Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Bauland durch den Spross des Ackerbaugottes für immer entzogen wird. Das Einzelne der späten und künstlichen Dichtung bleibt aber unklar; die Zusammenfassung von Ansiedlung, Landnahme, Ackerbau, Frühlingsanfang als Stoffgebiete einer Sage musste verwirren. Es ist sehr willkürlich, Hrôlf als Hrôdolf auf den Monat März (in Skandinavien beginnt aber doch im März weder Lenz noch Ackerbestellung!) zu beziehen, weil dieser Monat bei den Angelsachsen "Rhêdemônadh" heisst; auch alamannisch (in Appenzell) Redi-Monat, was auf eine Göttin Hrêde zurückgeführt wird. Der weibliche Schmuck (angelsächsisch Rhedo) weist auf Freyas Brisingamen, das Halsgeschmeide, das wir als die von Gras und Blumen geschmückte Erdrinde kennen lernten.
Eine Frühlingsgöttin war auch Ostara, welche sogar dem christlichen Osterfeste den Namen gegeben hat; der April heisst nach der Göttin ursprünglich, später nach dem meist in diesen Monat fallenden Auferstehungsfest "Ostarmânoth"; sie brachte von Osten her Frühling und aufnehmendes Licht [Fußnote: "Germanisches Osterfest"; I. Es kam der Hirt vom Anger und sprach; "Der Lenz ist da! / Ich sah sie in den Wolken, die Göttin Ostara; / Ich sah das Reh, das falbe, der Göttin rasch Gespann, / Ich hörte, wie die Schwalbe den Botenruf begann. / Es brach das Eis im Strome, es knospt der Schlehdornstrauch; / So grüsst die hohe Göttin, grüsst sie nach altem Brauch." / Da ziehn sie mit den Gaben zum Hain und zum Altar, / Die Mädchen und die Knaben, der Lenz von diesem Jahr; / Das Mädchen, das noch niemals im Reigentanz sich schwang, / Und doch vom Knabenspiele schon fernt ein scheuer Drang. / Der Knabe, der noch niemals den Speer im Kampfe schwang, / Und dem der Glanz der Schönheit doch schon zum Herzen drang. / Sie spenden goldnen Honig und Milch im Weiheguss, / Und fassen und umfangen sich in dem ersten Kuss. / Und durch den Wald, den stillen, frohlockt es; "Sie ist da! / Wir grüssen dich mit Freuden, o Göttin Ostara!"
II. Gute Göttin, du vom Aufgang, / Gabenreiche, du bist da! / Und wir grüssen dich mit Andacht, / Gute Göttin Ostara! / Aus dem fernen Sonnenlande, / Draus der Väter Wandrung brach, / Ziehst du jährlich ihren Enkeln / In des Nordens Wälder nach. / Längst begraben ist der letzte, / Der dort deine Säulen sah, / Doch wir wissen’s noch; – vom Aufgang / Sind auch wir, wie Ostara. / Rüttelt hier die Eichenwälder / Mondenlang der Sturm und Frost, / Klingen an dem Herd uns wieder / Märchen alt aus goldnem Ost. / Und wir haben’s nicht vergessen / Und in Sagen tönt es nach, / Wie der Ahn an blauen Strömen / Wunderschöne Blumen brach.
(Felix Dahn, Gedichte. Sämtl. poetische Werke. Zweite Serie Bd. VI. S. 252.)] . Die Edda kennt nur den die Himmelsgegend bezeichnenden Zwerg Austri. Aber bei den Südgermanen ward das fröhliche Frühlingsfest in heiteren Spielen gefeiert; die Sonne selber tut vor Lust am Morgen des Ostersonntags drei Sprünge, ursprünglich wohl drei Freuden- (oder Sieges-)sprünge über ihre wiedergewonnene Kraft (oder im Wettkampf mit dem Winterriesen?). "Osterspiel" heisst grösste Freude, daher spricht mittelhochdeutsche Liebesdichtung die Geliebte an: "Du meines Herzens Ostertag". Die Oster-Fladen, Oster-Stollen, Oster-Stufen, Osterküchel, welche zu dieser Zeit gebacken werden, weisen, wie all’ solches Gebildbrot, auf alte Osterschmäuse; zu diesen musste jeder Hof Beiträge in Früchten oder Fleisch liefern; deutlicher noch bezeugt daher den heidnischen Ursprung dieser Festspeisen, dass in manchen Tälern Oberbayerns, z. B. in der Jachenau, die einzelnen Gehöfte in Wechselreihe verpflichtet sind (- oder doch vor wenigen Jahren verpflichtet waren –) zu gemeinschaftlicher Verzehrung einen Widder zu liefern, dessen Hörner mit Bändern geschmückt und mit Rauschgold überzogen waren; wir wissen aber, dass bei Opferfesten horntragenden Tieren die Hörner "vergoldet" wurden. Deshalb wird bei dem Osterschmaus auch der "Oster-sahs" genannt; das Oster-Messer, mit dem das Opfer geschlachtet worden. Ähnliche Verpflichtungen gelten zu Ostern oder Himmelfahrt in andern Landschaften. Dass die Ostereier nicht von einer gewöhnlichen Henne, sondern vom Osterhasen (genauer: von der Frau Häsin) gelegt werden, erklärt sich ebenfalls nur aus der Bedeutung der Göttin Ostara; dieser, als einer Frühlings- und Liebesgöttin, war der Hase wegen seiner Fruchtbarkeit heilig. Dass die Ostereier – die richtigen – rot sein müssen, rührt daher,
Weitere Kostenlose Bücher