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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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erinnerst, der nicht sein Feind war.«
    Sie dachte nach, und er ließ ihr Zeit. Sein ganzer Plan hing davon ab, daß es zumindest jemanden gegeben hatte, dem der Major nicht mißtraut hatte.
    »Er hat ein paarmal von Mikelis gesprochen«, sagte sie |307| nachdenklich. »Einem jungen Sergeant, der nicht so sei wie die anderen. Aber ich weiß nichts über ihn.«
    »Etwas mehr wirst du doch wohl wissen? Warum hat Karlis von ihm gesprochen?«
    Sie hatte sich aufgerichtet und sich die Kissen in den Rücken geschoben, und er sah, wie angestrengt sie nachdachte.
    »Karlis erzählte immer davon, wie sehr ihn die Gleichgültigkeit seiner Kollegen erschreckte«, fing sie an. »Wie kaltblütig sie reagierten. Mikelis war da eine Ausnahme. Ich glaube, er mußte zusammen mit Karlis einmal einen armen Mann, der eine große Familie hatte, verhaften. Hinterher hat er dann plötzlich zu Karlis gesagt, daß er es widerlich fand. Ich glaube, daß Karlis auch noch in einem anderen Zusammenhang von Mikelis gesprochen hat, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern.«
    »Wann war das?«
    »Das ist noch nicht so lange her.«
    »Versuche, dich genau zu erinnern. War es vor einem Jahr?«
    »Nein, so lange nicht. Es kann noch kein Jahr her sein.«
    »Mikelis muß doch im gleichen Dezernat wie Karlis sein, wenn er mit ihm zusammengearbeitet hat?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es muß so sein. Du wirst Mikelis anrufen und ihm sagen, daß du ihn treffen mußt.«
    Sie sah ihn erschreckt an.
    »Er wird mich verhaften lassen.«
    »Du wirst ihm nicht sagen, daß du Baiba Liepa bist. Du wirst ihm nur sagen, daß du ihm etwas anvertrauen willst, was für seine Karriere förderlich ist. Aber du verlangst, dabei anonym bleiben zu können.«
    »Die Polizisten in Lettland sind nicht so leicht hereinzulegen.«
    »Du mußt überzeugend wirken. Du darfst dich nicht abwimmeln lassen.«
    »Aber was soll ich denn sagen?«
    |308| »Ich weiß es nicht. Wir müssen uns gemeinsam etwas ausdenken. Was ist für einen lettischen Polizisten die größte Versuchung?«
    »Geld.«
    »Devisen?«
    »Für amerikanische Dollar wären in unserem Land viele bereit, ihre eigene Großmutter zu verkaufen.«
    »Du wirst ihm sagen, daß du ein paar Leute kennst, die massenhaft amerikanische Dollar haben.«
    »Er wird fragen, wie sie an die gekommen sind.«
    Wallander dachte fieberhaft nach. Er erinnerte sich an etwas, was neulich daheim in Schweden geschehen war.
    »Du wirst Mikelis anrufen und ihm folgendes sagen: Du kennst zwei Letten, die einen Raubüberfall auf eine Bank in Stockholm verübt und dabei eine große Summe an Devisen erbeutet haben, größtenteils amerikanische Dollar. Sie haben eine Wechselstube auf dem Stockholmer Hauptbahnhof ausgeraubt, und die schwedische Polizei hat das Ganze niemals aufklären können. Jetzt sind sie in Lettland und haben die Devisen dabei. Genau das wirst du ihm sagen.«
    »Er wird fragen, wer ich bin und woher ich das weiß.«
    »Du behauptest, die Ex-Geliebte von einem der Bankräuber zu sein, er habe jetzt eine neue. Du willst dich rächen. Aber du hast Angst vor ihnen und wagst nicht, deinen Namen zu nennen.«
    »Ich kann so schlecht lügen.«
    Plötzlich wurde er wütend.
    »Dann mußt du es eben lernen. Jetzt, sofort. Dieser Mikelis ist unsere einzige Chance, an das Archiv heranzukommen. Ich habe einen Plan, und er läßt sich vielleicht sogar durchführen. Solange du selbst keine Vorschläge hast, muß ich eben welche machen.«
    Er stand vom Bett auf.
    »Wir fahren jetzt nach Riga zurück. Im Auto werde ich dir erzählen, wie ich mir das Ganze gedacht habe.«
    |309| »Soll Mikelis nach Karlis’ Aufzeichnungen suchen?«
    »Nein, nicht Mikelis«, antwortete er ernst. »Das werde ich selbst tun. Aber Mikelis soll mich in das Polizeihauptquartier einschleusen.«
     
    Sie waren nach Riga zurückgekehrt, und Baiba hatte von einem Postamt aus angerufen und Erfolg mit ihrer Lüge gehabt.
    Anschließend waren sie zu den Markthallen gefahren. Baiba hatte ihn angewiesen, in einer hangargroßen Halle, in der Fisch verkauft wurde, auf sie zu warten. Von dort aus sah er sie im Gewimmel verschwinden, und er dachte, daß er sie nie wiedersehen würde. Aber wie abgemacht hatte sie Mikelis in der Fleischhalle getroffen. Die beiden waren zwischen den Ständen herumgelaufen, hatten sich das Fleisch angeschaut und miteinander geredet. Sie hatte erzählt, daß es keine Bankräuber und auch keine amerikanischen Dollar gab. Auf dem Rückweg nach Riga hatte

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