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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zuletzt seine rechte Hand gewesen sein dürfte. Sein Name ist Hans Logård.«
    »Hatte Liljegren keine Familie?«
    »Es hat nicht den Anschein. Wir haben mit einer Anwaltskanzlei gesprochen, die einen Teil seiner privatesten Geschäfte abwickelt. Es existiert seltsamerweise kein Testament. Aber sie hatten auch keine Informationen über irgendwelche Leibeserben. Liljegren scheint in einem ganz eigenen Universum gelebt zu haben.«
    »Gut«, sagte Wallander. »Ich bin in etwa einer Stunde in Helsingborg.«
    »Soll ich Elisabeth Carlén kommen lassen?«
    »Ja, tu das. Aber behandle sie freundlich. Hol sie nicht in einem |426| Streifenwagen. Ich habe das Gefühl, wir brauchen sie noch eine Weile. Sie kann sich querstellen, wenn es ihr nicht mehr paßt.«
    »Ich hole sie selbst«, sagte Sjösten. »Wie ging es deinem Vater?«
    Wallander hatte die Ausrede vergessen, die er gebraucht hatte, um sich für den plötzlichen Aufbruch in der vergangenen Nacht zu entschuldigen.
    »Meinem Vater?«
    »Wolltest du ihn nicht heute früh treffen?«
    »Es ging ihm gut«, antwortete Wallander. »Aber es war wirklich sehr wichtig, daß ich da war.«
    Er hängte den Hörer ein und warf einen Blick hinauf zum dritten Stock. Niemand stand am Fenster.
    Als er losfuhr, sah er auf die Uhr. Er würde vor zwölf in Helsingborg sein.
     
    *
     
    Hoover kam kurz nach eins in seinen Keller. Er verschloß die Tür hinter sich und zog die Schuhe aus. Die Kälte des Steinbodens drang von unten in seinen Körper. Durch ein paar Risse in der Farbe, die er über die Scheiben des Kellerfensters gestrichen hatte, fiel schwaches Sonnenlicht herein. Er setzte sich auf den Stuhl und betrachtete sein Gesicht in den Spiegeln.
    Er konnte nicht zulassen, daß der Polizist seine Schwester besuchte. Sie waren jetzt so dicht am Ziel, dem heiligen Augenblick, in dem die bösen Geister für immer aus ihrem Kopf vertrieben werden würden. Er durfte nicht zulassen, daß jemand sie bedrängte.
    Er sah, daß er richtig gedacht hatte. Der Besuch des Polizisten hatte ihm zu verstehen gegeben, daß er nicht länger warten konnte. Sicherheitshalber sollte auch seine Schwester nicht länger als nötig an ihrem jetzigen Aufenthaltsort bleiben. Was noch zu tun war, mußte er jetzt tun.
    Er dachte an das Mädchen, mit dem er so leicht in Kontakt gekommen war. Auf eine Weise hatte sie seiner Schwester geglichen. |427| Auch das war ein gutes Zeichen. Seine Schwester würde alle Kräfte brauchen, die er ihr geben konnte.
    Er zog seine Jacke aus und blickte sich um. Alles, was er brauchte, war da. Nichts war vergessen. Die Äxte und die Messer glänzten auf dem schwarzen Tuch.
    Dann nahm er einen der breiten Pinsel und zog sich einen einzigen Strich über die Stirn.
    Die Zeit, wenn es sie je gegeben hatte, war nun zu Ende gegangen.

|428| 35
    Wallander legte das Foto von Louise Fredman mit der Bildseite nach unten.
    Elisabeth Carlén beobachtete ihn. Sie trug ein weißes und, wie Wallander vermutete, sehr teures Sommerkleid. Sie saßen in Sjöstens Büro. Wallander am Schreibtisch, Sjösten im Hintergrund, an den Türrahmen gelehnt, Elisabeth Carlén auf dem Besucherstuhl. Es war zehn nach zwölf. Durch das offene Fenster schlug die Hitze herein. Wallander schwitzte. »Ich zeige Ihnen jetzt ein Foto«, sagte er. »Und Sie sollen ganz einfach die Frage beantworten, ob Sie die Person darauf kennen.«
    »Warum müssen Polizisten immer so übertrieben dramatisch sein?« fragte sie.
    Ihre herablassende Ungerührtheit machte Wallander wütend, doch er beherrschte sich.
    »Wir versuchen, einen Mann zu fassen, der vier Personen getötet hat«, sagte er. »Der ihnen außerdem die Kopfhaut abschneidet. Ihnen Salzsäure in die Augen gießt und ihre Köpfe in Backöfen steckt.«
    »So ein Verrückter darf natürlich nicht frei herumlaufen«, erwiderte sie ruhig. »Also sehen wir uns jetzt das Bild an?«
    Wallander schob es zu ihr hinüber und nickte. Sie beugte sich vor und drehte es um. Louise Fredmans Lächeln in Großaufnahme. Wallander beobachtete Elisabeth Carléns Gesicht. Sie nahm das Foto in die Hand und schien nachzudenken. Es dauerte fast eine halbe Minute. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Nein. Ich habe sie noch nie gesehen. Auf jeden Fall nicht, soweit ich mich erinnern kann.«
    »Es ist sehr wichtig«, sagte Wallander, der seine Enttäuschung nur schwer verbergen konnte.
    »Ich habe ein gutes Gedächtnis für Gesichter«, sagte sie. |429| »Aber ich bin mir sicher. Ich habe sie noch

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