Wallander 03 - Die weisse Löwin
Gummistiefel.
Inzwischen war Mitternacht vorbei. Immer noch gab es keine Spur von Louise Åkerblom.
Viertel vor zwei in der Nacht stiegen die Taucher aus dem Wasser. »Mehr ist nicht zu finden«, sagte einer von ihnen. »Aber wir können das Ganze morgen noch einmal wiederholen, wenn ihr glaubt, daß es etwas bringt.«
»Nein«, sagte Wallander. »Sie ist nicht hier.«
Sie wechselten noch ein paar Worte und fuhren dann nach Hause, jeder in seine Richtung.
Wallander trank ein Bier und aß ein paar Zwiebäcke. Er war so müde, daß er nicht mehr denken konnte. Er legte sich angezogen aufs Bett und zog eine Decke über sich.
Am Mittwoch, dem 29. April, war Wallander um halb acht wieder im Polizeigebäude.
Ein Gedanke hatte ihn beschäftigt, als er im Auto saß. Er suchte sich die Telefonnummer Pastor Turesons heraus. Der war selbst am Apparat. Wallander entschuldigte sich für den zeitigen Anruf. Dann bat er um ein Treffen im Laufe des Tages.
»Geht es um etwas Besonderes?« fragte Tureson.
»Nein«, antwortete Wallander. »Es sind nur ein paar Fragen, auf die ich gern eine Antwort hätte. Alles kann von Bedeutung sein.«
»Ich habe den Lokalsender gehört«, sagte Tureson. »Und ich habe die Zeitungen gesehen. Gibt es Neuigkeiten?«
»Sie ist immer noch verschwunden«, antwortete Wallander. »Leider darf ich aus ermittlungstechnischen Gründen nicht allzuviel über unsere Ergebnisse verraten.«
|87| »Ich verstehe«, sagte Tureson. »Ich hätte nicht fragen sollen. Aber ich bin natürlich beunruhigt über Louises Verschwinden.«
Sie verabredeten, daß sie sich um elf in den Räumen der Methodistenkirche treffen würden.
Wallander legte den Hörer auf und ging in Björks Zimmer. Svedberg saß da und gähnte, während Martinsson an Björks Apparat telefonierte. Björk trommelte mit den Fingern nervös auf dem Tisch herum.
Mit einer Grimasse legte Martinsson den Hörer auf. »Die ersten Hinweise treffen ein«, sagte er. »Bisher scheint nichts Brauchbares dabei zu sein. Aber einer hat angerufen und steif und fest behauptet, er habe Louise Åkerblom letzten Donnerstag auf dem Flugplatz von Las Palmas gesehen. Also am Tag, bevor sie verschwand.«
»Fangen wir jetzt an«, unterbrach ihn Björk. Der Polizeichef hatte in dieser Nacht offensichtlich schlecht geschlafen. Er wirkte müde und zerstreut.
»Wir machen weiter, wo wir gestern aufgehört haben«, sagte Wallander. »Der Wagen muß gründlich untersucht, die Anrufe müssen sofort nach Eintreffen bearbeitet werden. Ich fahre noch einmal zur Brandstelle hinaus und schaue, was die Techniker herausgefunden haben. Der Finger ist auf dem Weg zur kriminaltechnischen Untersuchung. Die Frage ist, ob wir die Öffentlichkeit informieren oder nicht.«
»Wir tun es«, sagte Björk unerwartet bestimmt. »Martinsson kann mir helfen, eine Pressemitteilung zu formulieren. Ich glaube, das wird ganz schön viel Unruhe in die Redaktionen bringen.«
»Besser, wenn Svedberg das übernimmt«, meinte Martinsson. »Ich bin dabei, fünfundzwanzigtausend schwedische Ärzte zu informieren. Plus eine unendliche Anzahl Kliniken und Unfallstationen. Das braucht Zeit.«
»Gut, in Ordnung«, sagte Björk. »Ich werde mich um diesen Rechtsanwalt in Värnamo kümmern. Wir sehen uns heute nachmittag, wenn nichts passiert.«
Wallander ging hinaus zu seinem Wagen. Es würde ein schöner Tag in Schonen werden. Er blieb stehen und sog die frische |88| Luft ein. Zum erstenmal in diesem Jahr hatte er das Gefühl, daß Frühling in der Luft lag.
Als er die Brandstelle erreichte, erwarteten ihn zwei Überraschungen.
Die Arbeit der Polizeitechniker war in den ersten Morgenstunden erfolgreich gewesen. Er traf auf Sven Nyberg, der erst vor einigen Monaten zur Polizei in Ystad gekommen war. Vorher hatte er in Malmö gearbeitet, aber nicht gezögert, als eine Stelle in Ystad frei wurde. Wallander hatte bisher nicht allzuviel mit ihm zu tun gehabt. Es hieß, Nyberg sei ein fähiger Spezialist für Tatortuntersuchungen. Daß er mürrisch und kontaktscheu war, hatte Wallander schon bemerkt.
»Ich glaube, du solltest dir ein paar Sachen ansehen«, sagte Nyberg.
Sie gingen zu einem kleinen Regenschutz, der zwischen vier Pfählen aufgespannt war.
Auf einer Plastikplane lagen einige verformte Metallteile.
»Eine Bombe?« fragte Wallander.
»Nein«, antwortete Nyberg. »Von der haben wir nicht einmal eine Spur gefunden. Aber das hier ist mindestens ebenso interessant. Was du hier siehst,
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