie offen beschimpft und ihren Liebling Baldur ermorden lässt. Solange jedoch Loki als wohltätiger Feuergott zu den Göttern hält, musste ein besonderer Vertreter des schädlichen Feuers gedacht werden. Auch dieser, ein Riese, führt den Namen Logi, – eine Erinnerung an Lokis ursprünglich riesische Natur und Parteistellung – mit welchem Loki sogar einen Wettkampf eingeht. Ja einmal wird das schädliche Feuer (im Gegensatz zu dem den Göttern und Menschen befreundeten) als Utgardloki bezeichnet, d. h. der Loki der riesischen, am äussersten Erdenrand gelegenen "Aussen-Welt".
Schon vor dem offenen Bruche mit den Göttern erscheint Lokis Rat und Tat zugleich mit dem Segensreichen auch schädlich [Fußnote: Loki in seiner verderblichen Wirkung bezeichnet es, dass nach ihm benannt ist der Schwindelhafer (avena fatua) oder auch Hahnenkamm (unnanthus crista galli), ferner ein dem Vieh schädliches Unkraut, polytrichum commune, Lokis Hafer. In Skandinavien hat sich sein Name überhaupt lebendig erhalten in allerlei volkstümlichen Wendungen; zieht die Sonne Streifen, so sagt man; Loki fährt über die Äcker, oder Loki trinkt Wasser. Der Irrwisch heisst Lokis Geruch, der flammende Stern Sirius Lokis Brand, Brennspäne heissen Lokis Späne; wenn Unheil gestiftet wird, sagt man, nun säet Loki seinen Hafer; hört man leichtgläubig auf Lügen, so sagt man; er hört auf Lokis Abenteuer; mausern die Vögel, so gehen sie unter Lokis Egge; schwellen Dünste in der Sonnenglut auf der Erde, so treibt Loki seine Geisen aus, und knistert das Feuer, so gibt Loki seinen Kindern Schläge.] . So schafft er zwar mit Odin und Hönir zusammen die Menschen; aber seine Gabe an diese, Blut und blühende Farbe, schliesst mit dem Warmen und Reizvollen zugleich das Gefährliche der Leidenschaft, der Verlockung [Fußnote: Völuspá 17, 18;
"Gingen da Dreie aus dieser Versammlung, / Mächtige, milde Götter zumal; / Fanden am Ufer unmächtig / Ask und Embla und ohne Bewusstsein. / Besassen nicht Seele, besassen nicht Sinn, / Nicht Blut, noch Bewegung, noch blühende Farbe; / Seele gab Odin, Hönir gab Sinn, / Blut gab Loki und blühende Farbe." (So Simrock. – Anders Müllenhoff.)] und ungezügelt auflodernden Sinnlichkeit ein. So verschafft er zwar Thor den an die Riesen verlorenen Hammer wieder; aber nur, indem er Freyas Auslieferung an die Riesen dafür verspricht und, da dies an ihrem und aller Götter sträuben scheitert, diese zu Trug und Treubruch gegen die Riesen verleitet. So schert er Sif, Thors Gemahlin, hinterlistig das Haar ab – die Sommerfeuerglut versengt das Haar, d. h. den Graswuchs der Erde unter dem Schein wohltätiger Wärme –; um sich von der Strafe zu lösen, bietet er nun zwar den Göttern die wertvollsten Kleinode: Freyrs Schiff, Thors Hammer, welche er durch die schmiedekundigen Dunkel-Elben, die Zwerge, fertigen lässt; – (diese sind ihm nahestehend; denn sie hausen in den Tiefen der Berge, wo auch das Erdfeuer [Fußnote: In diesem Sinn wird von ihm erzählt, er habe sich auf acht Monde in eine milchspendende Kuh und Mutter verwandelt, die im Schosse der Erde wohnte; es sind die acht Wintermonate des Nordlandes (wie die acht Rasten unter der Erde, in welche Tiefe Thors Hammer versteckt wird; die acht Monate, in denen es nicht donnert), während welcher die Wärme nur tief im Schoss der Erde noch zu finden ist; insofern wirkt Loki als nährende Wärme, d. h. Mutter des Lebens, Wohltätig.] [Loki] wohnt, und sie werden auf seinen Rat von den Göttern geschaffen). Allein arglistig suchte er doch wieder die Vollkommenheit dieser herrlichen Geräte zu hindern; er stach als Mücke den Zwerg, welcher den Blasebalg zog, so dass auch wirklich der Schaft an Thors Hammer etwas zu kurz ausfiel.
Auch zu dem Vertrag mit dem riesischen Baumeister (s. unten Buch III, I) hat er, so scheint, den Göttern geraten; und als sie dadurch
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