Walking Disaster
musste ihm nur auf die Straße nachlaufen, ihn küssen, und schon war alles gut. Nicht der schlechteste Film, den ich je gesehen hatte, aber eben doch nur eine Mädchenschnulze … und ziemlich lahm.
Am Nachmittag war die Wohnung lichtdurchflutet, und der Fernseher lief, wenn auch ohne Ton. Alles schien normal, aber auch irgendwie leer. Die gestohlenen Straßenschilder hingen noch an den Wänden, neben den Plakaten unserer Lieblingsbiermarken mit den halb nackten Models in diversen Posen. America hatte geputzt, und Shepley lag träge auf der Couch rum. Ein ganz normaler Samstag. Aber etwas war anders. Etwas fehlte.
Abby.
Obwohl sie nebenan lag, im Tiefschlaf, kam einem das Apartment anders vor ohne ihre Stimme, ohne ihre kleinen frechen Späße oder auch nur ohne die Geräusche, die sie mit ihrem Löffel in den Haferflocken machte. In der kurzen Zeit, die wir zusammen verbracht hatten, hatte ich mich an all das gewöhnt.
Gerade als der Abspann des zweiten Films lief, hörte ich meine Zimmertür aufgehen und Abby über den Boden tappen. Die Badtür öffnete und schloss sich. Sie fing also an, sich für ihr Date mir Parker fertig zu machen.
Sofort begann ich zu kochen.
»Trav«, warnte Shepley,
Ich wiederholte im Geiste, was er mir am Vormittag gesagt hatte. Parker spielte ein Spiel, und ich musste ihn ausspielen. Mein Adrenalinspiegel normalisierte sich wieder, und entspannt ließ ich mich wieder gegen die Sofakissen fallen. Es war an der Zeit, mein Pokerface aufzusetzen.
Das Fauchen in den Leitungen verriet, dass Abby vorhatte zu duschen. America erhob sich und tänzelte in mein Bad. Ich konnte ihren Wortwechsel zwar hören, aber kaum verstehen, was sie sagten.
Leise ging ich auf den Flur und presste mein Ohr an die Tür.
»Es begeistert mich nicht gerade, dass du meine Freundin beim Urinieren belauschst«, flüsterte Shepley halblaut.
Ich hielt meinen Mittelfinger an die Lippen und konzentrierte mich wieder auf ihre Stimmen.
»Ich hab’s ihm erklärt«, meinte Abby gerade.
Die Toilettenspülung rauschte, der Wasserhahn wurde aufgedreht, und dann schrie Abby plötzlich auf. Ohne zu überlegen, packte ich den Knauf und riss die Tür auf.
»Täubchen?«
America lachte. »Ich habe nur die Spülung gedrückt. Mach dich locker, Trav.«
»Oh. Bei dir alles klar, Taube?«
»Alles bestens. Mach, dass du rauskommst.« Ich drückte die Tür wieder zu und seufzte. Wie dumm von mir. Nach ein paar Sekunden war mir klar, dass keine der beiden wusste, dass ich noch unmittelbar hinter der Tür stand, also drückte ich mein Ohr wieder gegen das Holz.
»Ist eine abschließbare Tür zu viel verlangt?«, fragte Abby. »Mare?«
»Es ist wirklich zu schade, dass ihr beide nicht zusammenkommen konntet. Du bist das einzige Mädchen, das ihn hätte …« Sie seufzte. »Aber spielt ja jetzt keine Rolle mehr.«
Das Wasser wurde abgedreht. »Du bist genauso schlimm wie er«, sagte Abby und klang extrem genervt. »Das ist wie eine ansteckende Krankheit … keiner benimmt sich logisch. Du bist doch stinksauer auf ihn, schon vergessen?«
»Ich weiß«, erwiderte America.
Das war mein Stichwort, mich wieder ins Wohnzimmer zurückzuschleichen, allerdings mit wahnsinnigem Herzklopfen. Warum auch immer America so dachte, aber wenn sie es okay fand, dann fühlte sich das für mich an wie grünes Licht. Und anscheinend war ich doch kein Volltrottel, weil ich versuchte, ein Teil von Abbys Leben zu werden.
Gerade als ich wieder auf der Couch saß, kam America aus dem Bad.
»Was?«, fragte sie, denn anscheinend spürte sie, dass etwas nicht stimmte.
»Nichts, Baby. Komm, setz dich her«, sagte Shepley und klopfte neben sich auf die Couch.
Darauf ging America gerne ein. Sie streckte sich neben ihm aus und schmiegte sich an seine Brust.
Im Bad wurde der Föhn eingeschaltet, und ich schaute auf die Uhr.
Das Einzige, was noch schlimmer war als mich damit abzufinden, dass Abby zu einem Date mit Parker aufbrach, wäre Parker, der in meiner Wohnung auf Abby wartete. Mich ein paar Minuten lang zusammenreißen, während sie ihre Tasche holte und ging, das würde ich vielleicht hinkriegen. Doch in seine hässliche Visage schauen, während er auf meiner Couch saß, und wissen, dass er plante, am Ende des Abends in ihr Höschen zu kommen, das war noch mal was ganz anderes.
Meine Unruhe ließ ein wenig nach, als Abby aus dem Bad kam. Sie trug ein rotes Kleid und den perfekt passenden Lippenstift. Ihre lockig frisierten Haare erinnerten
Weitere Kostenlose Bücher