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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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trotzdem zu einem Entschluß durchgerungen. Er fuhr zum |249| Polizeipräsidium, nahm an einer trostlosen Gewerkschaftsversammlung teil und ging anschließend zu Björk.
    »Ich wollte fragen, ob ich ein paar Überstunden abfeiern kann«, begann er.
    Björk betrachtete ihn mit einer Mischung aus Neid und tiefem Verständnis.
    »Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen«, antwortete er düster. »Ich habe gerade ein langes Rundschreiben von der Landespolizeileitung gelesen. Ich habe mir vorgestellt, daß alle meine Kollegen im ganzen Land dasselbe gemacht haben, jeder von ihnen über seinen Schreibtisch gebeugt. Ich habe es gelesen und kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ich den Sinn des Rundschreibens nicht verstanden habe. Man erwartet von uns, daß wir zu früheren Schreiben, die große Umstrukturierung betreffend, Stellung beziehen. Aber ich habe keine Ahnung, auf welches Schreiben dieser Rundbrief anspielt.«
    »Nimm dir frei«, schlug Wallander vor.
    Björk schob unwirsch ein vor ihm liegendes Blatt zur Seite.
    »Das ist völlig ausgeschlossen«, antwortete er. »Ich bekomme erst frei, wenn ich mich pensionieren lasse. Falls ich überhaupt so lange lebe. Aber es wäre wirklich zu dumm, wenn ich auf meinem Posten tot umfallen würde. Du wolltest Urlaub haben?«
    »Ich hatte vor, in den Alpen eine Woche Ski zu fahren. Außerdem ist das vorteilhaft im Hinblick auf den Dienstplan an Mittsommer. Ich kann dann arbeiten und werde nicht vor Ende Juli Urlaub nehmen.«
    Björk nickte.
    »Hast du wirklich noch was bekommen? Ich dachte, um diese Jahreszeit wäre alles ausgebucht?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    Björk hob fragend die Augenbrauen.
    »Das klingt sehr improvisiert?«
    »Ich fahre mit dem Auto in die Alpen. Ich mag keine Pauschalreisen.«
    |250| »Wer tut das schon?«
    Björk betrachtete ihn plötzlich mit dem formellen Gesichtsausdruck, den er aufsetzte, wenn er es für angebracht hielt, den Chef herauszukehren.
    »Welche Fälle hast du im Moment auf deinem Tisch?«
    »Es ist ungewöhnlich wenig. Die Körperverletzung draußen in Svarte ist die dringendste Angelegenheit. Aber die kann auch ein anderer übernehmen.«
    »Ab wann willst du frei haben? Ab heute?«
    »Donnerstag reicht.«
    »Wie lange hattest du vor, frei zu nehmen?«
    »Ich habe ausgerechnet, daß mir zehn Tage zustehen.«
    Björk nickte und machte sich eine Notiz.
    »Ich glaube, es ist klug von dir, Urlaub zu nehmen«, meinte er. »Du hast in der letzten Zeit etwas überarbeitet ausgesehen.«
    »Das kann man wohl sagen«, antwortete Wallander und verließ das Zimmer. Den Rest des Tages arbeitete er an dem Fall von Körperverletzung. Er erledigte eine Reihe von Telefonaten und beantwortete eine Anfrage der Bank über eine Abweichung auf seinem Gehaltskonto. Während er arbeitete, wartete er darauf, daß etwas anderes eintreffen würde. Er schlug das Telefonbuch von Stockholm auf und fand mehrere Personen mit dem Namen Lippman. Aber im Branchenbuch gab es keine Eintragung unter »Lippmans Blumen«.
    Um kurz nach fünf räumte er seinen Schreibtisch auf und fuhr nach Hause. Er machte noch einen Abstecher, hielt an einem neueröffneten Möbelhaus und ging hinein, um sich einen Ledersessel anzusehen, den er gerne haben wollte. Aber der Preis schreckte ihn ab. In einem Lebensmittelgeschäft an der Hamngatan kaufte er Kartoffeln und ein Stück Schweinebauch. An der Kasse lächelte ihm die junge Kassiererin freundlich zu, und er erinnerte sich, daß er letztes Jahr einen Tag damit verbracht hatte, einen Mann zu finden, der das Geschäft überfallen hatte. Er fuhr nach Hause, kochte das Abendessen und setzte sich damit vor den Fernseher.
     
    |251| Um kurz nach neun nahmen sie Verbindung mit ihm auf.
    Das Telefon klingelte, und ein Mann, der mit ausländischem Akzent sprach, bat ihn, zu der Pizzeria zu kommen, die schräg gegenüber dem Hotel »Continental« lag. Wallander, der die ganze Heimlichtuerei plötzlich satt hatte, bat den Mann, seinen Namen zu nennen.
    »Ich habe allen Grund, mißtrauisch zu sein«, erklärte er. »Ich will wissen, worauf ich mich einlasse.«
    »Mein Name ist Joseph Lippman. Ich habe Ihnen einen Brief geschrieben.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich betreibe ein kleines Unternehmen.«
    »Eine Gärtnerei?«
    »So kann man es vielleicht nennen.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich glaube, daß ich mich in dem Brief recht klar ausgedrückt habe.« Wallander entschloß sich, das Gespräch zu beenden, da er sowieso keine Antworten

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