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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die unten bei dem Mädchen gewesen war, hatte mitgeteilt, daß es schlief. An diesem Abend fühlte er sich zum erstenmal seit langem richtig zufrieden. Er hatte Kontakt zu Wallander aufgenommen und im Austausch gegen die unversehrte Tochter einen Geleitbrief gefordert. Wallander würde ihm eine Woche Vorsprung gewähren und dafür sorgen, daß die Ermittlungen der Polizei in die falsche Richtung liefen. Da Konovalenko beabsichtigte, unmittelbar nach Stockholm zurückzukehren, sollte Wallander veranlassen, daß man ihn in Südschweden suchte.
    Aber nichts davon war natürlich wahr. Konovalenko plante, sowohl ihn als auch das Mädchen zu erschießen. Er fragte sich, ob Wallander ihm wirklich glaubte. In diesem Falle verwandelte er sich in den Polizisten zurück, den Konovalenko zunächst vor sich zu haben glaubte: einen naiven Provinzbullen. Aber er dachte nicht daran, den Fehler zu begehen, Wallander ein weiteres Mal zu unterschätzen.
    Tagsüber hatte er sich viele Stunden mit Sikosi Tsiki beschäftigt. |444| Genauso, wie er auch Victor Mabasha vorbereitet hatte, war er mit ihm eine Reihe von verschiedenen denkbaren Varianten des Attentats durchgegangen. Sikosi Tsiki kam ihm aufgeweckter vor als Victor Mabasha. Außerdem schienen ihn die flüchtigen, jedoch unzweideutigen rassistischen Anspielungen kaltzulassen, die Konovalenko sich nicht verkneifen konnte. Er nahm sich vor, ihn in den nächsten Tagen schärfer zu provozieren, um die Grenze seiner Selbstkontrolle ablesen zu können.
    Es gab etwas, was Sikosi Tsiki und Victor Mabasha gemeinsam hatten. Konovalenko vermutete fast, daß es in der Natur der Afrikaner lag. Er dachte an ihre Verschlossenheit, die es unmöglich machte zu ahnen, was sie dachten. Das irritierte ihn. Er war es gewohnt, Menschen sofort zu durchschauen, sich in ihre Gedanken hineinversetzen zu können und dadurch selbst die Möglichkeit zu haben, ihren Reaktionen zuvorzukommen.
    Er betrachtete den schwarzen Mann, der mit seinem eigentümlich gebogenen Messer soeben eine Maus in einer Ecke des Zimmers aufgespießt hatte. Er wird seine Sache gut machen, dachte Konovalenko. Noch ein paar Tage Planung und Waffentraining, dann kann er zurückkehren. Er wird meine Eintrittskarte nach Südafrika sein.
    Sikosi Tsiki stand auf und griff nach dem Messer mit der aufgespießten Maus. Dann ging er hinaus in die Küche, ließ das Tier in eine Mülltüte fallen und wischte die Klinge ab.
    Konovalenko beobachtete ihn, wobei er ab und zu einen kleinen Schluck Wodka aus seinem Glas trank. »Ein Messer mit einer gebogenen Klinge«, sagte er. »So eines habe ich noch nie gesehen.«
    »Meine Vorfahren stellen solche Messer seit mehr als tausend Jahren her«, sagte Sikosi Tsiki.
    »Mit gebogener Klinge? Warum?«
    »Das weiß niemand, das ist immer noch ein Geheimnis. Wenn es verraten wird, verliert das Messer seine Kraft.«
    Kurz darauf verschwand er in sein Zimmer. Konovalenko irritierte die rätselhafte Antwort, die er erhalten hatte. Er hörte, wie Sikosi Tsiki hinter sich abschloß.
    Nun war Konovalenko allein. Er ging herum und löschte alle |445| Lampen außer der am Telefon. Er schaute auf die Uhr. Halb eins. Bald würde er Jan Kleyn anrufen. Er lauschte zum Keller hin. Kein Laut. Dann goß er sich noch ein Glas Wodka ein. Er würde es nicht anrühren, bis er mit Jan Kleyn gesprochen hatte.
    Das Gespräch mit Südafrika wurde kurz.
    Jan Kleyn hörte sich Konovalenkos Versprechen an, daß es mit Sikosi Tsiki keine Probleme geben würde. An seiner mentalen Stabilität war nicht zu zweifeln. Dann gab Jan Kleyn seine Anweisungen. Er wollte, daß Sikosi Tsiki innerhalb der nächsten sieben Tage nach Südafrika zurückkehrte. Konovalenkos Aufgabe war es, sich sofort um die Ausreise aus Schweden zu kümmern und für die Buchung der Rückreise und deren Bestätigung zu sorgen. Konovalenko wurde das Gefühl nicht los, daß Jan Kleyn es eilig hatte, daß er irgendwie unter Druck stand. Er konnte natürlich nicht beurteilen, ob es wirklich so war. Aber es reichte aus, ihn davon abzubringen, seine eigene Ausreise nach Südafrika zu erwähnen. Das Gespräch wurde beendet, ohne daß er ein einziges Wort über die Zukunft verloren hatte. Danach war er mißgestimmt. Er kippte den Wodka hinunter und überlegte, ob Jan Kleyn ihn vielleicht betrügen wollte. Aber er verwarf den Gedanken. Außerdem war er davon überzeugt, daß sein Können und seine Erfahrungen in Südafrika wirklich gebraucht wurden. Er trank noch ein Glas Wodka

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