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Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht

Titel: Wallander 01 - Mörder ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Zentrale abgefangen hatte. Über eine Stunde lang sprach er dann mit unterschiedlichen Journalisten. Das Mädchen vom Lokalradio ließ allerdings nichts von sich hören.
    Viertel nach zwölf klopfte Noren an die Tür.
    »Solltest du nicht in Lenarp sein?« fragte Wallander erstaunt.
    »Doch«, sagte Noren. »Aber mir ist da noch etwas eingefallen.«
    Noren setzte sich auf die äußerste Kante eines Stuhles, weil er ziemlich durchnäßt war. Es hatte angefangen zu regnen. Die Temperatur war auf einige Plusgrade gestiegen.
    »Es kann natürlich sein, daß es überhaupt nichts zu sagen hat«, meinte Noren. »Es ist nur so eine Sache, die mir wieder eingefallen ist.«
    »Das meiste bedeutet in der Regel etwas«, erwiderte Wallander.
    »Erinnerst du dich an das Pferd?« fragte Noren.
    »Natürlich erinnere ich mich an das Pferd.«
    »Du hattest mir gesagt, ich sollte ihm Heu geben.«
    »Und Wasser!«
    »Heu und Wasser. Aber das habe ich nicht getan.«
    Kurt Wallander runzelte die Stirn.
    »Warum nicht?«
    »Es war nicht nötig. Es hatte schon Heu. Und Wasser auch.«
    Kurt Wallander saß einen Augenblick lang wortlos da und betrachtete Noren.
    »Red weiter«, sagte er dann. »Du denkst doch an etwas Bestimmtes.«
    Noren zuckte die Schultern.
    »Wir hatten zu Hause ein Pferd, als ich noch ein Kind war«, sagte er. »Wenn es im Stall stand und Heu bekam, dann fraß es |72| alles auf, was es bekommen hatte. Was ich meine ist, daß jemand dem Pferd Heu gegeben haben muß. Vielleicht nur ein bis zwei Stunden, bevor wir gekommen sind.«
    Wallander reckte sich nach dem Telefon.
    »Falls du Nyström anrufen willst – nicht nötig«, sagte Noren.
    Kurt Wallander ließ die Hand sinken.
    »Ich habe mit ihm gesprochen, bevor ich hierhergefahren bin. Er hat dem Pferd kein Heu gegeben.«
    »Tote füttern ihre Pferde nicht«, sagte Kurt Wallander. »Wer hat es also dann getan?«
    Noren erhob sich.
    »Das ist schon merkwürdig«, sagte er. »Erst erschlägt jemand einen Menschen. Dann erwürgt er einen anderen Menschen mit einer Schlinge. Und dann geht er in den Stall hinaus und gibt dem Pferd etwas Heu. Wer zum Teufel macht so etwas?«
    »Gute Frage«, erwiderte Kurt Wallander. »Wer macht so etwas?«
    »Es hat vielleicht gar nichts zu bedeuten«, sagte Noren.
    »Oder umgekehrt«, antwortete Wallander. »Es war gut, daß du gekommen bist und mir das erzählt hast.«
    Noren verabschiedete sich und ging.
    Kurt Wallander saß da und dachte an das, was er gerade gehört hatte.
    Die Ahnung, die er mit sich herumgetragen hatte, schien sich als richtig zu erweisen. Irgend etwas war mit diesem Pferd.
    Seine Gedanken wurden durch das Telefon unterbrochen. Wieder ein Journalist, der mit ihm sprechen wollte.
    Um Viertel vor eins verließ er das Polizeipräsidium. Er wollte einen alten Freund besuchen, den er seit vielen, vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte.

|73| 5
    Kurt Wallander bog an der Stelle, an der ein Schild die Burgruine Stjärnsund ankündigte, von der E 14 ab. Er stieg aus und pinkelte. Durch den Wind konnte er den Laut von beschleunigenden Jetmotoren auf dem Flughafen Sturup hören. Bevor er sich wieder ins Auto setzte, kratzte er den Dreck unter seinen Schuhsohlen weg. Der Wetterumschwung war sehr plötzlich gekommen. Das Thermometer in seinem Wagen zeigte fünf Grad Außentemperatur. Als er weiterfuhr, jagten zerrissene Wolken über den Himmel.
    Direkt hinter der Burgruine teilte sich der Schotterweg, und er hielt sich links. Obwohl er den Weg vorher noch nie gefahren war, wußte er, daß er richtig war. Es war fast zehn Jahre her, daß ihm der Weg beschrieben worden war, aber er erinnerte sich noch an jedes Detail. Sein Gehirn schien für Landschaften und Wege programmiert zu sein.
    Nach ungefähr einem Kilometer wurde die Straße ziemlich schlecht. Er kroch voran und fragte sich, wie es für große Transportfahrzeuge überhaupt möglich war, hier vorwärts zu kommen.
    Der Weg fiel plötzlich steil nach unten ab, und vor ihm breitete sich ein großes Anwesen mit ausgedehnten Stallungen aus. Er fuhr auf den großen Hof und hielt an. Als er ausstieg, hörte er eine Schar Krähen über seinem Kopf.
    Der Hof wirkte eigenartig verlassen. Eine Stalltür schlug im Wind, und einen kurzen Augenblick lang fragte er sich, ob er nicht doch falsch gefahren war.
    Diese Einsamkeit, dachte er. Der schonische Winter mit seinen kreischenden, schwarzen Vogelscharen.
    |74| Der Lehm, der unter den Schuhen klebt.
    Aus einer der Stalltüren kam

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