Wallander 05 - Die falsche Fährte
diese eine Unterschrift sehen.«
»Die unleserlich war?«
»Genau. Ich will die unleserliche Unterschrift sehen.«
Wallander legte seine ganze Überzeugungskraft in diese Worte. Per Åkeson begriff, daß es ihm wirklich ernst war.
»Gib mir die Faxnummer«, sagte er. »Ich versuche es.«
Wallander gab ihm die Nummer und legte auf. Eine Wanduhr zeigte auf fünf Minuten vor zwei. Es war immer noch schwül und stickig. Wallander schwitzte in seinem neuen Hemd. Geistesabwesend fragte er sich, ob das Hemd und die neue Hose wohl auf Staatskosten gingen. Um drei Minuten nach zwei kam Ann-Britt Höglund zurück und sagte, Agneta Malmström sei mit ihrer Familie auf einem Segeltörn irgendwo zwischen Landsort und Oxelösund.
»Wie heißt das Boot?«
»Es soll eine Maxi sein. Sie heißt
Sanborombon
. Das Boot hat auch eine Nummer.«
»Ruf Radio Stockholm an«, fuhr Wallander fort. »Sie haben doch sicher Sprechfunk an Bord. Bitte sie, das Boot anzurufen. Und mach ihnen klar, daß es sich um eine dringliche polizeiliche Ermittlung handelt. Sprich mit Birgersson. Ich will sie sprechen, und zwar jetzt.«
Er merkte, daß er in einer Verfassung war, in der er anfing, Befehle zu erteilen. Sie ging, um mit Birgersson zu sprechen. Svedberg stieß beinah mit ihr in der Tür zusammen, als er mit einem Protokoll von der Vernehmung der Wachmänner hereinkam, denen das Auto weggenommen worden war.
»Du hattest recht«, sagte er. »Sie haben im Grunde nur die Pistole |470| gesehen. Es ging außerdem alles sehr schnell. Aber er hatte helles Haar, blaue Augen und trug eine Art Trainingsanzug. Normalgröße, redete Stockholm-Dialekt. Machte den Eindruck, unter Drogen zu stehen.«
»Wie kamen sie darauf?«
»Seine Augen.«
»Ich nehme an, die Personenbeschreibung ist rausgegangen?«
»Ich kontrolliere es.«
Svedberg verließ den Raum so eilig, wie er ihn betreten hatte. Vom Korridor hörte man erregte Stimmen. Wallander nahm an, daß ein Journalist versucht hatte, die von Birgersson gezogene Grenzlinie zu überschreiten. Er suchte einen Schreibblock und machte hastig ein paar Notizen. Sie hatten keinen inneren Zusammenhang, wurden nur in der Reihenfolge aufs Papier gekritzelt, in der sie ihm einfielen. Sein Schweiß rann, ständig sah er zur Wanduhr, und in seinem Kopf saß Baiba in ihrer spartanischen Wohnung in Riga am Telefon und wartete auf das Gespräch, das er seit langem mit ihr hätte führen sollen. Es ging auf drei in der Nacht. Der Wagen der Wachmänner blieb verschwunden. Hans Logård versteckte sich irgendwo. Das Mädchen, das aus dem Hafen zurückkam, hatte nicht mit Sicherheit das Boot identifizieren können. Vielleicht war es das Boot gewesen, vielleicht nicht. Der Mann am Steuerruder hatte die ganze Zeit im Schatten gestanden. An eine Besatzung erinnerte sie sich nicht. Wallander sprach mit Birgersson darüber, daß die Mädchen jetzt schlafen mußten. Hotelzimmer wurden organisiert. Eins der Mädchen lächelte Wallander schüchtern an, als sie sich im Korridor begegneten. Das Lächeln machte ihn froh, für einen Augenblick fast heiter. In regelmäßigen Abständen kam Birgersson in das Zimmer, in dem Wallander sich gerade befand, und brachte ihm weitere Informationen über Hans Logård. Um Viertel nach drei erfuhr Wallander, daß er zweimal verheiratet gewesen war und drei minderjährige Kinder hatte. Das eine, ein Mädchen, lebte bei seiner Mutter in Hagfors, das zweite, ein Junge von neun Jahren, in Stockholm. Sieben Minuten später kam Birgersson mit der Mitteilung, Logård habe vermutlich ein weiteres Kind, doch diese Information sei noch unbestätigt.
|471| Um halb vier kam ein übermüdeter Polizist in das Zimmer, in dem Wallander mit einer Tasse Kaffee in der Hand und den Füßen auf dem Tisch saß, und sagte, Radio Stockholm sei es gelungen, Kontakt mit der Maxi-Segelyacht aufzunehmen, auf der sich die Familie Malmström befand, sieben Distanzminuten südsüdwestlich von Landsort, auf dem Weg nach Arkösund. Wallander sprang auf und folgte ihm in die Telefonzentrale, wo Birgersson stand und in einen Telefonhörer rief. Dann reichte er ihn an Wallander weiter.
»Sie befinden sich irgendwo genau zwischen zwei Leuchtfeuern, die Hävringe und Gustaf Dalén heißen«, sagte er. »Du sprichst mit einem Mann namens Karl Malmström.«
»Ich will mit ihr sprechen. Er ist mir scheißegal.«
»Ich hoffe, du bist dir darüber im klaren, daß da draußen Hunderte von Booten liegen und das Gespräch über das
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