Walisischer Sommer
Seife roch, einatmete, verspürte sie sogleich wieder ein Kribbeln im Bauch. Warum, um alles in der Welt, reagiere ich mit allen Sinnen so heftig auf diesen Mann? überlegte sie entsetzt.
Und mit dieser Frage quälte sie sich dann den ganzen restlichen Tag und sprach nur wenig. Daniel machte sich so seine Gedanken, während er Christa stirnrunzelnd beobachtete.
Natürlich hatte er den Zwischenfall auf dem See nicht geplant. Aber Daniel war der Meinung, sie sei physisch und mental stark genug, um den Schock rasch zu überwinden, wobei ihr der Zorn, den sie auf ihn empfand, bestimmt helfen würde. Doch statt ihm nun alle möglichen Vorwürfe an den Kopf zu werfen, zog sie sich wider Erwarten in sich zurück.
„Christa, ist wirklich alles in Ordnung mit Ihnen?” erkundigte er sich deshalb leicht beunruhigt.
„Was haben Sie eigentlich? Befürchten Sie, ich könne an Lungenentzündung sterben?” fragte sie ungehalten.
Die bissige Bemerkung überzeugte ihn, daß er sich umsonst Sorgen gemacht hatte. In seinen Augen blitzte es belustigt auf, als er mit samtweicher Stimme antwortete: „Ich weiß, wie fest entschlossen Sie sind, nicht an Sinn und Zweck meiner Arbeit hier zu glauben. Doch irgendwie bezweifle ich, daß Sie das Spielchen endlos in die Länge ziehen wollen.”
„Darauf würde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen”, entgegnete sie mürrisch.
„Was ist los – was haben Sie?” Daniel unterbrach sich mitten in den Erklärungen seiner Theorien und Trainingsmethoden.
Sie befanden sich in seinem Arbeitszimmer, einem warmen und freundlich ausgestatteten Raum mit vollgestopften Bücherregalen, die bis unter die Decke reichten. Im Kamin brannte ein behaglich knisterndes Feuer und lud zum Entspannen ein. Aber dazu fühlte Christa sich nicht imstande, ganz besonders deshalb nicht, weil Daniel, nachdem er Holz nachgelegt hatte, sich neben sie an den Schreibtisch stellte, an dem sie die Unterlagen durchsah, die er ihr gegeben hatte.
Und nun beugte er sich sogar noch über sie. Dabei stützte er sich mit der einen Hand auf die Lehne ihres Stuhls und mit der anderen auf den Schreibtisch, direkt neben Christa. Sogleich jagten ihr heiße und kalte Schauer über den Rücken. Das Herz pochte ihr zum Zerspringen, und sie hörte den eigenen Pulsschlag in ihren Ohren dröhnen.
Sie war sich seiner Nähe so sehr bewußt, daß sie ihn mit allen Sinnen wahrnahm. Dieses seltsam intime Gefühl ließ ihr die Röte in die Wangen steigen, und sie begann, am ganzen Körper zu zittern.
Obwohl sie am liebsten davongelaufen wäre, änderte das nichts daran, daß sich ihr die erotischsten Vorstellungen aufdrängten. Sie malte sich aus, wie Daniel sie völlig nackt umarmte, zärtlich streichelte und küßte. Sein männlicher Duft, sein Verlangen und seine Erregung weckten sehnsüchtiges Begehren in ihr, daß sie es kaum erwarten konnte, sich ihm hinzugeben.
„Christa, geht es Ihnen nicht gut? Ihr Gesicht glüht ja.”
Und dann wußte sie nicht, wer von ihnen beiden schockierter war, als sie vor seiner Berührung entsetzt zurückwich und ihn anfuhr: „Mir geht es gut, allerdings ist mir ziemlich warm. Ich habe eine Weile am Kamin gestanden, als Sie noch draußen waren”, fügte sie nicht ganz wahrheitsgemäß hinzu. Besorgt hielt sie die Luft an, denn sie rechnete damit, er würde ihr nicht glauben. Doch glücklicherweise schien er ihr die Erklärung abzunehmen, auch wenn er immer noch die Stirn runzelte.
„Für eine Frau, die immer wieder den Sinn dessen, was wir hier tun, in Zweifel zieht, erweisen Sie sich zu meiner Überraschung im Moment als wenig streitsüchtig”, meinte er und verzog das Gesicht.
„Natürlich habe ich meine Meinung nicht geändert”, erklärte Christa und fühlte sich wieder sicherer. „Theoretisch hört sich alles ganz gut an”, gab sie zu und fügte dann spöttisch hinzu: „Sehr hochgestochen und sehr uneigennützig.”
„Aber Sie glauben trotzdem nicht daran”, sprach er ihre Gedanken aus. Dabei beobachtete er Christa aufmerksam – viel zu aufmerksam für ihren Geschmack. Ihre Worte schienen ihn nicht im geringsten zu beeindrucken, und er wartete offenbar auf ihre Antwort.
„Nun?” sagte er schließlich.
„Was nun?” erwiderte sie einfallslos, während sie darüber nachdachte, wie verletzlich sie ihm gegenüber doch war und welche Probleme das mit sich brachte. In seiner Gegenwart verspürte sie immer wieder dieses heftige Herzklopfen und das dringende Bedürfnis, die Hand
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