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Wall Street Blues

Wall Street Blues

Titel: Wall Street Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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»Aha«, sagte sie, »schon besser.« Sie kam zum Diplomatenkoffer zurück.
    »Mom«, rief Mark laut aus seinem Zimmer, »es ist für Wetzon. Sergeant Silvestri, NYPD.«
    »Himmel«, sagte Smith. »Dieses Kind kann’s nicht lassen.«
    Smith und Wetzon sahen einander an. Smith nahm die Haarnadel und beugte sich über das Schloß. Wetzon hob das Telefon ab.
    »Hallo, Sergeant Silvestri.«
    »Was gibt’s?« Er war kurz angebunden.
    Sie fühlte sich von seinem Ton abgekanzelt. »Ich habe nur etwas vergessen, das wichtig sein könnte.«
    »Okay, dann machen Sie’s kurz.«
    »Ich kann es nicht kurz machen.« Wenn er barsch sein konnte, dann konnte sie es auch. »Ich muß es Ihnen zeigen.«
    »Ich bin im Augenblick hier sehr beschäftigt, Miss Wetzon. Kann das nicht bis morgen warten?«
    »Nein, es kann nicht warten«, beharrte sie. Sie hatte nicht vor, den verdammten Diplomatenkoffer eine Minute länger als nötig zu behalten.
    »Wo sind Sie?«
    »Bei meiner Partnerin zu Hause. Die Adresse ist...«
    »Die habe ich.«
    Ein lautes Klicken kam vom Boden, wo Smith sich über den Diplomatenkoffer beugte.

D ie Blicke der beiden Frauen begegneten sich, als das Schloß aufsprang.
    An Silvestris Ende blieb die Leitung einen Augenblick stumm. »Wie lange sind Sie noch dort, Miss Wetzon?«
    »Eine Stunde vielleicht noch. Ich bin wirklich müde und möchte nach Hause, Sergeant. Normalerweise würde ich es auf sich beruhen lassen, aber ich halte es für wichtig.«
    »Ich komme hoch, sobald ich kann, und dann bringe ich Sie nach Hause.«
    »Gut.« Wetzon legte langsam den Hörer auf. Das war nett. Er wollte sie nach Hause fahren. »Ich glaube, er ist immer noch im Four Seasons«, sagte sie. Sie fragte sich, ob er aus derselben Telefonzelle anrief. Sie schauderte. Sie sah Barry wieder vor sich, wie er aus der Telefonzelle auf sie zurutschte. «Armer Barry«, sagte sie.
    »Armer Barry, nichts da«, bemerkte Smith naserümpfend. »Der Schaumschläger hat wahrscheinlich seine habgierige Nase in etwas gesteckt, was ihn nichts anging, und wurde erwischt.« Sie interessierte sich nicht mehr für Barry« nur noch für den Diplomatenkoffer — und den Mord. Smith klappte den Deckel hoch. »Und wir wissen beide, daß Barry, wenn aus seinem Wissen Kapital zu schlagen war, bereit war, es zu tun, legal oder illegal. Das mußt du zugeben.«
    »Klar, du hast recht«, sagte Wetzon mit einem Seufzer. «Aber was könnte er getan haben, daß er es verdiente, ermordet zu werden?«
    »Warten wir ab, ob wir es nicht herauskriegen können«, erwiderte Smith forsch. »Wir nehmen alles Stück für Stück heraus, so daß wir es in derselben Reihenfolge wieder hineinlegen können, wie wir es gefunden haben.«
    »Vielleicht sollten wir das überhaupt lassen«, sagte Wetzon, aber ihre Neugier war geweckt, und sie wußte, daß sie genauso tief drinsteckte wie Smith. »Wir verstoßen vermutlich gegen das Gesetz.«
    Sie sahen einander an und grinsten.
    »Machen wir eine Liste von dem, was wir finden.« Wetzon holte ihr Ringbuch aus der Handtasche und blätterte die Kalender- und Adreßseiten durch, bis sie zu den Notizblättern kam.
    »Bereit?« fragte Smith. »Wir fangen hier an und heben uns das Zeug in dem Harmonikafach bis zuletzt auf.«
    Der Diplomatenkoffer hatte ein großes Hauptfach und ein harmonikaartig ausziehbares Fach, das an der inneren Abdeckung befestigt war. Smith klappte den Deckel zum Hauptfach auf.
    »Also dann mal los. Eins: Forschungsberichte und Prospekte von Shearson, Bache, Merrill Lynch, Paine Webber, Alex Brown, seine Firma... meine Güte, der hat Unmengen von diesem Zeug.«
    Barry hatte ein Netz von Freunden in allen Firmen, und sie versorgten sich gegenseitig mit einem nie versiegenden Nachschub an Informationen. Makler mit Selbsterhaltungstrieb neigten dazu, solche Beziehungen zu entwickeln, um andere Quellen außerhalb der Nachforschungen ihrer eigenen Firma zu pflegen. Sie waren darauf angewiesen, weil die Makler schworen, daß ihre Firmen so gut wie nie recht hatten, und bis eine Aktie den Auftraggebern des Maklers empfohlen wurde, hatten institutionelle Anleger, etwa Banken, die Aktie bereits gekauft und verkauft, und sie befand sich auf dem Weg nach unten. Eine Hand wusch die andere bei diesem Geschäft, in der einen wie in der anderen Richtung. Es war ein Geschäft der Kompromisse, tatsächlicher oder psychologischer.
    Smith stapelte die Berichte auf dem Teppich neben dem Koffer auf.
    »Zwei: Ein Gucci-Adreßbuch. Guck mal an.

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