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Walisischer Sommer

Walisischer Sommer

Titel: Walisischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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„Du hast alles mißverstanden …”
    „Ach ja?” Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Nein, Daniel, offenbar hast du hier etwas mißverstanden und nicht ich, obwohl ich daran nicht ganz unschuldig bin, wie ich gern zugebe.” Ein freudloses Lächeln umspielte ihre Lippen. „Denn schließlich wußte ich ziemlich genau, was für ein Mensch du bist. Mein Verstand sagte mir nämlich …”
    „Wie wenig vertrauenswürdig ich bin?” fragte er traurig. „Und daß du dich nicht auf mich verlassen kannst? Christa, was Dai dahergeredet hat, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Er phantasiert nur und stellt sich vor, daß er so leben würde, wenn er an meiner Stelle wäre, denn das würde seinem Ego guttun, das durch die Scheidung sehr gelitten hat.”
    Plötzlich wurde Christa der Mund ganz trocken. „Wenn das tatsächlich stimmt, warum hast du dich nicht sofort gewehrt? Warum hast du ihn nicht unterbrochen?”
    „Weil es mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen ist, du würdest ihm auch nur ein Wort glauben. Ich dachte, du hättest ihn durchschaut und als das erkannt, was er ist, ein bedauernswerter Alkoholiker, der darunter leidet, daß seine Frau ihn verlassen hat. Nein, Christa, ich habe es nicht für möglich gehalten, daß du ihn ernst nimmst”, erwiderte er ruhig.
    Christas Gedanken überschlugen sich, sie fühlte sich ganz benommen. Er belog sie, eine andere Erklärung gab es nicht.
    „Ich kann dich nicht zwingen, mir zu glauben oder mir zu vertrauen, denn darauf läuft es letzten Endes immer wieder hinaus, nicht wahr, Christa?” Er ging auf sie zu, und sogleich geriet sie in Panik. Noch einen oder zwei Schritte, und er würde sie berühren, umarmen, und dann?
    „Komm mir bitte nicht zu nahe”, forderte sie ihn auf und bewegte sich rückwärts.
    „Christa, bleib stehen!”
    Seine Aufforderung kam jedoch zu spät. Christa trat noch einen Schritt zurück und stürzte plötzlich die Steilwand neben dem Pfad hinunter. Sie war so schockiert, daß sie keinen Laut herausbrachte, während sie in einer Lawine aus Schieferstaub hinunterrollte. Dabei schossen ihr die seltsamsten Gedanken durch den Kopf.
    Der Staub raubte ihr fast den Atem und setzte sich in ihren Augen fest. Und als sie schließlich irgendwo hart aufschlug, begann sie zu schreien.
    „Christa, Christa …”
    Wie betäubt vor Angst und Schmerzen, wurde ihr bewußt, daß ihr Sturz durch eine überhängende Gesteinsplatte aus Schiefer abgefangen worden war.
    Christa lag auf der Seite. Ihr ganzer Körper schmerzte, aber wie durch ein Wunder schien sie sich nichts gebrochen zu haben. Während sie mühsam versuchte, sich hinzusetzen, rief Daniel ihr von oben zu: „Nein, Christa, bleib ruhig liegen.”
    Warum eigentlich? Und was wird nun geschehen? überlegte sie. Unter der schmalen Schieferplatte, auf die sie geprallt war, ging es steil bergab in eine tiefe Schlucht.
    Plötzlich zitterte sie am ganzen Körper und malte sich aus, was passieren würde, wenn die Schieferplatte unter ihr nachgäbe.
    „Ich muß Hilfe holen”, hörte sie Daniel lautstark mitteilen. „Du darfst dich nicht rühren, auch nicht, wenn ich weg bin …”
    „Nein, Daniel, laß mich nicht allein! Bleib bitte hier.” Helles Entsetzen klang aus ihrer Stimme.
    Sie schluchzte auf. Panik und Furcht übermannten sie beim Gedanken, daß Daniel weggehen und sie allein lassen würde auf dieser unsicheren Platte, die jeden Augenblick unter ihr zusammenbrechen konnte. Damit will er mich nur bestrafen, er läßt mich hier elend umkommen. Er will mir nämlich gar nicht helfen, dachte sie.
    „Christa, ich muß gehen und den Rettungsdienst benachrichtigen. Aber ich garantiere dir, wenn du tust, was ich sage, kann dir nichts passieren. Du mußt mir nur vertrauen.”
    Ihm vertrauen! Beinahe hätte sie hysterisch aufgelacht. Wie stellte er sich das überhaupt vor? Erwartete er wirklich, daß sie das Risiko einging, sich ihm auszuliefern, um schließlich doch nur wieder verletzt zu werden?
    Er konnte sie doch einfach hier liegenlassen, und niemand würde jemals erfahren, was tatsächlich geschehen war. Er konnte behaupten, es sei ein Unfall gewesen.
    „Christa, versprich mir zu tun, was ich sage. Beweg dich nicht! Versuch es wenigstens!”
    Hatte er etwa erraten, daß sie genau das vorhatte? Sie hatte sich entschlossen, irgendwie zu versuchen, sich selbst zu retten, sobald er verschwunden war.
    „Versprich es mir!”
    Sie biß sich auf die Lippe, um nicht hemmungslos zu schluchzen.

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