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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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mich sehr wohl irren«, sagte er. »Aber die Möglichkeit besteht, daß sie hierher zurückkommt. Zum Vogelturm. Sie ist schon einmal hiergewesen.« Er erinnerte sie an das, was Nyberg über die Fingerabdrücke gesagt hatte.
    »Was kann sie hier wollen?« fragte sie.
    »Ich weiß nicht. Aber sie wird gejagt. Sie muß zu irgendeinem Entschluß kommen.«
    |535| Sie stiegen aus dem Wagen. Der Wind fiel sie an.
    »Wir haben Schwesterntracht gefunden«, sagte sie. »Außerdem eine Plastiktüte mit Unterhosen. Wir können wohl davon ausgehen, daß Gösta Runfelt in Vollsjö gefangengehalten worden ist.«
    Sie waren beim Haus angekommen.
    »Was tun wir, wenn sie auf dem Turm steht?«
    »Dann greifen wir sie. Ich gehe um den Hügel herum auf die andere Seite. Wenn sie kommt, stellt sie da ihr Auto ab. Dann gehst du den Pfad hinunter. Diesmal haben wir aber die Waffen gezogen.«
    »Ich glaube kaum, daß sie kommt«, sagte Ann-Britt Höglund.
    Wallander antwortete nicht. Er wußte, daß sie sehr gut recht haben konnte.
    Sie stellten sich auf dem Hofplatz in den Windschatten. Die Absperrbänder unten am Graben, wo sie nach Krista Habermans Skelett gruben, waren von dem starken Wind abgerissen worden. Der Turm lag verlassen. Er zeichnete sich scharf gegen den klaren Herbsthimmel ab.
    »Wir warten auf jeden Fall eine Weile«, sagte Wallander. »Wenn sie kommt, dann sicher bald.«
    »Im Distrikt ist Alarm ausgelöst worden«, sagte sie. »Wenn wir sie nicht finden, wird sie bald im ganzen Land gesucht.«
    Einen Augenblick standen sie schweigend.
    »Was treibt sie an?« fragte Ann-Britt Höglund.
    »Darauf kann wohl nur sie allein antworten«, sagte Wallander. »Aber sollte man nicht davon ausgehen, daß auch sie mißhandelt worden ist?«
    Ann-Britt Höglund antwortete nicht.
    »Ich glaube, sie ist ein sehr einsamer Mensch«, sagte Wallander. »Und sie fühlt sich dazu berufen, im Namen anderer zu töten. Das sieht sie wohl als den Sinn ihres Lebens.«
    »Vor kurzem haben wir noch geglaubt, einen Söldner zu suchen«, sagte sie. »Und jetzt warten wir darauf, daß eine Zugbegleiterin auf einem verlassenen Vogelturm auftaucht.«
    »Das mit dem Söldner war vielleicht trotz allem nicht so ganz falsch«, sagte Wallander nachdenklich. »Abgesehen davon, daß sie |536| eine Frau ist und kein Geld bekommt, soweit wir wissen. Trotzdem ist da etwas, was an unseren falschen Ausgangspunkt von damals erinnert.«
    »Katarina Taxell sagte, sie habe sie durch eine Gruppe von Frauen kennengelernt, die sich regelmäßig in Vollsjö trafen. Ihre erste Begegnung fand allerdings in einem Zug statt. Da hattest du recht. Anscheinend hat sie nach einem blauen Fleck gefragt, den Katarina Taxell an der Stirn hatte. Sie durchschaute ihre Ausflüchte. Es war Eugen Blomberg, der sie mißhandelt hatte. Ich habe nicht richtig rausbekommen, wie das Ganze passiert ist. Aber sie hat bekräftigt, daß Yvonne Ander früher im Krankenhaus und außerdem als Hilfe in einer Notfallambulanz gearbeitet hat. Da hat sie viele mißhandelte Frauen gesehen. Später hat sie Kontakt mit ihnen aufgenommen und sie nach Vollsjö eingeladen. Man kann vielleicht sagen, daß es sich um eine äußerst formlose Krisengruppe gehandelt hat. Sie hat herausgefunden, welche Männer diese Frauen mißhandelt hatten. Und dann ist etwas passiert. Katarina hat auch zugegeben, daß es natürlich Yvonne Ander war, die sie im Krankenhaus besucht hat. Beim zweitenmal hat sie Yvonne Ander den Namen des Vaters genannt. Eugen Blomberg.«
    »Und damit war sein Todesurteil unterschrieben«, sagte Wallander. »Außerdem glaube ich, daß sie sich lange auf das hier vorbereitet hat. Irgend etwas ist passiert und hat alles ausgelöst. Was das ist, wissen weder du noch ich.«
    »Weiß sie es selbst?«
    »Davon müssen wir ausgehen, falls sie nicht vollkommen wahnsinnig ist.«
    Sie warteten. Der Wind kam und ging in harten Stößen. Ein Streifenwagen kam zur Hofeinfahrt. Wallander bat die Beamten, vorläufig nicht wiederzukommen. Er gab keine Erklärung, war aber sehr bestimmt.
    Sie warteten weiter. Keiner hatte etwas zu sagen.
    Um Viertel vor elf legte Wallander vorsichtig die Hand auf ihre Schulter. »Da ist sie«, sagte er leise.
    Ein Mensch war auf dem Hügel aufgetaucht. Es konnte niemand anders sein als Yvonne Ander. Sie stand da und sah sich um. Dann begann sie, auf den Turm hinaufzusteigen.
    |537| »Ich brauche zwanzig Minuten hintenherum«, sagte Wallander. »Dann gehst du los. Ich bin auf der

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