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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Zeitung gelesen, daß in der vorletzten Nacht in Lenarp ein Doppelmord verübt worden ist?«
    »Ich lese keine Zeitung«, antwortete Sten Widen. »Ich lese Rennprogramme und Startlisten. Das ist alles. Ich kümmere mich nicht um das, was in der Welt geschieht.«
    »Es geht um ein altes Ehepaar, das erschlagen worden ist«, fuhr Kurt Wallander fort. »Und sie hatten ein Pferd.«
    »Ist das auch erschlagen worden?«
    »Nein. Aber ich glaube, daß die Mörder ihm Heu gegeben haben, bevor sie verschwunden sind. Und das war es, worüber ich mit dir sprechen wollte: Wie lange braucht ein Pferd, um eine Fuhre Heu zu fressen?«
    Sten Widen leerte die Flasche und zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Soll das ein Witz sein?« fragte er. »Du bist hergekommen, um mich zu fragen, wie lange ein Pferd braucht, um eine Fuhre Heu zu fressen?«
    »Ich hatte dich eigentlich bitten wollen mitzukommen, um dir das Pferd einmal anzusehen«, erwiderte Kurt Wallander kurz entschlossen. Er merkte, daß er ebenfalls langsam wütend wurde.
    »Ich habe keine Zeit«, gab Sten Widen zurück. »Der Hufschmied kommt heute. Außerdem habe ich sechzehn Pferde, die heute noch Vitaminspritzen bekommen sollen.«
    »Und morgen?«
    Sten Widen sah ihn mit glasigen Augen an.
    »Springt ein Honorar dabei heraus?« fragte er.
    »Du bekommst dein Geld.«
    |80| Sten Widen schrieb seine Telefonnummer auf einen schmutzigen Zettel.
    »Vielleicht«, sagte er. »Ruf mich morgen früh an.«
    Als sie auf den Hof hinauskamen, stellte Kurt Wallander fest, daß der Wind stärker geworden war.
    Das Mädchen kam ihm auf dem Pferd entgegen.
    »Schönes Pferd«, meinte er.
    »Masquerade Queen«, erklärte Sten Widen. »Es wird in seinem Leben keinen einzigen Lauf gewinnen. Die Besitzerin ist die reiche Witwe eines Bauunternehmers aus Trelleborg. Ich war sogar ehrlich genug, ihr vorzuschlagen, das Pferd an eine Reitschule zu verkaufen. Aber sie glaubt daran, daß es gewinnen wird. Und ich bekomme mein Honorar. Aber es wird trotzdem keine Rennen gewinnen.«
    Am Auto trennten sie sich.
    »Weißt du, wie mein Vater gestorben ist?« fragte Sten Widen unvermittelt.
    »Nein.«
    »In einer Herbstnacht ist er zur Burgruine geirrt. Er hat oft da oben gesessen, um zu saufen. Dann ist er in den Wallgraben gestürzt und ertrunken. Es gibt ja so viele Algen da unten, daß man nichts sehen kann. Aber seine Schirmmütze ist aufgetaucht. ›Lebe das Leben‹ hat auf dem Schirm gestanden. Das war Werbung für ein Reisebüro, das Sexreisen nach Bangkok verkauft hat.«
    »Es war schön, dich mal zu sehen«, sagte Kurt Wallander zum Abschied. »Ich melde mich morgen.«
    »Mach, was du willst«, erwiderte Sten Widen.
    Kurt Wallander fuhr los. Im Rückspiegel konnte er sehen, wie Sten Widen auf dem Hof stand und mit dem Mädchen auf dem Pferd redete.
    Warum bin ich überhaupt hierhergefahren? ging es ihm wieder durch den Kopf.
    Vor langer Zeit waren wir sehr befreundet. Wir teilten einen unmöglichen Traum. Als unser Traum wie eine Seifenblase |81| geplatzt war, blieb uns nichts mehr. Möglicherweise stimmte es, daß wir beide die Oper liebten. Aber vielleicht war auch das nur eine Illusion?
    Er fuhr schnell, als würden seine aufgewühlten Gefühle den Druck auf das Gaspedal steuern.
    Gerade als er vor dem Stoppschild an der Hauptstraße bremste, klingelte das Autotelefon. Die Verbindung war so schlecht, daß er Mühe hatte, Hanssons Stimme am anderen Ende der Leitung erkennen zu können.
    »Es ist am besten, wenn du sofort kommst«, rief Hansson. »Kannst du mich verstehen?«
    »Was ist passiert?« schrie Kurt Wallander zurück.
    »Hier sitzt ein Bauer aus Hagestad, der behauptet, zu wissen, wer sie erschlagen hat«, rief Hansson.
    Kurt Wallander fühlte sein Herz schneller schlagen.
    »Wer?« rief er aufgeregt. »Wer?«
    Die Leitung war abrupt unterbrochen. Es knisterte und rauschte im Hörer.
    »Mist«, sagte er laut zu sich selbst.
    Er fuhr nach Ystad zurück. Viel zu schnell, dachte er. Wären Noren und Peters heute mit einer Verkehrskontrolle drangewesen, hätte ich ganz schönen Ärger bekommen.
    Auf dem Abhang, der in das Stadtzentrum hinunterführte, fing der Motor plötzlich an zu stottern.
    Der Tank war leer.
    Die Kontrollampe, die ihn hätte warnen sollen, funktionierte anscheinend nicht mehr.
    Er kam genau bis zur Tankstelle schräg gegenüber vom Krankenhaus, bevor der Motor ganz schlapp machte. Als er Geld in die Münztanksäule werfen wollte, merkte er, daß er keines bei sich

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