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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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überzeugt von dem, was du sagst?«
    »Ich bin auch nicht überzeugt«, sagte Wallander. »Ich taste und fühle mich voran. Es gibt in der ganzen Ermittlung nur ein unbestreitbares Faktum. Wir haben keine konkrete Spur.«
    »Wir wissen also nicht, ob wir in die richtige oder in die falsche Richtung gehen?«
    »Oder ob wir uns im Kreis drehen. Oder auf der Stelle treten. Während die Stelle sich bewegt. Nicht wir uns, obwohl wir das glauben.«
    Sie zögerte, bis sie ihre nächste Frage stellte. »Vielleicht sind wir zu wenige?«
    »Bisher habe ich mich gesträubt«, sagte Wallander. »Aber ich habe angefangen zu schwanken. Die Frage kommt morgen auf den Tisch.«
    »Per Åkeson?«
    Wallander nickte.
    »Was haben wir eigentlich dabei zu verlieren?«
    »Kleine Einheiten bewegen sich leichter als große. Dagegen läßt sich einwenden, daß mehr Köpfe mehr denken. Und dann Åkesons Argument, wir könnten auf breiterer Front vorgehen. Die Infanterie schwärmt aus und deckt eine größere Fläche ab.«
    »Also wie bei einer Treibjagd.«
    Wallander nickte. Ihr Bild war treffend. Es fehlte nur ein Zusatz, nämlich daß sie ihre Treibjagd in einem Terrain durchführten, in dem sie sich nur notdürftig orientieren konnten. Und daß sie gar nicht wußten, wen sie suchten.
    »Da ist etwas, was wir nicht sehen«, sagte Wallander nach kurzem Schweigen. »Außerdem suche ich nach ein paar Worten, die |327| jemand gesagt hat. Als Wetterstedt gerade ermordet worden war. Aber ich weiß nicht mehr, wer. Ich weiß nur, daß es wichtig war. Aber damals war es noch zu früh, um das einzusehen.«
    »Du sagst doch immer, daß Polizeiarbeit meistens auf den Triumph der Geduld hinausläuft.«
    »Das stimmt auch. Aber die Geduld hat Grenzen. Außerdem kann jeden Augenblick wieder etwas passieren. Ein Mensch kann getötet werden. Wir dürfen nie vergessen, daß es nicht nur darum geht, begangene Verbrechen aufzuklären. Im Moment kommt es mir eher so vor, als müßten wir weitere Morde verhindern.«
    »Wir können doch nicht mehr machen, als wir so schon tun.«
    »Woher weißt du das?« fragte Wallander. »Wie weiß man eigentlich, daß man sich wirklich bis zum Äußersten anstrengt?«
    Sie wußte keine Antwort. Wallander konnte seine Frage selbst nicht beantworten.
    Er blieb noch eine Weile sitzen. Um halb fünf lehnte er ihre Einladung zum Abendessen dankend ab und verließ ihren Garten.
    »Danke, daß du gekommen bist«, sagte sie, als sie ihn zur Gartenpforte begleitete. »Willst du das Spiel sehen?«
    »Nein. Ich treffe meine Tochter. Aber ich glaube, wir gewinnen 3:1.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Das habe ich auch getippt.«
    »Dann gewinnen oder verlieren wir beide«, sagte Wallander.
    »Danke, daß du gekommen bist«, wiederholte sie.
    »Wofür denn? Daß ich dir den Sonntag vermiest habe?«
    »Dafür, daß du geglaubt hast, ich könnte etwas Vernünftiges beitragen.«
    »Ich habe es dir schon früher gesagt, und ich sage es gern noch einmal«, antwortete er. »Ich halte dich für eine fähige Polizistin. Außerdem glaubst du an die Fähigkeit von Computern, unsere Arbeit nicht nur zu erleichtern, sondern auch zu verbessern. Das kann ich von mir kaum behaupten. Aber vielleicht kannst du mich eines Tages überzeugen.«
    Wallander stieg in seinen Wagen und fuhr in die Stadt. In einem Laden mit Sonntagsöffnung kaufte er ein. Dann legte er sich in den Liegestuhl auf seinem Balkon und wartete darauf, daß es sieben wurde. Ohne es zu merken, nickte er ein. Sein Schlafbedarf |328| war enorm. Um fünf vor sieben stand er jedoch auf dem Österportstorg. Linda holte ihn ab und nahm ihn mit zu dem leeren Ladenlokal ganz in der Nähe. Sie hatten ein paar Fotolampen aufgebaut und einen Stuhl für ihn bereitgestellt. Er wurde sofort unsicher und fürchtete, vielleicht nichts zu verstehen oder an den falschen Stellen zu lachen. Sie verschwanden in einem angrenzenden Raum. Wallander wartete. Mehr als eine Viertelstunde verging. Als sie endlich zurückkamen, hatten sie sich umgezogen und sahen vollkommen gleich aus. Nachdem sie die Lampen eingestellt und die einfache Dekoration zurechtgerückt hatten, fingen sie an. Die einstündige Vorstellung handelte von einem Zwillingspaar. Wallander fühlte sich angespannt, weil er der einzige Zuschauer war. Er war es gewohnt, unter vielen anderen im sicheren Dunkel zu sitzen, wenn er zuweilen in Malmö oder Kopenhagen in die Oper ging. Am meisten fürchtete er, Linda könnte nicht gut sein. Doch schon nach

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