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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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sie nicht wunderbar?«
    »Das kann doch nicht... es ist zu früh... ist es schon in den Nachrichten gekommen?« Wetzon stotterte und versuchte zu begreifen. »Hat jemand angerufen und es ihr gesagt?«
    »Niemand hat mir etwas gesagt«, erwiderte Smith, eine körperlose Stimme, die von irgendwoher' aus der Wohnung kam.
    »Ich las es in den Klarten. Ich wußte, daß etwas Böses passiert war und du damit zu tun hattest. Die Karten lügen nie.« Sie stand theatralisch im Türbogen zum Wohnzimmer, Sie trug etwas Weites, Wallendes, ein lebhaft rot und schwarz gemustertes Hauskleid von Marimekko, und das turbanartig! um den Kopf gebundene Handtuch bedeutete, daß sie die Haare gewaschen hatte, aber sie sah damit aus wie eine exotische Wahrsagerin. Sie hatte wieder ihre Tarock-Karten gedeutet.
    Smith nahm Wetzon in die Arme und drückte sie in einer Wolke von Obsession an sich. Dann wich sie zurück. »Du siehst furchtbar aus«, sagte sie. »Nun sag schon. Erzähle mir alles. Ich bin so froh, daß dir nichts passiert ist. Du bist immer wieder von Gefahr und Tod umgeben aufgetaucht.«
    »Stimmt«, nickte Wetzon. »Und ich muß mich sofort hinlegen, bevor ich umfalle.« Sie fühlte sich schlapp und benommen. Außer den kleinen Vorspeisen im Four Seasons hatte sie seit Mittag nichts mehr gegessen.
    Sie taumelte, auf Smith gestützt, ins Schlafzimmer, kickte die Schuhe fort und fiel auf das Bett, das, typisch für Smith, vom Morgen noch nicht gemacht war und die gesammelte Unordnung mehrerer Tage aufwies. Wetzon fand sich inmitten von Kleidern, die Smith getragen hatte, Papieren, die sie gelesen hatte, Büchern, einer Haarbürste voller Haare, Laken und Bettdecken, Bonbonpapieren und einem Fön ruhend.
    Normalerweise fühlte sich Wetzon von dem Chaos in Smith’ Zuhause abgestoßen, aber jetzt war es willkommen. Sie war einfach zu müde, um sich darum zu kümmern. Wahrscheinlich lagen irgendwo auf dem Bett diese verdammten Karten, aber um die sollte Smith sich sorgen. Sie legte sich bequem hin und schloß die Augen, machte sie wieder auf und erschrak. Sie sah sich von der Decke herunterblicken. Smith hatte an der Decke über dem Bett Spiegel anbringen lassen.
    »Hey, Smith«, begann sie.
    Smith war so anständig zu erröten. »Mark, Liebling«, sagte sie.
    »Ja, Mom?«
    »Tee und Toast für unsere müde Freundin.«
    Mark war ein häuslicher Zwölfjähriger, frühreif in der Schule, fürsorglich zu Hause. Smith war von seinem Vater geschieden, seit er zwei war, und sein Vater war beim amerikanischen Nachrichtendienst, irgendein CIA-Posten, über den Smith nie reden wollte. Wetzon hatte ihn nie kennengelernt. Es gab keinen Kontakt zwischen Mark und seinem Vater, und Mark schien sich nicht daran zu stören.
    »Okay«, befahl Smith, sobald Mark aus dem Zimmer war. »Raus mit der Sprache.« Sie zog den Sessel mit der niedrigen Lehne vom Frisiertisch ans Bett, setzte sich Wetzon gegenüber hin und fügte dem Durcheinander auf dem Bett ihre nackten Füße zu.
    Wetzon holte tief Luft und bemühte sich, das, was sie sagen wollte, irgendwie in die Realität zu holen. »Barry Stark wurde heute abend im Four Seasons ermordet.«
    »Du lieber Himmel, und wo warst du?«
    Wetzon redete Stunden, wie ihr schien, berichtete die Geschichte, beantwortete die Fragen, mit denen Smith sie bombardierte.
    »Er muß etwas gesagt haben, Wetzon. Irgendeinen Hinweis darauf, was da läuft.«
    »Er hatte Angst, glaube ich.«
    »Woher wußtest du, daß er tot war?«
    »Smith, um Himmels willen, glaub mir, das merkt man. Er verblutete praktisch vor mir.«
    Smith schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Etwas mußt du doch gesehen haben.«
    »Nichts. Wirklich nichts.«
    »Manchmal erstaunst du mich, Wetzon. Du siehst nicht, was direkt vor dir...«
    »Smith, gönnst du mir eine Pause? Laß mich in Ruhe. Ich habe mich müde geredet. Barry Stark wurde erstochen, und ich fand ihn. Ich kann das jetzt nicht brauchen.«
    »Ist ja gut, Entschuldigung.«
    Wetzon seufzte und schloß die Augen. Sie fiel in einen oberflächlichen Schlaf und kam zu sich, immer wieder. Irgendwann zog sie die Jacke aus und legte sich wieder zurück. Sie war sicher, daß Smith enttäuscht war, nicht im Four Seasons gewesen zu sein.
    Mark erschien mit einem Tablett, auf dem eine Kanne duftenden Tees, an der die Papierstreifen der Teebeutel an den Seiten herunterhingen, und ein Teller voll mit Butter bestrichener Toastscheiben standen. Wetzon setzte sich auf und begann zu essen, und

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