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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gibt, kann weiß Gott was geschehen. Sie kann gefährlich sein. Das ist mir jetzt klargeworden. Gefährlich auch für uns.«
    »Was denn sonst?« fragte Hansson erstaunt. »Wo sie drei Menschen umgebracht hat? Aufgespießt, erwürgt, ertränkt hat? Wenn so eine Person nicht gefährlich ist, dann weiß ich auch nicht.«
    »Wir wissen nicht einmal, wie Grundén aussieht«, sagte Martinsson. »Sollen wir ihn über den Lautsprecher auf dem Bahnhof ausrufen lassen?
Sie
hat ja wohl auf jeden Fall eine Uniform an?«
    |529| »Vielleicht«, sagte Wallander. »Laß uns abwarten, bis wir hinkommen. Schalte mal Blaulicht ein, wir haben es eilig.«
    Hansson fuhr schnell. Dennoch war die Zeit knapp. Als sie noch ungefähr zwanzig Minuten bis Hässleholm hatten, wußte Wallander, daß sie es schaffen würden.
    Dann hatten sie eine Reifenpanne. Hansson fluchte und hielt an. Als ihnen klar war, daß sie den linken Hinterreifen wechseln mußten, wollte Martinsson wieder die Kollegen in Hässleholm anrufen. Auf jeden Fall konnten sie einen Wagen schicken. Aber Wallander sagte nein. Er hatte sich entschieden. Sie würden trotzdem rechtzeitig hinkommen. Sie wechselten das Rad in rasender Geschwindigkeit, während der stürmische Wind an ihren Kleidern zerrte. Dann waren sie wieder auf der Straße. Hansson fuhr jetzt wirklich noch schneller, die Zeit verrann, und Wallander versuchte, sich darüber klarzuwerden, wie sie vorgehen sollten. Es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, daß Yvonne Ander vor den Augen von Passagieren, die in einen Zug stiegen oder ihn verließen, Tore Grundén umbringen würde. Das paßte nicht zu ihrer bisherigen Vorgehensweise. Er kam zu dem Schluß, daß sie Tore Grundén bis auf weiteres vergessen konnten. Sie würden nach ihr Ausschau halten, einer Frau in Uniform, und sie würden sie so unauffällig wie möglich festnehmen.
    Sie kamen nach Hässleholm, und Hansson begann, nervös zu werden und falsch zu fahren, obwohl er behauptete, den Weg zu kennen. Jetzt war auch Wallander nervös, und als sie am Bahnhof ankamen, waren sie kurz davor, sich anzuschreien. Sie sprangen aus dem Wagen, dessen Blaulicht noch eingeschaltet war. Drei Männer, dachte Wallander, in ihren besten Jahren, die aussahen, als wollten sie die Kasse des Fahrkartenschalters rauben oder zumindest einen Zug erreichen, der in wenigen Augenblicken abfahren sollte. Die Uhr zeigte, daß sie noch genau drei Minuten Zeit hatten: 7   Uhr 47.   Durch den Lautsprecher wurde der Zug angesagt. Aber Wallander hatte nicht gehört, ob die Einfahrt oder die Abfahrt angekündigt wurde. Sie mußten jetzt ruhig bleiben. Sie würden auf den Bahnsteig gehen, etwas getrennt voneinander, aber doch die ganze Zeit den Kontakt halten. Wenn sie sie gefunden hatten, würden sie schnell von drei Seiten um sie aufschließen |530| und sie bitten mitzukommen. Wallander ahnte, daß dies der kritische Moment war. Sie konnten nicht sicher sein, wie sie reagieren würde. Sie mußten vorbereitet sein, nicht mit Waffen, sondern mit ihrer Körperkraft. Er unterstrich dies mehrmals. Yvonne Ander benutzte keine Waffen. Sie mußten bereit sein, aber sie sollten sie festnehmen können, ohne zu schießen.
    Dann gingen sie. Draußen wehte immer noch ein harter, böiger Wind. Der Zug war noch nicht eingefahren. Die Passagiere suchten Schutz vor dem Wind, wo sie ihn finden konnten. Es waren auffallend viele, die an diesem Samstag morgen nach Norden reisen wollten. Sie gingen auf den Bahnsteig, Wallander als erster, Hansson dicht hinter ihm, Martinsson ganz außen an der Bahnsteigkante. Wallander entdeckte sogleich einen männlichen Zugbegleiter, der rauchend wartete. Er merkte, daß ihm vor Anspannung der Schweiß ausbrach. Yvonne Ander konnte er nicht sehen. Keine Frau in Uniform. Hastig suchte er mit den Blicken nach einem Mann, der Tore Grundén sein konnte. Aber das war natürlich sinnlos. Der Mann hatte für sie kein Gesicht. Er war nur ein angestrichener Name in einem makabren Notizbuch. Er wechselte ein paar Blicke mit Hansson und Martinsson. Dann sah er zum Bahnhofsgebäude hinüber, ob sie vielleicht von dort kam. Gleichzeitig fuhr der Zug ein. Wallander ahnte, daß irgend etwas total falsch lief. Noch immer wollte er nicht glauben, daß sie vorhatte, Tore Grundén auf dem Bahnsteig zu töten, aber er konnte nicht sicher sein. Allzu häufig hatte er erlebt, daß berechnende Personen plötzlich die Kontrolle verloren und begannen, impulsiv und gegen ihre bisherigen Gewohnheiten zu

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