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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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waren, die nach Schweden kamen? Wer war ein Flüchtling, und wer ein Glücksritter? Konnte man die Unterschiede überhaupt noch feststellen?
    |302| Wie lange konnte das Prinzip einer großzügigen Asylpolitik noch gelten, ohne daß das Chaos ausbrach? Gab es dafür überhaupt so etwas wie eine Obergrenze?
    Kurt Wallander machte halbherzige Versuche, sich gründlich in diese Fragen zu vertiefen. Er begriff, daß er in sich die gleiche vage und mißmutige Unruhe trug wie so viele andere Menschen. Unruhe angesichts des Unbekannten, des Fremden.
    Ende Februar wurde das Urteil verkündet, das für Rune Bergman eine lange Gefängnisstrafe bedeutete. Zur Überraschung aller Beteiligten beantragte er keine Revision gegen das Urteil, das somit unmittelbar rechtskräftig wurde.
    Mehr Schnee fiel in diesem Winter nicht in Schonen. An einem frühen Morgen Anfang März machten Anette Brolin und Kurt Wallander einen langen Spaziergang am Meer bei Falsterbonäs. Gemeinsam sahen sie die ersten Zugvögel aus weit entfernten Ländern unter dem Kreuz des Südens zurückkehren. Wallander nahm unvermittelt ihre Hand in die seine, und sie entzog sie ihm nicht, jedenfalls nicht sofort.
    Es gelang ihm, vier Kilo abzunehmen. Aber er mußte sich eingestehen, daß er niemals wieder auf das Gewicht kommen würde, das er gehabt hatte, als Mona ihn so plötzlich verlassen hatte.
    Das eine oder andere Mal trafen sich ihre Stimmen am Telefon. Kurt Wallander merkte, daß seine Eifersucht langsam dabei war, sich in nichts aufzulösen. Die farbige Frau, die ihn früher in seinen Träumen besucht hatte, zeigte sich auch nicht mehr.
    Der Monat März begann damit, daß Svedberg seinen Wunsch wiederholte, nach Stockholm zurückzukehren. Gleichzeitig wurde Rydberg zwei Wochen krankgeschrieben. Alle glaubten zunächst, daß es wegen seines kranken Beins wäre. Aber eines Tages erzählte Ebba Kurt Wallander im Vertrauen, daß Rydberg wahrscheinlich Krebs hatte. Woher sie das wußte, um welche Art von Krebs es sich handelte, das erwähnte sie nicht. Als Wallander Rydberg im Krankenhaus besuchte, sagte |303| er nur, daß es sich um eine Routinekontrolle des Magens handelte. Ein Fleck auf einem Röntgenbild habe ein mögliches Geschwür am Dickdarm aufgezeigt.
    Kurt Wallander wurde bei dem Gedanken, daß Rydberg vielleicht schwer krank war, von einem brennenden Schmerz ergriffen. Begleitet von einem wachsenden Gefühl der Hoffnungslosigkeit, kämpfte er sich weiter durch seine Ermittlung. In einem Wutanfall schleuderte er eines Tages die dicken Ordner an die Wand. Der Boden lag voller Blätter. Dann saß er lange da und betrachtete die Verwüstung. Danach kroch er umher, sortierte das Material von neuem und fing wieder von vorne an.
    Irgendwo gibt es etwas, das ich nicht sehe, dachte er.
    Einen Zusammenhang, ein Detail, das in sich den Schlüssel birgt, den ich umdrehen muß. Aber ob ich nach rechts oder nach links drehen muß?
    Oft rief er Göran Boman in Kristianstad an und klagte ihm sein Leid.
    Göran Boman hatte auf eigene Initiative intensive Nachforschungen zu Nils Velander und anderen denkbaren Kandidaten angestellt. Nirgendwo brach die Mauer. Zwei ganze Tage saß Kurt Wallander bei Lars Herdin, ohne einen einzigen Schritt weiterzukommen.
    Er wollte einfach nicht glauben, daß das Verbrechen für immer ein Geheimnis bleiben würde.
    Mitte März gelang es ihm, Anette Brolin mit auf eine Opernreise nach Kopenhagen zu locken. Während der darauffolgenden Nacht nahm sie sich dann seiner Einsamkeit an. Aber als er sagte, daß er sie liebe, wich sie aus.
    Was geschehen war, war geschehen. Nicht mehr.
    Samstag, den 17., und Sonntag, den 18.   März, besuchte ihn seine Tochter. Sie kam allein, ohne den kenianischen Medizinstudenten, und Kurt Wallander holte sie am Bahnhof ab. Ebba hatte am Tag zuvor eine Freundin in seine Wohnung in der Mariastraße geschickt, um dort einen gründlichen Hausputz |304| vorzunehmen. Und endlich schien er seine Tochter wiederzufinden. Sie machten einen großen Ausflug zu den Stränden des Österlens, aßen bei Lilla Vik zu Mittag und saßen dann bis fünf Uhr am nächsten Morgen zusammen und redeten. Sie besuchten seinen Vater und ihren Großvater, und dieser überraschte sie beide damit, lustige Geschichten aus der Zeit zu erzählen, als Kurt Wallander ein Kind gewesen war.
    Am Montagmorgen begleitete er sie zum Zug.
    Einen Teil ihres Vertrauens glaubte er sich zurückerobert zu haben.
    Als er wieder in seinem Büro saß, tief

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