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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Miranda war mit ihm allein, und sie gab ihm die Antworten, die er erwartete. Dann gingen sie zu Bett. Sein Körper war so heiß, wie es nur der eines Frierenden sein kann. Der nächste Tag war Sonntag. Da sie nicht zusammen gesehen werden konnten, machten sie ihren Spaziergang innerhalb der vier Wände des Hauses, gingen umher, umeinander herum, aßen und saßen schweigend. Matilda floh wie gewöhnlich, sobald sie konnte, und kehrte erst nach seiner Abfahrt zurück. Erst am Montag würde wieder alles seinen gewohnten Lauf nehmen.
     
    Als er eingeschlafen war und seine Atemzüge ruhig und regelmäßig klangen, stand sie vorsichtig auf. Sie hatte gelernt, sich im Schlafzimmer lautlos zu bewegen. Sie ging in die Küche, ließ aber die Tür offenstehen, so daß sie kontrollieren konnte, ob er aufwachte. Ein Glas Wasser, das sie sich bereits vorher hatte einlaufen lassen, wäre ihre Erklärung, sollte er aufwachen und sich über ihre Abwesenheit wundern.
    Wie immer hatte sie seine Kleider über einen Stuhl in der Küche gehängt. Dieser stand so, daß er vom Schlafzimmer aus nicht gesehen werden konnte. Er hatte sie einmal gefragt, warum sie seine Sachen immer in der Küche und nie im Schlafzimmer ließ. Sie hatte ihm weisgemacht, sie wolle sie jeden Morgen ausbürsten, bevor er sich ankleidete.
    Vorsichtig durchsuchte sie seine Taschen. Sie wußte, daß er die Brieftasche für gewöhnlich in der linken Innentasche des |299| Jacketts und die Schlüssel in der rechten Hosentasche trug. Die Pistole, die er immer in Reichweite hatte, lag auf dem Nachttisch.
    Meistens fand sie nicht mehr in seinen Taschen. Aber gerade an diesem Abend war da ein Zettel, auf dem etwas geschrieben stand, in der Handschrift, die sie als seine erkannte. Das Schlafzimmer im Blick behaltend, prägte sie sich schnell ein, was er da notiert hatte.
    Kapstadt, las sie.
    12.   Juni.
    Entfernung zum Platz? Windverhältnisse? Wege?
    Sie verstaute das Papier wieder so, wie sie es gefunden hatte.
    Was die Worte auf dem Zettel bedeuteten, konnte sie nicht verstehen. Aber sie würde trotzdem so verfahren, wie sie es versprochen hatte zu tun, sollte sie etwas in Jan Kleyns Taschen finden. Sie würde alles dem Mann berichten, den sie immer am Tag nach dem Besuch Jan Kleyns traf. Zusammen mit ihren Freunden würden sie versuchen herauszufinden, was die Worte bedeuteten.
    Sie trank das Wasser und ging wieder zu Bett.
    Es kam vor, daß er im Schlaf redete. Es geschah fast immer innerhalb der Stunde, nachdem er eingeschlafen war. Sogar diese Worte, die er mal murmelte, mal schrie, merkte sie sich und gab sie am Tag danach an den Mann weiter. Sie würde sich alles, woran sie sich erinnern konnte, notieren, auch alles andere, was während des Besuchs Jan Kleyns geschah. Manchmal erzählte er, woher er kam, manchmal auch, wohin er anschließend fahren würde. Aber meistens sagte er nichts. Niemals hatte er bewußt oder aus Versehen etwas über seine Arbeit im Nachrichtendienst preisgegeben.
    Vor langer Zeit hatte er einmal erwähnt, er sei als Bürodirektor in der Justizverwaltung in Pretoria beschäftigt.
    Dann, als sich der Mann, der Informationen haben wollte, bei ihr gemeldet und ihr klargemacht hatte, daß Jan Kleyn für die Geheimpolizei des Landes arbeitete, war ihr eingeschärft worden, niemals verlauten zu lassen, daß sie wußte, womit er sich beschäftigte.
    |300| Jan Kleyn verließ ihr Haus am Sonntag abend. Miranda winkte ihm nach, als er abfuhr.
    Seine letzten Worte waren, daß er am späten Nachmittag des nächsten Freitag wiederkommen würde.
    Er saß im Auto und dachte an die kommende Woche. Der Plan nahm endlich Konturen an. Er hatte alles unter Kontrolle.
    Was er jedoch nicht wußte, war, daß Victor Mabasha noch lebte.
     
    Am Abend des 12.   Mai, exakt einen Monat bevor er das Attentat auf Nelson Mandela verüben sollte, flog Sikosi Tsiki mit der regulären Maschine der KLM von Johannesburg nach Amsterdam. Wie Victor Mabasha hatte auch Sikosi Tsiki lange darüber nachgedacht, wer sein Opfer wäre. Im Gegensatz zu Victor Mabasha war er jedoch nicht zu der Überzeugung gelangt, es müsse sich um Präsident de Klerk handeln.
    Er ließ die Frage schließlich offen.
    Daß es um Nelson Mandela gehen könnte, war ihm überhaupt nicht in den Sinn gekommen.
    Am Mittwoch, dem 13.   Mai, kurz nach sechs Uhr abends, legte ein Fischerboot am Kai von Limham an.
    Sikosi Tsiki sprang an Land. Das Boot wendete sofort und nahm Kurs zurück nach Dänemark.
    Am

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