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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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reden wir später«, sagte Wallander. »Ich bin noch in einer anderen Sache hier.«
    »Was denn?«
    »Das Haus, das abgebrannt ist.«
    »Darüber weiß ich nichts«, sagte der Mann.
    Wallander merkte sofort, daß er unruhig wurde. »Worüber wissen Sie nichts?«
    Der Mann zündete sich mit zitternden Fingern eine zerknitterte Zigarette an. »Eigentlich bin ich Lackierer«, sagte er. »Aber ich halte es nicht mehr aus, jeden Morgen um sieben zur Arbeit zu gehen. So habe ich mir gedacht, ich vermiete die Bude, wenn jemand interessiert ist. Ich will das Haus ja sowieso verkauft haben. Aber die Familie macht Schwierigkeiten.«
    »Wer war interessiert?«
    »Jemand aus Stockholm. Er war in der Gegend herumgefahren und hatte gesucht. Dann hat er das Haus gesehen, und die Lage gefiel ihm. Ich frage mich immer noch, wie er mich gefunden hat.«
    »Wie hieß er?«
    »Er sagte, er heiße Nordström. Aber da habe ich mir so mein Teil gedacht.«
    »Wieso?«
    »Er sprach gut Schwedisch. Aber doch ein wenig gebrochen. Seit wann heißen Ausländer Nordström?«
    »Und er wollte also das Haus mieten?«
    »Ja. Und er bot einen guten Preis. Ich sollte zehntausend Kronen im Monat bekommen. Da kann man kaum ablehnen. Und keinem entsteht ein Schaden, dachte ich. Ich bekomme nicht viel dafür, daß ich mich um das Haus kümmere. Die anderen Erben und Holmgren in Värnamo müssen ja nichts erfahren.«
    »Für wie lange wollte er das Haus mieten?«
    »Er kam Anfang April. Er wollte es bis Ende Mai haben.«
    »Sagte er, wozu er es brauchte?«
    »Für Leute, die in Ruhe malen wollten.«
    »Malen?«
    Wallander dachte an seinen Vater.
    »Künstler also. Und er legte das Geld hier auf den Tisch. Klar, daß ich einverstanden war.«
    |129| »Wann trafen Sie ihn wieder?«
    »Nie.«
    »Nie?«
    »Das war gewissermaßen eine unausgesprochene Bedingung. Daß ich mich fernhalten würde. Und das tat ich ja auch. Er bekam die Schlüssel, und damit war alles klar.«
    »Haben Sie die Schlüssel zurückbekommen?«
    »Nein. Er sagte, er würde sie mit der Post schicken.«
    »Und Sie haben keine Adresse?«
    »Nein.«
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Er war furchtbar dick.«
    »Und weiter?«
    »Wie soll man einen dicken Mann beschreiben? Er hatte schütteres Haar, war rot und aufgedunsen und dick. Wie eine Tonne.«
    Wallander nickte. »Haben Sie von dem Geld noch etwas übrig?« fragte er und dachte dabei an Fingerabdrücke.
    »Nichts. Deshalb habe ich ja wieder mit dem Brennen angefangen.«
    »Wenn Sie von heute an damit aufhören, werde ich Sie nicht mit nach Ystad nehmen«, sagte Wallander.
    Alfred Hanson glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.
    »Ich meine, was ich sage. Aber ich werde kontrollieren, ob Sie wirklich aufhören. Und vernichten Sie alle Vorräte.«
    Der Mann saß sprachlos am Küchentisch, als Wallander ging.
    Dienstvergehen, dachte Wallander. Aber jetzt habe ich wirklich keine Zeit für Schwarzbrenner.
    Er fuhr nach Ystad zurück. Ohne zu wissen warum, fuhr er auf einen Parkplatz am Krageholmsjö. Er stieg aus und ging zum Ufer hinunter.
    Etwas an diesem Fall, an Louise Åkerbloms Tod, erschreckte ihn. Als ob das Ganze eigentlich gerade erst begonnen hätte.
    Ich habe Angst, dachte er. Es ist, als zeige der schwarze Finger direkt auf mich. Ich stecke in einer Sache, die ich nicht begreifen kann.
    Er setzte sich auf einen Stein, obwohl der feucht war. Plötzlich wurden Müdigkeit und Verdruß überwältigend.
    |130| Er schaute über den See und dachte, daß es eine grundlegende Übereinstimmung zwischen dem Fall, in dem er steckte, und seinen Gefühlen gab. Hier wie da ein einziges Durcheinander. Mit einem Seufzer, der ihm selbst etwas pathetisch vorkam, dachte er, daß sein Leben ebenso schieflief wie die Suche nach Louise Åkerbloms Mörder.
    Wie komme ich weiter? sagte er laut. Ich will es nicht mit rücksichtslosen, lebensverachtenden Mördern zu tun haben. Ich will mich nicht mit einer Gewalt befassen, die mir unbegreiflich sein wird, solange ich lebe. Vielleicht wird die nächste Generation Polizisten in diesem Land andere Erfahrungen haben und dadurch eine andere Beurteilung ihrer Arbeit gewinnen. Aber für mich ist es zu spät. Ich werde immer der sein, der ich bin. Ein einigermaßen tauglicher Polizist in einem mittelgroßen schwedischen Polizeidistrikt.
    Er stand auf und beobachtete eine Elster, die von einem Baumwipfel flatterte.
    Alle Fragen bleiben unbeantwortet, dachte er. Ich verbringe mein Leben damit, Täter zu ermitteln und

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