Wallander 05 - Die falsche Fährte
Schlag. Um mich kurz zu fassen: Er hat in Österåker, Kumla und Hall gesessen. Außerdem eine kürzere Runde in Norrköping. Bei seiner Entlassung aus Österåker hat er übrigens zum erstenmal den Namen gewechselt.«
»Welche Art von Straftaten?«
»Von einfachen Gelegenheitsjobs bis zu Spezialaufträgen, könnte man sagen. Anfangs Diebstahl und Betrug. Die eine oder andere Körperverletzung. Dann immer gröbere Verbrechen. Drogen natürlich. Harte Sachen. Er scheint die Feldarbeit für türkische und pakistanische Banden zu machen. Dies hier ist nur die Zusammenfassung. Wir bekommen im Laufe der Nacht noch mehr herein. Wir ziehen alles aus den Registern, was wir finden können.«
»Wir brauchen ein Bild von ihm«, sagte Wallander. »Und die Fingerabdrücke müssen mit denen bei Wetterstedt und Carlman verglichen werden. Auch Fredman.«
»Nyberg in Ystad sitzt schon daran. Aber der wirkt die ganze Zeit so verbiestert.«
|465| »So ist er nun mal«, sagte Wallander. »Aber er kann was.«
Sie hatten sich an einen mit leeren Kaffeebechern übersäten Tisch gesetzt. Ständig klingelten Telefone. Sie errichteten eine unsichtbare Mauer um sich. Ließen nur Svedberg hinein, der sich ans Kopfende setzte.
»Interessanterweise hört Hans Logård ganz plötzlich auf, unsere Gefängnisse zu besuchen«, sagte Birgersson. »Zum letztenmal sitzt er 1989. Danach nichts mehr. Als sei er bekehrt worden.«
»Wenn ich mich nicht irre, ist das ungefähr die gleiche Zeit, in der sich Åke Liljegren hier in Helsingborg niederläßt?«
Birgersson nickte.
»Wir sind noch nicht ganz klar damit«, fuhr er fort. »Aber es hat den Anschein, als habe Logård seine Grundbucheintragung für Hördestigen 1991 bekommen. Da ist eine Lücke von zwei Jahren. Aber er kann ja die zwei Jahre woanders gewohnt haben.«
»Das werden wir sofort klären«, sagte Wallander und zog ein Telefon zu sich her. Wie ist Elisabeth Carléns Telefonnummer? Sie liegt auf Sjöstens Tisch. Beschatten wir sie noch?«
Birgersson nickte wieder. Wallander faßte einen schnellen Entschluß.
»Zieh die Leute ein«, sagte er.
Jemand legte einen Zettel vor ihm auf den Tisch. Er wählte die Nummer und wartete. Sie meldete sich fast unmittelbar.
»Hier ist Kurt Wallander.«
»Um diese Zeit komme ich nicht ins Präsidium«, antwortete sie.
»Das ist auch nicht nötig. Ich habe nur eine Frage: War Hans Logård schon 1989 in Åke Liljegrens Gesellschaft? Oder 1990?«
Er hörte, wie sie sich eine Zigarette anzündete. Rauch direkt in den Hörer blies.
»Ja«, sagte sie. »Ich glaube, da war er schon dabei. Spätestens 1990.«
»Gut«, sagte Wallander.
»Warum lassen Sie mich überwachen?« fragte sie.
»Gute Frage«, sagte Wallander. »Weil wir nicht wollen, daß Ihnen etwas passiert. Doch wie dem auch sei, so stellen wir die Überwachung jetzt ein. Aber verreisen Sie nicht, ohne uns Bescheid zu sagen. Sonst kann ich böse werden.«
|466| »Ja. Ich glaube Ihnen, daß Sie böse werden können.«
Sie legte auf.
»Hans Logård ist also dabeigewesen«, sagte Wallander. »Es hat den Anschein, als tauche er im Zusammenhang mit Liljegrens Umzug nach Helsingborg auf. Ein, zwei Jahre später kauft er Hördestigen. Offenbar hat Liljegren Hans Logårds Bekehrung bewirkt.«
Wallander versuchte, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
»Die Gerüchte von Mädchenhandel kamen ungefähr zu der Zeit auf. Stimmt das?«
Birgersson nickte. Beide schwiegen eine Weile.
»Hat Logård schwere Gewaltverbrechen auf seinem Konto?« fragte Wallander.
»Ein paar schwere Körperverletzungen. Aber geschossen hat er nie. Jedenfalls nicht, soweit wir wissen.«
»Keine Äxte?«
»Nichts dergleichen.«
»Auf jeden Fall müssen wir ihn finden«, sagte Wallander und stand auf. »Wo versteckt sich der verfluchte Kerl?«
»Wir finden ihn«, sagte Birgersson. »Früher oder später kriecht er aus seinem Loch.«
»Warum hat er geschossen?« fragte Wallander.
»Danach mußt du ihn schon selbst fragen«, gab Birgersson zurück und verließ das Zimmer.
Svedberg hatte seine Mütze abgenommen.
»Ist es wirklich derselbe Mann, den wir suchen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Wallander. »Aber ich bezweifle es. Obwohl ich mich natürlich irren kann. Hoffen wir das letztere.«
Svedberg ging hinaus. Wallander war wieder allein. Mehr denn je vermißte er Rydberg.
Es gibt immer noch eine weitere Frage, die du stellen kannst.
Rydbergs Worte, häufig wiederholt. Welche Frage hatte er sich noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher