Wall Street Blues
konzentrieren.«
»Wie ist Ihre Adresse?« Er winkte, und ein junger Bursche in Uniform kam an den Tisch. »Das ist Officer Lyons. Jimmy, bringen Sie bitte Miss Wetzon nach Hause.« Er holte ein paar Schlüssel aus der Jackentasche und gab sie Lyons. »Sie wissen, welcher meiner ist?« Lyons nickte. »Ich möchte morgen früh als erstes mit Ihnen sprechen, Miss Wetzon... falls es Ihnen recht ist. Können Sie so um zehn ins Revier kommen?«
Sie nickte, als er ihr seine Karte gab, die sie gedankenverloren in die Kostümtasche steckte. Sie wollte noch nicht nach Hause. Sie wollte Smith sehen, mußte mit Smith darüberreden, was passiert war. »Wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte sie, »möchte ich lieber in die Wohnung meiner Freundin gehen.«
»Okay, Jimmy bringt Sie hin. Schreiben Sie mir einfach die Adresse und Telefonnummer auf und auch Ihre Nummer zu Hause, für den Fall, daß ich Sie vor morgen erreichen muß.« Silvestri reichte ihr sein Notizbuch und stand auf, um mit Lyons mit dem Milchgesicht und Metzger mit den Tränensäcken zu reden.
Wetzon betrachtete die Seite in seinem Notizbuch. Seine Handschrift war scheußlich, ein unleserliches Gekritzel. Sorgfältig druckte sie ihre Adresse und Telefonnummer auf die Seite, dann Smith’ Adresse und Nummer. Sie fühlte sich so zerknittert, wie sie alle aussahen. Und müde. Ihr Gesicht war feucht und kalt. Sie stand auf, die Handtasche an sich geklammert, mit unsicheren Beinen, und schob den Stuhl zurück. Gelbe Punkte tanzten vor ihren Augen. Hätte keinen Wodka auf nüchternen Magen trinken sollen. Sie berührte die Tischkante mit den Fingern und atmete tief durch. Sie strich über ihren Rock und zog die Kostümjacke glatt. Es war warm, sehr Warm, ungemütlich warm.
Dann fiel ihr Blick auf den Diplomatenkoffer. Auch das noch, dachte sie. »Sergeant Silvestri«, rief sie, aber er war schon zu weit weg und hörte sie nicht. Aus allen Ecken des Restaurants kam Lärm, überall waren blaue Uniformen und eine Menge Leute, die wie Kriminalbeamte aussahen. Es befanden sich immer noch einige Kunden, die befragt wurden, auf dem Balkon und im Grillroom.
»Geht in Ordnung, Miss«, sagte Jimmy Lyons und nahm ihren Arm. Er sah nicht alt genug aus, um sich rasieren zu müssen, geschweige denn Polizist zu sein. Sie wollte es ihm sagen, aber ihre Stimme ließ sie im Stich. »Hier, lassen Sie mich die Tasche tragen.« Lyons hob den Diplomatenkoffer auf, und sie fühlte sich die Treppe vom Balkon hinuntergeschoben, über den Boden des Grillrooms, von Männern aus einer anderen Welt, die nicht in die Eleganz des Raums zu passen schienen, angestarrt, vorbei an Angestellten des Four Seasons, die immer noch Speisen und Getränke servierten. Sie glaubte, Martin flüchtig zu sehen, aber der Druck an ihrem Arm war fest und stützend, und Jimmy hielt sie in Bewegung.
Sie kamen jetzt die Treppe in die Lobby hinunter, wo ihr Blick, so sehr sie sich auch anstrengte wegzusehen, direkt zum Telefonbereich ging, der jetzt seltsamerweise fast verlassen war. Ohne es zu wollen, fragt sie sich, was mit Barrys Leiche geschehen würde. Wer würde seine Familie benachrichtigen? Hatte er überhaupt Angehörige? Jeder hatte irgendeine Art Familie. Sie gingen jetzt durch die Tür und auf die Straße. Ein Schwall kühler Luft. Es war dunkel. Sie hatte das Gefühl für die Zeit verloren. Ein Blitzlicht flammte auf, blendete sie. Sie zog den Kopf ein und hielt eine Hand vor die Augen.
»Wie heißen Sie?« rief jemand barsch und zerrte an ihrem Arm. »Haben Sie’s getan?«
»Zurücktreten, zurücktreten!« Da waren noch mehr Uniformen. Wetzon fühlte sich schwindlig, geblendet von dem Blitzlicht, verwirrt von der Menschenansammlung. Sie taumelte, dann fühlte sie sich von starken Armen gehoben. Sie saß hinten in einem Auto. Sie saß auf etwas Unförmigem. Sie stemmte sich ein wenig hoch, griff unter sich und zog einen Lederhandschuh vor. Einen Baseballhandschuh. Sie legte ihn neben sich; alles strengte sie so an.
»So, Miss«, sagte Jimmy. »Jetzt ist es geschafft. Ich bringe Sie hier raus.« Er schloß die Tür, und sie ließ sich in den Sitz sinken. Falls dies Silvestris Auto war, dann war er sehr unordentlich. Im trüben Licht von der Straße sah sie neben sich, unter dem Fanghandschuh, etwas, das nach einem Bündel Wäsche aussah. Auf dem Boden neben ihren Füßen lagen ein Paar sehr schmutzige, zerrissene Turnschuhe und zwei Baseballschläger., Sie beugte sich vor, um zu sehen, was draußen
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