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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sie ihm gegeben hatte, gelesen und verstanden, daß nichts ihn daran hinderte, die von ihr aufgezeichnete Reihenfolge zu verändern.
    Das letzte Opfer sollte eigentlich der böse Mann sein, der ihr |223| Vater war. Weil der Mann, der eigentlich an diesem Abend seinem Schicksal hätte begegnen sollen, plötzlich ins Ausland gereist war, mußte die Reihenfolge geändert werden.
    Er hatte dem Herzen Geronimos gelauscht, das in seiner Brust pochte. Die Schläge waren wie Signale, die aus der Vergangenheit zu ihm drangen. Das Herz trommelte die Botschaft, daß die heilige Aufgabe, die er sich gesetzt hatte, auf gar keinen Fall abgebrochen werden durfte. Die Erde unter ihrem Fenster rief bereits nach der dritten Vergeltung.
    Der dritte Mann konnte warten, bis er von seiner Reise zurückkehrte. An seine Stelle trat jetzt ihr Vater.
    Während der langen Stunden, in denen er vor dem Spiegel gesessen und die große Verwandlung durchgemacht hatte, war ihm klargeworden, mit welch großer Erwartung er der Begegnung mit seinem Vater entgegensah. Die Aufgabe hatte ein paar besondere Vorbereitungen erforderlich gemacht. Nachdem er am frühen Morgen die Tür des Kellerraums hinter sich verschlossen hatte, begann er, das Werkzeug vorzubereiten, das er für den Vater benutzen wollte. Es dauerte mehr als zwei Stunden, die neue Schneide am Schaft der Spielzeugaxt zu befestigen, die er einmal von ihm zum Geburtstag bekommen hatte. Damals war er sieben Jahre alt gewesen. Er konnte sich noch daran erinnern, schon damals gedacht zu haben, daß er sie eines Tages gegen den benutzen würde, der sie ihm geschenkt hatte. Jetzt war die Gelegenheit endlich da. Damit der Plastikschaft mit der schlecht ausgeführten Farbdekoration nicht zerbrach, wenn er zuschlug, hatte er ihn mit einem speziellen Klebeband verstärkt, das Eishockeyspieler für die Blätter ihrer Schläger verwenden.
Du weißt nicht, wie das heißt. Das ist kein gewöhnliches Holzbeil. Das ist ein Tomahawk.
Er fühlte bodenlose Verachtung, wenn er daran dachte, wie sein Vater ihm vor Jahren sein Geschenk überreicht hatte. Damals war es ein sinnloses Spielzeug, eine Plastikkopie, hergestellt in einem asiatischen Land. Jetzt, mit der richtigen Schneide, hatte er es in eine wirkliche Axt verwandelt.
    Er wartete bis halb neun. Ein letztes Mal ging er in Gedanken alles durch. Er blickte auf seine Hände. Sie zitterten nicht. Alles war unter Kontrolle. Die Vorbereitungen, die er in den vergangenen |224| zwei Tagen getroffen hatte, garantierten, daß alles gutgehen würde.
    Er packte seine Waffen, die in ein Handtuch eingewickelte Glasflasche und die Taue in seinen Rucksack. Dann setzte er den Helm auf, knipste das Licht aus und verließ den Keller. Als er auf die Straße kam, blickte er zum Himmel auf. Es war bewölkt. Vielleicht würde es Regen geben. Er startete das Moped, das er am Tag zuvor gestohlen hatte, und fuhr ins Zentrum. Am Bahnhof ging er in eine Telefonzelle. Er hatte schon vorher eine ausgewählt, die etwas abseits lag. Auf die eine Seite des Glasfensters hatte er ein Plakat für ein erfundenes Konzert in einem Jugendclub geklebt, den es gar nicht gab. Es waren keine Menschen in der Nähe. Er zog sich den Helm vom Kopf und stellte sich mit dem Gesicht vor das Plakat. Dann schob er seine Telefonkarte ein und wählte die Nummer. Mit der linken Hand hielt er sich ein Knäuel Putzwolle vor den Mund. Es war sieben Minuten vor neun. Er wartete, während es am anderen Ende klingelte. Er war ganz ruhig, weil er wußte, was er sagen wollte. Sein Vater nahm den Hörer ab und meldete sich. Hoover konnte an seiner Stimme hören, daß er verärgert war. Also hatte er angefangen zu trinken und wollte nicht gestört werden.
    Hoover sprach in die Putzwolle und hielt den Hörer ein Stück von sich.
    »Hier ist Peter«, sagte er. »Ich hab etwas, was dich interessieren dürfte.«
    »Was denn?« Der Vater klang immer noch verärgert. Aber er hatte sofort geglaubt, daß es wirklich Peter war, der anrief. Damit war der heikelste Punkt überwunden.
    »Briefmarken für mindestens eine halbe Million.«
    Der Vater zögerte. »Bist du sicher?«
    »Mindestens eine halbe Million. Wenn nicht mehr.«
    »Kannst du nicht lauter sprechen?«
    »Die Leitung scheint nicht in Ordnung zu sein.«
    »Woher kommen sie?«
    »Aus einer Villa in Limhamn.«
    Der Vater hörte sich jetzt schon weniger verärgert an. Sein Interesse war geweckt. Hoover hatte Briefmarken gewählt, weil sein |225| Vater ihm einmal eine

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