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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Ihre Theorie?« fragte Wallander, als sie auf dem Rücksitz von Murniers’ Wagen saßen, der größer und bequemer war als der, den man Wallander zur Verfügung gestellt hatte. »Sie müssen sich doch Gedanken gemacht haben, sowohl Sie als auch Oberst Putnis.«
    |132| »Rauschgift«, antwortete Murniers mit Nachdruck. »Wir wissen, daß sich die führenden Köpfe des Drogenhandels ganze Armeen von Leibwächtern halten. Diese Leibwachen rekrutieren sich fast immer aus Süchtigen, die bereit sind, für ihre tägliche Dosis alles zu tun. Vielleicht war Major Liepa den Köpfen dieser Organisation allzu aufdringlich geworden?«
    »War er das?«
    »Nein. Träfe das zu, hätten mindestens zehn höhere Offiziere der Rigaer Polizei vor Major Liepa auf der Todesliste stehen müssen. Das Merkwürdige ist, daß Major Liepa nie zuvor mit Rauschgiftverbrechen zu tun hatte. Es war reiner Zufall, daß wir gerade ihn für die Fahrt nach Schweden am geeignetsten hielten.«
    »Für welche Ermittlungen war Major Liepa zuständig?«
    Murniers sah geistesabwesend zum Fenster hinaus, als er antwortete.
    »Er war eigentlich in allen Bereichen sehr geschickt. Neulich hatten wir einige Raubmorde in Riga. Major Liepa löste alle Fälle brillant und verhaftete die Täter. Er wurde oft hinzugezogen, wenn andere, mindestens ebenso erfahrene Ermittler nicht mehr weiterkamen.«
    Sie saßen schweigend da, während der Dienstwagen an einer roten Ampel wartete. Wallander betrachtete eine Gruppe frierender Menschen, die an einer Bushaltestelle warteten. Er malte sich aus, daß niemals ein Bus kommen und seine Türen für sie öffnen würde.
    »Rauschgift«, sagte er. »Für uns in der westlichen Welt ist das ein altes Problem, für Sie ein neues.«
    »Nicht ganz neu«, wandte Murniers ein. »Aber der heutige Umfang ist neu. Die offenen Grenzen haben ungeahnte Geschäftsmöglichkeiten und Märkte geschaffen. Ich muß zugeben, daß wir uns oft machtlos fühlen. Wir werden die Zusammenarbeit mit der westlichen Polizei ausdehnen müssen, da ein großer Teil des Lettland passierenden Rauschgifts für die Märkte im Westen bestimmt ist. Die harten Währungen sind |133| verlockend. Uns ist klar, daß Schweden einer der Märkte ist, dem das Hauptinteresse der lettischen Rauschgiftringe gilt. Die Gründe liegen auf der Hand: Es sind nicht allzu viele Seemeilen von Ventspils bis zur schwedischen Küste. Außerdem ist die schwedische Küstenlinie lang und damit nur schwer zu überwachen. Man könnte es als einen klassischen Schmuggelpfad bezeichnen, der wieder geöffnet worden ist. Früher ist auf diesem Weg Alkohol geschmuggelt worden.«
    »Erzählen Sie mehr«, forderte Wallander ihn auf. »Wo wird das Rauschgift hergestellt? Wer steckt dahinter?«
    »Sie müssen wissen, daß Sie sich in einem verarmten Land befinden«, erklärte Murniers. »Genauso arm und verfallen wie unsere Nachbarländer. Jahrzehntelang lebten wir wie in einem Käfig und haben die Reichtümer der westlichen Welt nur von weitem betrachten können. Jetzt ist plötzlich all das zugänglich. Aber nur unter einer Bedingung: Man braucht Geld, viel Geld. Für Menschen, denen jedes Mittel recht ist, die überhaupt keine Moral haben, ist Rauschgift der schnellste Weg, um an das nötige Geld heranzukommen. Als Sie uns geholfen haben, unsere Mauern einzureißen und die Tore der Länder zu öffnen, in denen die Menschen eingesperrt lebten, öffneten Sie gleichzeitig die Schleusen für eine Sturmflut des Hungers. Hunger nach all dem, was wir zwar aus der Ferne betrachten konnten, das uns aber verboten oder unzugänglich war. Und wir wissen nicht, wie die Zukunft aussehen wird.«
    Murniers beugte sich vor und sagte etwas zu dem Fahrer, der daraufhin sofort bremste und den Wagen vor einer Häuserfront zum Stehen brachte.
    Murniers zeigte auf eine Fassade.
    »Einschußlöcher«, sagte er. »Ungefähr einen Monat alt.«
    Wallander beugte sich vor, um besser sehen zu können. Die Wand war mit Einschußlöchern übersät.
    »Was ist das für ein Gebäude?« fragte er.
    »Eines unserer Ministerien«, antwortete Murniers. »Ich zeige Ihnen das, damit Sie verstehen, daß unsere Zukunft |134| ungewiß ist. Werden wir mehr Freiheit haben? Oder weniger? Wird sie uns vielleicht ganz genommen? Das wissen wir nicht. Sie müssen verstehen, Kommissar Wallander, daß Sie sich in einem Land befinden, in dem noch nichts entschieden ist.«
    Sie fuhren weiter und bogen auf ein weitläufiges Hafengelände ab. Wallander

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