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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Wetterstedt zu sagen wußte. Aber ich wollte mit dir über das Mädchen aus dem Rapsfeld reden.«
    »Hast du was herausgefunden?«
    »Nein. Aber wir haben mehr als zweitausend Vorschläge bekommen, was die Buchstabenkombination bedeuten kann. Ein ziemlich langer Datenausdruck.«
    Wallander überlegte. »Wir müssen bei Interpol anfragen«, sagte er. »Oder wie heißt das jetzt, Europol?«
    »Richtig.«
    »Schick ihnen eine Anfrage mit der Personenbeschreibung. Morgen können wir auch den Schmuck fotografieren. Das Madonnenbild. Selbst wenn alles andere von Wetterstedts Tod verdrängt wird, müssen wir versuchen, das Bild in die Zeitungen zu bekommen.«
    »Ich habe den Schmuck einem Juwelier gezeigt. Er sagte, er sei aus reinem Gold.«
    »Irgend jemand muß sie schließlich doch vermissen«, sagte Wallander. »Es kommt selten vor, daß jemand gar keine Angehörigen hat.«
    Martinsson gähnte und fragte, ob Wallander irgendwelche Hilfe brauche.
    »Heute abend nicht«, antwortete er.
    Martinsson verließ das Haus. Wallander verbrachte noch eine Stunde mit der Durchsicht des Schreibtischs. Dann knipste er die Lampe aus und blieb im Dunkeln sitzen. Was für ein Mensch war Gustaf Wetterstedt gewesen?
    Plötzlich kam ihm eine Idee. Er ging ins Wohnzimmer und suchte eine Nummer im Telefonbuch. Es war noch nicht neun. Er wählte die Nummer. Der Teilnehmer am anderen Ende meldete |110| sich fast augenblicklich. Wallander nannte seinen Namen und fragte, ob er vorbeikommen könne. Dann suchte er Nyberg, der sich im Obergeschoß des Hauses aufhielt, und sagte ihm, er werde später am Abend wiederkommen. Draußen wehte ein kräftiger und böiger Wind. Der Regen schlug ihm ins Gesicht. Er lief zu seinem Wagen, um nicht durch und durch naß zu werden. In der Stadt hielt er vor einem Mietshaus in der Nähe der Österportschule.
    Er klingelte an der Gegensprechanlage, und die Tür wurde geöffnet. Als er in den ersten Stock hinaufkam, stand Lars Magnusson in Strümpfen da und erwartete ihn. Aus der Wohnung klang schöne Klaviermusik.
    »Das war nicht gerade gestern«, sagte Lars Magnusson, als er ihm die Hand reichte.
    »Nein«, erwiderte Wallander. »Es muß mehr als fünf Jahre her sein, daß wir uns zuletzt gesehen haben.«
    Vor langer Zeit war Lars Magnusson Journalist gewesen. Nach einer Reihe von Jahren bei
Expressen
war er der Großstadt überdrüssig geworden und in seine Geburtsstadt Ystad zurückgekehrt. Er und Wallander hatten sich kennengelernt, weil ihre Frauen befreundet waren. Vor allem ihr gemeinsames Interesse für die Oper hatte sie verbunden. Erst nach vielen Jahren, als er und Mona schon lange geschieden waren, hatte Wallander entdeckt, daß Lars Magnusson an schwerem Alkoholismus litt. Aber als es schließlich offenbar wurde, geschah es mit einem Knalleffekt. Zufällig war Wallander eines späten Abends noch im Präsidium, als eine Streife Lars Magnusson hereinschleppte. Er war so betrunken, daß er nicht aufrecht stehen konnte. In diesem Zustand war er Auto gefahren und im Fenster einer Bank gelandet. Er mußte später sechs Monate ins Gefängnis. Als er nach Ystad zurückgekommen war, hatte er seine journalistische Tätigkeit bereits aufgegeben. Seine Frau hatte danach die kinderlose Ehe verlassen. Er trank weiter, aber es gelang ihm in der Folgezeit, nicht mehr allzu weit über die Grenze zu gehen. Nach dem Ende seiner Journalistenlaufbahn hielt er sich damit über Wasser, für verschiedene Zeitungen Schachprobleme zu konstruieren. Was ihn davor bewahrte, sich zu Tode zu trinken, war der Umstand, daß er sich jeden Tag |111| zwang, das erste Glas erst zu trinken, nachdem er mindestens ein Schachproblem konstruiert hatte. Jetzt, wo er ein Faxgerät hatte, brauchte er nicht einmal mehr zur Post zu gehen.
    Wallander betrat die einfache Wohnung. Er roch, daß Lars Magnusson getrunken hatte. Auf dem Couchtisch stand eine Flasche Wodka. Aber kein Glas.
    Lars Magnusson war ein paar Jahre älter als Wallander. Seine graue Haarmähne fiel über den schmutzigen Hemdkragen. Sein Gesicht war rot und aufgedunsen, doch seine Augen waren eigentümlich klar. Niemand hatte je Grund gehabt, an Lars Magnussons Intelligenz zu zweifeln. Es ging das Gerücht um, daß Bonniers einmal eine Gedichtsammlung von ihm zum Druck angenommen, er sie aber im letzten Augenblick zurückgezogen und den kleinen Vorschuß, den er vom Verlag hatte erwirken können, zurückbezahlt habe.
    »Du kommst unerwartet«, sagte Lars Magnusson. »Setz dich.

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