Wallander 05 - Die falsche Fährte
geschleppt wurde. Wallander versuchte, den Täter vor sich zu sehen. Mager, durchtrainiert, barfuß, wahnsinnig. Wenn er böse Männer jagt, muß Fredman der schlimmste gewesen sein. Danach Liljegren, Carlman und Wetterstedt in ungefähr der gleichen Kategorie. Wallander stand auf und trat ans Fenster. Björn Fredman war der dritte gewesen. Warum nicht der erste oder der vorerst letzte? Die Wurzel des Bösen, als erstes oder als letztes herauszuziehen, von einem Täter, der geistesgestört, aber auch vorsichtig und gut organisiert war. Der Steg mußte ausgewählt worden sein, weil er sich so gut eignete.
Wie viele Stege hat er sich angesehen, bevor er seine Wahl traf?
Ist es ein Mann, der sich ständig am Meer befindet? Ein freundlicher Mann, Fischer |417| oder Angestellter der Küstenwache? Oder warum nicht einer von der Seenotrettung, die über die beste Bank in der ganzen Stadt verfügt, wenn man seine Ruhe haben und nachdenken will? Es gelingt ihm außerdem, Björn Fredman zu entführen, in dessen eigenem Wagen. Warum macht er sich die ganze Mühe? Weil es seine einzige Möglichkeit ist, an ihn heranzukommen? Sie haben sich irgendwo getroffen. Sie kannten sich. Peter Hjelm hatte es klar gesagt. Björn Fredman machte Reisen und hatte hinterher viel Geld. Gerüchten zufolge war er ein Torpedo. Wallander kannte nur Bruchteile von Björn Fredmans Leben. Der Rest war unbekannt und mußte von der Polizei noch durchleuchtet werden.
Wallander setzte sich wieder. Die Reihenfolge stimmte nicht. Welche Erklärung gab es dafür? Er ging hinaus und holte sich Kaffee. Svedberg und Ann-Britt Höglund waren inzwischen gekommen. Svedberg hatte wieder die Mütze gewechselt, seine Wangen waren rot und abgepellt. Ann-Britt Höglund immer brauner, Wallander immer blasser. Kurz danach kam Hansson mit Mats Ekholm im Schlepptau. Auch Ekholm hatte inzwischen Farbe bekommen. Hanssons Augen waren blutunterlaufen vor Müdigkeit.
Er betrachtete Wallander verwundert, während er gleichzeitig seinen Kopf nach einem Mißverständnis durchsuchte. Hatte Wallander nicht gesagt, er bleibe in Helsingborg? Es war erst halb acht. War etwas passiert, daß er schon so früh nach Ystad zurückgekommen war? Wallander ahnte Hanssons Gedanken und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Es war alles in seiner Ordnung, keiner hatte etwas mißverstanden und vermutlich auch keiner etwas verstanden. Sie hatten keine Besprechung angesetzt. Ludwigsson und Hamrén waren bereits nach Sturup hinausgefahren, Ann-Britt Höglund wollte hinterherfahren, während Svedberg und Hansson liegengebliebene Details der Fälle Wetterstedt und Carlman aufarbeiteten. Jemand steckte den Kopf durch die Tür und sagte, Wallander werde aus Helsingborg am Telefon verlangt. Wallander nahm das Gespräch an einem Apparat neben dem Kaffeeautomaten an. Es war Sjösten, der berichten konnte, daß Elisabeth Carlén noch schlief. Niemand hatte sie besucht, und bei Liljegrens |418| Haus hatte sich außer ein paar Neugierigen keiner blicken lassen.
»Hatte Åke Liljegren keine Familie?« fragte Martinsson mit beinah vorwurfsvoller Stimme, so als habe Liljegren sich eines Vergehens gegen die guten Sitten schuldig gemacht, weil er nicht verheiratet war.
»In seiner Spur gab es nur eine Anzahl trauernder, auseinandergenommener Unternehmen«, sagte Svedberg.
»Sie arbeiten in Helsingborg noch mit Liljegren«, meinte Wallander. »Wir können nur abwarten.«
Hansson hatte die anderen gut informiert, stellte Wallander fest. Alle waren überzeugt, daß Liljegren Wetterstedt in regelmäßigen Abständen Frauen geliefert haben mußte.
»Er wurde also seinem früheren Ruf gerecht«, sagte Svedberg.
»Wir müssen eine ähnliche Verbindung zu Carlman finden«, fuhr Wallander fort. »Ich bin überzeugt, daß sie existiert. Laßt Wetterstedt bis auf weiteres auf sich beruhen. Carlman ist im Moment wichtiger.«
Alle hatten es eilig. Die Entdeckung des Berührungspunkts hatte der Ermittlungsgruppe neue Energie zugeführt. Wallander nahm Ekholm mit in sein Zimmer. Er legte ihm die Gedanken dar, die er sich zuvor gemacht hatte. Ekholm war wie immer ein aufmerksamer Zuhörer.
»Die Salzsäure und der Backofen«, sagte Wallander. »Ich versuche, seine Sprache zu verstehen. Er spricht zu sich selbst und er spricht zu den Opfern. Was sagt er eigentlich?«
»Dein Gedanke über die Reihenfolge ist interessant«, gab Ekholm zurück. »Psychopathische Mörder weisen bei ihrem blutigen Handwerk oft einen Zug von
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