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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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verschwinden.
    Er ging zu Fuß heim; unterwegs begann es zu regnen. Alles war Chaos, das Weltall hatte Risse bekommen, und am liebsten hätte er das Geschehene weggeschnitten. Aber an der Wirklichkeit kann man nicht herumschnippeln, und so hastete er durch den Regen und fragte sich, ob sein Vater je zurückkommen würde. Dann saß er die ganze Nacht im Atelier und wartete auf ihn; der Terpentingeruch versetzte ihn in einen Dämmerzustand. Jedesmal, wenn draußen ein Auto vorbeifuhr, rannte er hinaus. Endlich schlief er ein, auf dem Boden zusammengerollt, mit einer Leinwand zugedeckt.
    Als er erwachte, stand der Vater über ihn gebeugt. In einem Nasenloch steckte ein Stück Watte, das linke Auge war blau und zugeschwollen, sein Atem stank nach Alkohol. Der kleine Kurt setzte sich auf und schlang die Arme um ihn. »Sie haben nicht auf mich gehört. Ich sagte, ich hätte meinen Jungen dabei, aber sie hörten mir einfach nicht zu. Wie bist du heimgekommen?«
    Kurt berichtete, daß er den ganzen Weg zu Fuß im Regen zurückgelegt habe.
    |185| »Was passiert ist, tut mir leid«, sagte der Vater. »Aber ich wurde so wütend. Sie behaupteten etwas, was einfach nicht stimmt.«
    Der Vater griff nach einem Bild und hielt es vor das unversehrte Auge. Im Vordergrund war ein Auerhahn zu erkennen.
    »Ich wurde so wütend, weil die verdammten Idioten behaupteten, das sei ein Birkhahn. Sie sagten, ich hätte den Vogel so schlecht gemalt, daß man nicht erkennen könne, ob es nun ein Auer- oder ein Birkhahn sei. Klar, daß man da wütend wird. Das geht gegen meine Ehre.«
    »Das ist eindeutig ein Auerhahn«, bestätigte der kleine Kurt. »Das sieht doch jeder, daß das kein Birkhahn ist.«
    Der Vater lächelte ihn an. Zwei Schneidezähne waren ausgeschlagen. Das Lächeln ist kaputt, war es ihm durch den Kopf gegangen. Das Lächeln meines Vaters ist kaputt.
    Dann tranken sie Kaffee. Es hatte weiter geregnet, und der Zorn des Vaters über die Kränkung war langsam verraucht.
    »Die sind ja gar nicht fähig, einen Birkhahn von einem Auerhahn zu unterscheiden«, wiederholte er, wie eine Beschwörung oder ein Gebet. »Aber sie haben die Frechheit zu behaupten, ich könne einen Vogel nicht richtig malen.«
    An all das erinnerte sich Wallander, während er nach Simrishamn fuhr. Auch daran, daß die beiden Männer, Anton und der Pole, in den folgenden Jahren noch oft gekommen waren und Bilder gekauft hatten. Die Prügelei, die plötzlich aufflackernde Wut, die allzu vielen Gläser Cognac waren zu einer lustigen Episode geworden, über die man sich nachträglich amüsierte. Der Mann namens Anton hatte sogar die beiden Zähne für den Vater bezahlt. Freundschaft, dachte Wallander. Wichtiger als die Schlägerei war das, was sie verband, die Freundschaft zwischen den dubiosen Kunsthändlern und dem Mann, der sein ewiges Motiv malte, damit sie etwas zu verkaufen hatten.
    Er dachte an das Bild, das in der Wohnung in Helsingborg an der Wand hing. Er dachte an all die Wände, die er nicht gesehen hatte, an denen jedoch ebenfalls Landschaften mit Auerhahn |186| hingen, über denen die Sonne niemals untergehen würde.
    Zum ersten Mal meinte er zu verstehen, was ihm bisher nie klargeworden war: Sein Vater hatte sein ganzes Leben hindurch verhindert, daß die Sonne unterging. Davon hatte er gelebt, und es war inzwischen so etwas wie ein Vermächtnis. Wer seine Bilder aufhängte, konnte sehen, daß sich die Sonne einfangen ließ.
    Wallander erreichte Simrishamn, parkte vor dem Polizeigebäude und stürmte hinein. Hinter einem Tisch saß Torsten Lundström. Er würde in ein paar Jahren in Pension gehen, und Wallander kannte ihn als einen gemütlichen Mann, als einen Polizisten vom alten Stamm, der seinen Mitmenschen Freund und Helfer sein wollte. Lundström nickte Wallander zu und faltete die Zeitung zusammen.
    Wallander setzte sich auf einen Stuhl und schaute ihn erwartungsvoll an. »Nun erzähl schon, was ist los? Mein Vater ist im Schnapsladen in eine Prügelei geraten, mehr weiß ich nicht.«
    »Ich werde dir den Sachverhalt genau schildern«, sagte Torsten Lundström freundlich. »Dein Vater kam kurz vor vier im Taxi am Systembolag an. Er ging hinein, zog eine Nummer und setzte sich, um zu warten. Offenbar verpaßte er es, als seine Nummer angezeigt wurde. Irgendwann drängelte er sich dann zum Verkaufstisch vor und verlangte, unverzüglich bedient zu werden, obwohl er gar nicht dran war. Der Verkäufer verhielt sich sehr ungeschickt; er forderte

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