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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Vorhängeschloß und wickelte vorsichtig die Kette ab.
    Im selben Augenblick merkte sie, daß Konovalenkos Schnarchen aufgehört hatte. Sie hielt den Atem an. Es kam wieder. Schnell erhob sie sich, streckte sich nach der Luke und klappte sie zu. Das Mädchen hatte begriffen. Es setzte sich auf und verhielt sich ruhig. Aber seine Augen funkelten.
    Plötzlich glaubte Tania, daß ihr Herzschlag stockte. Sie hörte oben in der Küche Schritte. Jemand lief dort umher. Die Schritte blieben stehen. Jetzt macht er die Luke auf, dachte sie und schloß die Augen. Er hat mich trotz allem gehört.
    Das Klirren einer Flasche befreite sie. Konovalenko war aufgestanden, um noch ein Glas Wodka zu trinken. Die Schritte entfernten sich. Tania strahlte ihr Gesicht mit der Taschenlampe an und versuchte zu lächeln. Dann nahm sie die Hand des Mädchens |448| und hielt sie, während sie wartete. Nach zehn Minuten öffnete sie vorsichtig die Luke. Konovalenko hatte wieder zu schnarchen begonnen. Sie erklärte dem Mädchen, was sie geplant hatte. Sie würden sich lautlos zur Haustür schleichen. Tania hatte vorsorglich das Schloß geschmiert. Sie glaubte, es geräuschlos öffnen zu können. Wenn es gutging, würden sie dann gemeinsam vom Hof fliehen. Sollte jedoch etwas schiefgehen, sollte Konovalenko aufwachen, würde Tania einfach die Tür aufreißen, und sie müßten dann jede für sich sehen, wie sie davonkamen, möglichst in verschiedene Richtungen. Hatte sie verstanden? Rennen, einfach nur rennen. Draußen war es diesig; das erleichterte die Flucht. Aber sie sollte nur immer weiterrennen und sich nicht umschauen. Falls sie ein Haus erreichte oder einem Auto begegnete, sollte sie sich zu erkennen geben. Aber vor allem mußte sie um ihr Leben rennen.
    Hatte sie verstanden? Tania glaubte es. Ihre Augen lebten, sie konnte ihre Beine bewegen, wenn sie auch unsicher und schwach war. Tania lauschte wieder. Dann nickte sie dem Mädchen zu. Sie würden fliehen. Tania kletterte zuerst hinauf, lauschte noch einmal und streckte dann die Hand hinunter. Das Mädchen hatte es plötzlich eilig, und Tania mußte sie bremsen, damit die Stufen nicht knackten. Vorsichtig kletterte das Mädchen auf den Küchenfußboden. Es blinzelte, obwohl das Licht sehr schwach war. Sie ist ja fast blind, dachte Tania und hielt sie am Arm. Konovalenko schnarchte. Dann schlichen sie durch den Flur zur Tür ins Freie, Schritt für Schritt und mit aller Vorsicht. Flur und Diele waren durch einen Vorhang getrennt. Unendlich vorsichtig zog Tania ihn zur Seite, während das Mädchen an ihrem Arm hing. Dann waren sie an der Tür. Tania merkte, daß sie völlig durchgeschwitzt war. Ihre Hände zitterten, als sie nach dem Schlüssel griff. Gleichzeitig fing sie an zu hoffen, daß es gelingen möge. Sie drehte den Schlüssel. Es gab einen Punkt, an dem sie nicht zu schnell drehen durfte. Sie spürte diesen Widerstand und drehte den Schlüssel so vorsichtig wie möglich weiter. Dann hatte sie den kritischen Punkt überwunden, und kein Laut war zu hören gewesen. Sie nickte dem Mädchen zu und öffnete die Tür.
    |449| Im selben Augenblick vernahm sie hinter sich ein Geräusch. Sie erstarrte und drehte sich um. Es war nur das Mädchen, das einen Garderobenständer umgerissen hatte. Tania mußte nicht lange lauschen, um zu begreifen, was nun geschehen würde. Sie riß die Tür auf, stieß das Mädchen hinaus in Regen und Nebel und rief ihr zu, loszulaufen. Das Mädchen schien zuerst verwirrt. Aber Tania knuffte sie in die Seite, und sie rannte los. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann war sie in all dem Grau verschwunden.
    Tania wußte, daß es für sie schon zu spät war. Aber dennoch wollte sie es versuchen. Vor allem wollte sie sich nicht umschauen. Sie wandte sich in die entgegengesetzte Richtung, versuchte, Konovalenko trotz allem abzulenken, ihn noch für einige kostbare Sekunden von der Spur des Mädchens abzubringen.
    Tania hatte die Mitte des Hofes erreicht, als Konovalenko sie einholte. »Was tust du?« rief er. »Bist du krank?«
    Da begriff sie, daß Konovalenko noch nicht gemerkt hatte, daß die Falltür offenstand. Erst wenn er ins Haus zurückkehrte, würde er feststellen, was geschehen war. Der Vorsprung des Mädchens konnte ausreichen. Konovalenko würde sie nicht mehr einholen.
    Tania spürte plötzlich lähmende Müdigkeit.
    Aber sie wußte, daß das, was sie getan hatte, richtig war.
    »Ich fühl mich nicht gut«, sagte sie und tat so, als ob ihr übel

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