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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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dies hineingeschlüpft, flog er gen Norden nach Riesenheim und kam in Thiassis Haus. Der war fort auf den See gerudert; Idun war allein zu Hause. Da verwandelte sie Loki in eine Nuss (nach andrer Lesart in eine Schwalbe), ergriff sie samt ihren Äpfeln mit den Fängen und flog davon, so schnell er konnte. Aber Thiassi, wie er nach Hause kam, vermisste sofort Idun, fuhr in sein Adlerhemd und setzte dem Falken nach – mit Adlerschnelle. Die Götter standen auf Asgards hohen Zinnen und blickten sehnsüchtig und harrend nach Idun und nach Loki gen Norden. Da sahen sie den Falken heraneilen, die Nuss in den Fängen, hart verfolgt von dem durch die Wolken stürmenden Adler. Sie eilten herab von der Mauer, hinaus vor das Tor und häuften trockene Hobelspäne draussen hart an dem Wall. Der Falke kam noch glücklich über die Zinnen und liess sich im Hofe gerade hinter der Mauer nieder. Da warfen die Götter Feuer in die Späne; der Adler aber konnte sich im vollen Schuss des Sturmflugs nicht mehr halten, er sauste heran, das Feuer schlug ihm ins Gefieder; da konnte er nicht mehr fliegen, er stürzte zur Erde, und rasch waren die Asen zur Hand, zerrten ihn durch das Torgatter und töteten ihn [Fußnote: Zur Sühnung gaben sie Thiassis Tochter Skadi dem wanischen Gott Niörd, Meergott, aus Noatun zur Ehe (beider Kinder sind Freyr und Freya). Aber beide vertrugen sich schlecht, wollten sie in Niörds Heimat, an dem Meeresstrand, oder in Skadis Geburtsland, in den Bergen, hausen; Skadi konnte an der Küste keinen Schlaf finden vor der Möwen widrigem Gekreisch, und Niörd wurden die Berge verleidet, weil ihm der Wölfe Geheul nicht so gut gefiel wie das Singen der wilden Schwäne am Meere. Skadi zog in ihre Berge zurück nach Thrymheim; dort jagt sie auf Schlittschuhen und schiesst Wild mit ihrem Bogen. Man deutet; die Bergquelle Skadi, die sich mit dem Meere vereinigt hatte, sehnt sich zurück in das Hochland ihres Ursprungs. (?)] .
    Thiassi ist ein Sturmriese; denn als zerstörende Gewalt ist der Wind nicht Odin, sondern riesisch; Stürme, nach Schnelligkeit und Gewalt ihres sausenden Fluges, wurden als Adler gedacht; seine Heimat Thrymheim (wo auch der riesische [im Gegensatz zu Thor] Donnerer Thrym hauset), ist das nördliche unfruchtbare Gebirge, von wannen im Spätherbst die eisigen, tödlichen Stürme kommen; in diese öden Hungermarken waren die drei Asen über Berge und Ödland gewandert, deshalb fanden sie hier karge Kost; als Sturmadler hat Thiassi auch verhindert, dass der Sud gedieh; er blies das Feuer aus; er verweht die Wärme. Vielleicht hatte es auch sinnbildliche Bedeutung, dass gerade Loki (die Sommerwärme?) von dem kalten Herbststurm davongetragen wird durch die Lüfte. Wie Thrym Freya (die schöne Jahreszeit), so will Thiassi die Wiederkehr des Grüns den Göttern entreissen und für sich rauben (Uhland: das frische Sommergrün an Laub und Gras). Wirklich auch gelingt es dem herbstlichen Nordwind, das Grün des Waldes und den goldenen Blumenflor der Wiesen zu entführen; die Götter, d. h. die Natur, werden nun alt und grau. Loki, der Südwind [Fußnote: Oder die Wärme überhaupt? Man muss auch hier nicht alles aus dem Kern, aus der Naturgrundlage der Sage erklären wollen; Lokis den Göttern bewusst und unbewusst verderbliche Gesamtbedeutung genügt auch hier, seine Rolle zu erklären. Man braucht also nicht zu deuten; die schmeichelnde, aber verräterische Spätsommerglut ist es gewesen, welche das Grün versengt, verwelkt und so dessen Entführung durch den Herbstwind arglistig vorgearbeitet hat.] , wird ausgesandt, die Entführte wiederzuholen, muss sich Freyas, der Frühlingsgöttin, Flügel entleihen, nach der Jahreswende, wann der Nordsturm gerade abwesend.
    Als Nuss, d. h. als aufspriessender Samenkern, wird die Verjüngung zurückgebracht oder in Gestalt der frühling-verkündenden Schwalbe. Zwar braust der Nordsturm verfolgend hinterdrein; aber in den von den wohltätigen Mächten entzündeten Flammen der beginnenden Sommerglut muss er verenden mit versengtem Gefieder.
    Eine andre Sage berichtet: Idun, Iwaldis, des kunstreichen Zwergs jüngste Tochter, war, nachdem schon andre unheilvolle Vorzeichen, schwere Träume und Ahnungen die Götter geängstet hatten, vom Weltenbaum herab zu Boden gesunken. Sie liegt an der Erde, unter des Baumes Stamm gebannt; schwer erträgt sie dies Geschick; so lange an heitere Wohnungen gewöhnt, kann sie es nicht lernen, nun weilen zu sollen bei der Tochter

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