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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Ann-Britt Höglund geführt hatte. Er merkte sofort, daß die Reaktion im Raum von Skepsis geprägt war. Das hatte er auch erwartet. Er war selbst skeptisch. »Ich nenne dies nur als eine von mehreren Möglichkeiten. Da wir nichts wissen, können wir auch von nichts absehen.«
    Er nickte Ann-Britt Höglund zu.
    »Ich habe um eine Zusammenstellung unserer bisherigen Untersuchung unter weiblichem Vorzeichen gebeten«, sagte er. »So etwas haben wir noch nie gemacht. Aber im vorliegenden Fall können wir nichts unversucht lassen.«
    Eine intensive Diskussion schloß sich an. Auch das hatte Wallander erwartet. Hansson, dem es an diesem Morgen besserzugehen schien, führte an. Mitten in ihrer Sitzung kam Nyberg. Er bewegte sich an diesem Morgen ohne Krücke.
    |339| Wallander begegnete seinem Blick. Er hatte das Gefühl, daß Nyberg etwas sagen wollte. Er sah ihn fragend an. Aber Nyberg schüttelte den Kopf.
    Wallander verfolgte die Diskussion, ohne sich selbst besonders aktiv daran zu beteiligen. Hansson drückte sich klar aus und argumentierte gut. Es war auch richtig, daß sie schon jetzt alle Gegenvorstellungen fanden, die man geltend machen konnte.
    Gegen neun machten sie eine kurze Pause. Svedberg zeigte Wallander in der Zeitung ein Bild von der neugebildeten Schutzwehr in Lödinge. Verschiedene andere Orte in Schonen schienen sich anzuschließen.
    Lisa Holgersson hatte am Abend zuvor einen Spot in der Abendsendung von ›Rapport‹ gesehen. »Wir werden bald im ganzen Land Bürgerwehren haben«, sagte sie. »Stellt euch eine Situation mit zehnmal so vielen Hobby-Polizisten wie richtigen Polizisten vor.«
    »Vielleicht ist das unausweichlich«, sagte Hamrén. »Es ist vielleicht immer so gewesen, daß Verbrechen sich lohnt. Aber der Unterschied heute ist, daß man es beweisen kann. Wenn wir zehn Prozent von dem ganzen Geld bekämen, das bei der Wirtschaftskriminalität verschwindet, könnten wir bestimmt dreitausend Polizisten einstellen.«
    Die Ziffer hielt Wallander für überzogen, aber Hamrén blieb bei seiner Auffassung.
    »Die Frage ist nur, ob wir eine solche Gesellschaft wollen«, fuhr er fort. »Hausärzte sind eine Sache, aber Hauspolizisten? Überall Polizei? Eine Gesellschaft, die in verschiedene Alarmzonen aufgeteilt ist? Schlüssel und Kodes, um seine alten Eltern zu besuchen?«
    »Wir brauchen gar nicht so viele neue Polizisten«, sagte Wallander. »Wir brauchen andere Polizisten.«
    »Möglicherweise brauchen wir eine andere Gesellschaft«, sagte Martinsson. »Mit weniger Fallschirmabsprachen und mehr Gemeinschaft.«
    Seine Worte hatten unwillkürlich einen Klang von politischer Wahlkampfrede bekommen. Aber Wallander glaubte zu verstehen, was Martinsson meinte. Er wußte, daß er sich ständig Sorgen |340| um seine Kinder machte. Daß sie mit Drogen in Berührung kamen. Daß ihnen etwas zustieß.
    Wallander setzte sich neben Nyberg, der nicht vom Tisch aufgestanden war. »Ich hatte das Gefühl, du wolltest etwas sagen.«
    »Nur eine Kleinigkeit«, sagte Nyberg. »Kannst du dich erinnern, daß ich im Wald bei Marsvinsholm einen künstlichen Fingernagel gefunden habe?«
    Wallander erinnerte sich. »Von dem du glaubtest, er könnte schon lange da gelegen haben?«
    »Geglaubt habe ich gar nichts. Aber ich habe es nicht ausgeschlossen. Jetzt sollten wir besser sagen, daß er nicht besonders lange dort gelegen hat.«
    Wallander nickte. Er winkte Ann-Britt Höglund zu sich. »Benutzt du künstliche Fingernägel?«
    »Normalerweise nicht«, antwortete sie. »Aber natürlich habe ich welche gehabt.«
    »Sitzen die fest?«
    »Sie brechen sehr leicht.«
    Wallander nickte.
    »Ich dachte, du solltest es wissen«, sagte Nyberg.
    Svedberg kam zurück. »Danke für das Papier«, sagte er. »Aber du hättest es wegwerfen können.«
    »Rydberg hat immer gesagt, daß es eine unverzeihliche Sünde ist, die Aufzeichnungen eines Kollegen fortzuwerfen«, sagte Wallander.
    »Rydberg hat viel gesagt.«
    »Oft hat sich gezeigt, daß er recht hatte.«
    Wallander wußte, daß Svedberg nie ein gutes Verhältnis zu seinem älteren Kollegen hatte. Aber es erstaunte ihn, daß es noch immer drin saß, obwohl Rydberg schon seit einigen Jahren tot war.
    Die Sitzung ging weiter. Sie verteilten bestimmte Arbeitsbereiche neu, so daß Hamrén und die beiden Polizisten aus Malmö sofort voll in die Ermittlung einbezogen wurden. Um Viertel vor elf fand Wallander es an der Zeit, die Besprechung abzuschließen. Ein Telefon klingelte.

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