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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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den Parkbänken am Hafen hin und her gewandert war.
    »Ich habe das Ganze noch einmal von Anfang an aufgerollt. Manchmal macht man unerwartete Entdeckungen. Aber das weißt du ja längst.«
    »Ich hoffe sehr, daß Ekholms Arbeit uns weiterbringt«, sagte sie. »Computer, die richtig programmiert sind, können Ermittlungsmaterial miteinander vergleichen und ungeahnte Zusammenhänge aufzeigen. Sie denken zwar nicht. Aber kombinieren können sie besser als wir.«
    »Meine Skepsis gegenüber Computern hängt sicher mit meinem Alter zusammen«, meinte Wallander. »Aber das soll nicht heißen, daß ich nicht wünschte, Ekholm hätte Erfolg mit seinem verhaltenswissenschaftlichen Ansatz bei der Jagd nach Mördern. Wenn es nur geschieht. Und zwar bald.«
    Sie betrachtete ihn ernst. »Schlägt er wieder zu?«
    »Ich glaube, ja. Ohne es richtig erklären zu können, kommt es mir so vor, als sei an diesem Mordbild etwas
Unfertiges
. Wenn du den Ausdruck erlaubst. Etwas, was fehlt. Das macht mir angst. Es deutet darauf hin, daß er wieder zuschlagen kann.«
    »Wie finden wir die Stelle, an der Fredman ermordet worden ist?« fragte sie.
    »Wir finden sie nicht«, antwortete Wallander. »Es sei denn, wir haben Glück, oder jemand hat etwas gehört.«
    »Ich habe untersucht, ob Hinweise von jemandem eingegangen sind, der Schreie gehört hat. Aber ich habe nichts gefunden.«
    Der unsichtbare Schrei blieb über ihren Köpfen hängen. Wallander schaukelte langsam in seiner mit Plastik bezogenen Schaukel.
    »Eine Lösung kommt selten völlig unerwartet«, sagte er, als das Schweigen zu lang wurde. »Vorhin am Meer habe ich mich gefragt, ob ich den Gedanken, der die Lösung ergibt, vielleicht schon gedacht habe. Ich habe vielleicht richtig gedacht, aber es nicht gemerkt.«
    Sie sann über seine Worte nach. Dann und wann warf sie einen Blick auf das Nachbargrundstück, wo ihre Kinder spielten.
    »Über Männer, die Skalpe sammeln und ihren Opfern Säure in |325| die Augen gießen, haben wir auf der Polizeihochschule nichts gelernt«, sagte sie. »Die Wirklichkeit erweist sich als genau so unberechenbar, wie ich es schon damals geahnt habe.«
    Wallander nickte. Dann nahm er Anlauf, ohne sicher zu sein, ob er es schaffen würde, und legte dar, was er während der Stunden in Simrishamn gedacht hatte. Aus Erfahrung wußte er, daß ein Problem klarer durchleuchtet wurde, wenn er es einem Zuhörer vortragen konnte, als wenn er auf sich allein angewiesen war. Als er Ann-Britt Höglund anrief, hatte er gehofft, er könnte entdecken, wo seine Gedanken eine Botschaft signalisierten, die ihm bis dahin nicht aufgegangen war. Doch obwohl sie aufmerksam, fast wie eine Schülerin zu den Füßen des Meisters, zuhörte, unterbrach sie ihn nicht ein einziges Mal, um ihn auf einen Irrtum oder einen Fehlschluß hinzuweisen. Als er geendet hatte, sagte sie lediglich, sie sei überwältigt von seiner Fähigkeit, den zumindest für sie so unüberschaubaren Ermittlungskomplex zu durchdringen und zusammenzufassen. Aber sie wollte weder etwas hinzufügen noch abziehen. Auch wenn Wallanders Gleichungen korrekt waren, fehlten die entscheidenden Komponenten. Ann-Britt Höglund konnte ihm nicht helfen. Sie ebensowenig wie sonst jemand.
    Sie holte Tassen und eine Thermoskanne mit Kaffee. Ihr jüngstes Mädchen kam und kroch in die Hollywoodschaukel neben Wallander. Weil sie ihrer Mutter so unähnlich war, vermutete er, sie müsse ihrem Vater gleichen, der sich in Saudi-Arabien befand. Wallander hatte ihn immer noch nicht kennengelernt.
    »Dein Mann ist ein lebendes Rätsel«, sagte er. »Ich fange an, mich zu fragen, ob er wirklich existiert. Oder ob du ihn nur erfunden hast.«
    »Die Frage stelle ich mir auch manchmal«, erwiderte sie und lachte.
    Das Mädchen verschwand im Haus.
    »Carlmans Tochter?« fragte Wallander und blickte dem Mädchen nach. »Wie steht es um sie?«
    »Svedberg hat gestern mit dem Krankenhaus gesprochen«, antwortete sie. »Die Krise war noch nicht vorüber. Aber ich hatte doch den Eindruck, daß die Ärzte etwas hoffnungsvoller waren.«
    |326| »Hatte sie keinen Brief hinterlassen?«
    »Nichts.«
    »Ich komme nicht von dem Gedanken los«, sagte Wallander, »daß sie auch eine Zeugin ist.«
    »Zeugin wofür?«
    »Für etwas, das mit dem Tod ihres Vaters zusammenhängt. Es fällt mir schwer zu glauben, daß der Zeitpunkt ihres Selbstmordversuchs zufällig gewählt war.«
    »Warum kommt es mir so vor, als seist du selbst nicht besonders

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