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Wallander 03 - Die weisse Löwin

Wallander 03 - Die weisse Löwin

Titel: Wallander 03 - Die weisse Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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fuhr er davon. Er rechnete damit, am späten Nachmittag in Stockholm zu sein.
    |179| An der Zufahrt zur E 14 standen zwei Polizeiwagen. Einen Moment lang fürchtete er, Victor Mabasha könnte ihrer beider Existenz preisgegeben haben. Aber die Polizisten reagierten nicht, als er vorüberfuhr.
     
    Am Dienstag morgen kurz vor sieben rief Jan Kleyn bei Franz Malan zu Hause an. »Wir müssen uns treffen«, sagte er kurz und knapp. »Das Komitee muß so schnell wie möglich zusammenkommen.«
    »Ist etwas passiert?« fragte Franz Malan.
    »Ja. Der erste Vogel taugte nicht. Wir müssen einen neuen auswählen.«

11
    Die Wohnung befand sich in einem Hochhaus in Hallunda.
    Es war am späten Dienstagabend, als Konovalenko vor dem Haus parkte. Er hatte sich auf dem Weg von Schonen Zeit gelassen. Auch wenn er es genoß, schnell zu fahren, und der starke BMW regelrecht dazu verführte, war er doch bestrebt gewesen, die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten nicht zu überschreiten. Vor Jönköping hatte er grimmig konstatiert, daß verschiedene Autofahrer von der Polizei an den Straßenrand gewinkt wurden. Da er von einigen von ihnen überholt worden war, nahm er an, daß sie in einer Radarkontrolle gelandet waren.
    Andererseits hatte Konovalenko für das schwedische Polizeikorps nicht besonders viel übrig. Er vermutete, daß das mit seiner Verachtung für die offene, demokratische schwedische Gesellschaft zusammenhing. Konovalenko mißtraute der Demokratie nicht nur, er haßte sie. Sie hatte ihn eines großen Teils seines Lebens beraubt. Auch wenn es lange dauern sollte und vielleicht nie gelingen würde, hatte er Leningrad sofort verlassen, als ihm klargeworden war, daß die alte, geschlossene Sowjetgesellschaft nicht mehr zu retten war. Der Todesstoß war der |180| mißglückte Putschversuch vom Herbst 1991 gewesen, als eine Anzahl führender Militärs und Politbüromitglieder des alten Stamms versucht hatte, das ehemalige hierarchische System zu restaurieren. Als der Mißerfolg jedoch abzusehen war, hatte Konovalenko sofort Fluchtpläne geschmiedet. In einer Demokratie, egal, wie sie aussah, würde er niemals leben können. Die Uniform, die er trug, seit er als zwanzigjähriger Rekrut beim KGB begonnen hatte, war ihm zur zweiten Haut geworden. Und die konnte er sich doch nicht selbst abziehen. Was würde darunter übrigbleiben?
    Mit seinen Gedanken stand er nicht allein. In den letzten Jahren, als der KGB harten Reformen ausgesetzt gewesen war, als man die Mauer in Berlin brutal beseitigt hatte, war es zwischen ihm und seinen Kollegen immer wieder zu Diskussionen gekommen, wie die Zukunft aussehen würde. Es gehörte zu den ungeschriebenen Regeln der Nachrichtendienste, sich der Verantwortung zu entziehen, wenn eine totalitäre Gesellschaft zusammenzubrechen begann. Allzu viele Menschen hatten unter dem KGB gelitten, zu viele Angehörige wollten ihre verschwundenen und getöteten Familienmitglieder rächen. Konovalenko hatte keine Lust, vor Gericht gezerrt zu werden, wie es nun mit den ehemaligen Kollegen von der Stasi im neuen Deutschland geschah. Er hatte eine Weltkarte an einer Wand seines Büros aufgehängt und sie stundenlang studiert. Widerwillig hatte er einsehen müssen, daß die Welt des späten zwanzigsten Jahrhunderts nicht richtig zu ihm paßte. Er konnte sich schwer vorstellen, in einer der brutalen, aber äußerst instabilen Diktaturen in Südamerika zu leben. Ebensowenig vertraute er den Diktatoren, die immer noch in einigen afrikanischen Staaten regierten. Dagegen hatte er die Möglichkeit durchaus erwogen, sich in einem fundamentalistisch gesteuerten arabischen Land eine Zukunft aufzubauen. Die islamische Religion war ihm teils gleichgültig, teils verhaßt. Aber er wußte, daß sich die Herrscher eine Polizei von sowohl offenem als auch geheimem Charakter hielten, und sie hatte weitreichende Befugnisse. Schließlich verwarf er auch diese Alternative. Er glaubte nicht, daß er sich an so fremde nationale Kulturen gewöhnen könnte, welches islamische |181| Land er auch wählte. Außerdem wollte er nicht auf seinen Wodka verzichten.
    Er hatte sogar darüber nachgedacht, seine Dienste irgendeinem internationalen Sicherheitsunternehmen anzubieten. Aber er fühlte sich zu unsicher; das war für ihn eine unbekannte Welt.
    Eigentlich blieb am Ende nur noch ein Land übrig: Südafrika. Er hatte gelesen, was er sich von der schwer zugänglichen Literatur über dieses Land hatte beschaffen können. Mit Hilfe der

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