Walking Disaster
ob ich nicht eine Woche hätte warten sollen, bevor wir uns auch noch mit einem neuen Auto stressten. Wir wussten beide, dass die Gerüchteküche des College die Neuigkeit von unserer Ehe ausgeschlachtet und auch einen oder zwei erfundene Skandale hinzugefügt haben würde. Abby trug absichtlich ein enge Jeans und einen figurbetonten Pulli, um die unvermeidlichen Fragen nach einer Schwangerschaft abzuwehren. Wir hatten auf die Schnelle geheiratet, aber Kinder waren noch mal was ganz anderes. Damit wollten wir beide uns Zeit lassen.
Aus dem grauen Frühlingshimmel fielen ein paar Tropfen, als wir uns auf den Weg über den Campus zum Unterricht machten. Ich zog mir meine rote Baseballcap tief in die Stirn, und Abby spannte ihren Schirm auf. Im Vorbeigehen starrten wir beide auf Keaton Hall. Rundherum waren gelbe Plastikbänder gespannt, und die Ziegel über allen Fenstern waren rußgeschwärzt. Ich legte den Arm um Abby und versuchte, nicht daran zu denken, was hier passiert war.
Shepley hatte gehört, dass Adam verhaftet worden war. Ich hatte Abby nichts davon erzählt, weil ich fürchtete, als Nächster dran zu sein. Sie brauchte sich nicht unnötig Sorgen zu machen.
Zum einen überlegte ich mir, dass die Neuigkeiten über den Brand unerwünschte Aufmerksamkeit von Abbys Ringfinger lenken würden, zum anderen würde die Neuigkeit von unserer Hochzeit auch eine willkommene Ablenkung von der schrecklichen Tatsache sein, dass wir einige Kommilitonen auf so furchtbare Weise verloren hatten.
Wie ich es erwartet hatte, gratulierten uns meine Fraternity-kumpel und die Jungs aus dem Footballteam, sobald wir die Cafeteria betreten hatten, zu unserer Hochzeit und dem zu erwartenden Sohn.
»Ich bin nicht schwanger«, sagte Abby kopfschüttelnd.
»Aber … ihr habt doch geheiratet, oder?«, fragte Lexi zweifelnd.
»Ja«, antwortete Abby schlicht und ergreifend.
Lexi hob eine Augenbraue. »Die Wahrheit werden wir ja bald erfahren.«
Ich drehte mich forsch zu ihr um. »Lass es gut sein, Lex.«
Sie ignorierte mich einfach. »Ich schätze, ihr habt auch von dem Feuer erfahren, oder?«
»Ein bisschen was«, murmelte Abby und fühlte sich sichtlich unbehaglich.
»Ich habe gehört, Studenten sollten dort unten eine Party gefeiert haben. Und dass sie sich schon das ganze Jahr über heimlich in Kellern getroffen haben.«
»Ach ja?«, fragte ich. Aus dem Augenwinkel merkte ich, dass Abby mich ansah, aber ich bemühte mich, keinen allzu erleichterten Eindruck zu machen. Wenn das dem Stand der Ermittlungen entsprach, war ich vielleicht aus dem Schneider.
Den Rest des Tages über wurde man entweder angestarrt oder beglückwünscht. Erstmals hielten mich zwischen den Veranstaltungen keine Mädchen an, die wissen wollten, was ich am Wochenende vorhätte. Sie musterten mich nur im Vorübergehen, als sei es undenkbar, einen verheirateten Mann anzumachen. Das war mal eine angenehme Erfahrung.
So verlief mein Tag eigentlich ganz gut, und ich fragte mich, ob Abby das Gleiche von sich behaupten konnte. Sogar meine Psychologieprofessorin schenkte mir ein kleines Lächeln und ein anerkennendes Nicken, nachdem sie meine Antwort auf die Frage gehört hatte, was denn an diesem Gerücht dran sei.
Nach der letzten Stunde traf ich Abby bei unserem Camry, und wir warfen unsere Taschen auf den Rücksitz. »War’s so schlimm wie du befürchtet hast?«
»Ja«, schnaubte sie.
»Dann ist heute wohl kein guter Tag, um es meinem Dad mitzuteilen, was?«
»Nein, aber wir sollten es trotzdem tun. Du hast recht, ich will auch nicht, dass er es von jemand anderem erfährt.«
Ihre Antwort erstaunte mich, aber ich sagte nichts mehr dazu. Erst wollte sie mich überreden zu fahren, aber ich weigerte mich, weil ich wollte, dass sie sich daran gewöhnte.
Die Fahrt vom Campus zu Dad dauerte nicht lange – aber länger als wenn ich hinterm Steuer gesessen hätte. Abby beachtete alle Verkehrsregeln. Vor allem weil sie fürchtete, angehalten zu werden und dann aus Versehen dem Cop ihren gefälschten Ausweis zu geben.
Unsere Kleinstadt wirkte im Vorbeifahren irgendwie verändert. Aber vielleicht war auch nur ich ein anderer. Ich war mir nicht sicher, ob das Verheiratetsein mich entspannter – wenn nicht gar cooler – machte oder ob ich mich einfach nur endlich wohl in meiner Haut fühlte. Ich war jetzt in einer Situation, in der ich mir nichts mehr beweisen musste, weil der eine Mensch, der mich vollkommen akzeptierte, mein bester Freund, nun ein
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