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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Frage wäre, ob wir über die Ausnahme oder über die Regel sprechen. Manchmal frage ich mich das. Aber eines Tages ging er zu weit. Eines der Straßenmädchen faßte Mut und zeigte ihn bei der Polizei wegen Mißhandlung an.«
    »Wann war das?«
    »Mitte der sechziger Jahre. Er hatte sie mit einem Ledergürtel geschlagen und mit einer Rasierklinge in die Füße geschnitten, hieß es in ihrer Anzeige. Wahrscheinlich war das letztere der Grund dafür, daß plötzlich die Hölle los war. Die Perversion begann interessant zu werden und einen Lesewert zu bekommen. Das Problem war nur, daß die Polizei eine Anzeige gegen den höchsten Beschützer der schwedischen Rechtssicherheit gleich nach dem König bekommen hatte, um die sich nach den ganzen Rechtsskandalen der fünfziger Jahre jedoch niemand kümmerte. Das Ganze wurde also totgeschwiegen. Die Anzeige verschwand.«
    »Verschwand?«
    |114| »Sie löste sich buchstäblich in Luft auf.«
    »Aber das Mädchen, das sie erstattet hatte? Was geschah mit ihr?«
    »Sie wurde plötzlich die Inhaberin eines gutgehenden Bekleidungsgeschäfts in Västerås.«
    Wallander schüttelte den Kopf. »Und woher weißt du das?«
    »Ich kannte damals einen Journalisten, der Sten Lundberg hieß. Er nahm sich vor, in dieser Geschichte nachzubohren. Aber als es sich herumsprach, daß er im Begriff war, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, wurde er aufs Altenteil gesetzt. Er erhielt praktisch Schreibverbot.«
    »Und er hat das akzeptiert?«
    »Er hatte keine Wahl. Er hatte leider eine Schwäche, die sich nicht verheimlichen ließ. Er spielte. Hatte hohe Schulden. Es gab Gerüchte, daß diese Spielschulden plötzlich verschwanden. Auf die gleiche Art und Weise wie die Anzeige der Hure wegen Mißhandlung. Das Spiel konnte wieder von vorn beginnen, und Gustaf Wetterstedt schickte erneut den Morphinisten nach Mädchen aus.«
    »Du hast gesagt, es habe noch eine Sache gegeben.«
    »Es gab Gerüchte, er sei in einen Teil der Kunstdiebstähle verwickelt, die während seiner Zeit als Justizminister in Schweden verübt wurden. Gemälde, die nie wiedergefunden wurden und die jetzt an den Wänden von Sammlern hängen, die nicht die Absicht haben, sie der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Polizei hat einmal einen Hehler geschnappt, einen Zwischenhändler. Aus Versehen, muß man wohl leider sagen. Und der hat einen Eid darauf geschworen, daß Gustaf Wetterstedt in die Sache verwickelt war. Aber es konnte natürlich nie bewiesen werden. Es wurde begraben. Diejenigen, die den Dreck wieder in die Grube zurückschaufelten, waren in der Überzahl.«
    »Kein schönes Bild, das du da malst«, sagte Wallander.
    »Erinnerst du dich, was ich dich gefragt habe? Willst du die Wahrheit oder die Gerüchte? Denn das Gerücht über Gustaf Wetterstedt sagte, daß er ein tüchtiger Politiker, ein loyaler Parteigenosse, ein liebenswerter Mensch war. Gebildet und kenntnisreich. Das wird auch in seinem Nachruf stehen. Sofern nicht |115| eins der Mädchen, die er mißhandelt hat, sich entschließt auszupacken.«
    »Wie kam es, daß er zurücktrat?«
    »Ich glaube, er kam mit einem Teil der jüngeren Minister nicht so gut zurecht. Schon gar nicht mit den Frauen. Es war ein umfassender Generationswechsel damals. Ich glaube, er sah ein, daß seine Zeit vorbei war. Das war meine auch. Ich hörte auf, als Journalist zu arbeiten. Seit er nach Ystad kam, habe ich ihm keinen einzigen Gedanken gewidmet. Nicht bis gerade eben.«
    »Kannst du dir jemanden vorstellen, der so viele Jahre später bereit wäre, ihn umzubringen?«
    Lars Magnusson zuckte die Schultern. »Die Frage läßt sich unmöglich beantworten.«
    Wallander hatte nur noch eine Frage. »Kannst du dich erinnern, jemals von einem Mord hierzulande gehört zu haben, bei dem das Opfer skalpiert wurde?«
    Magnusson bekam schmale Augen. Er betrachtete Wallander plötzlich mit neu erwachtem Interesse. »Ist er das? Das haben sie im Fernsehen nicht gesagt. Das hätten sie getan, wenn sie es gewußt hätten.«
    »Das bleibt unter uns«, sagte Wallander und blickte Lars Magnusson an, der nickte. »Wir wollten noch nicht, daß es an die Öffentlichkeit kommt«, fuhr er fort. »Wir können uns ja immer hinter sogenannten ermittlungstechnischen Gründen verschanzen. Der allgegenwärtigen Entschuldigung der Polizei für die Präsentation halber Wahrheiten. Aber diesmal trifft es wirklich zu.«
    »Ich glaube dir«, sagte Lars Magnusson. »Oder ich glaube dir nicht. Es spielt auch keine Rolle,

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