Wallander 07 - Mittsommermord
warten.
»Wir können Sie zwar nicht bitten, sie zu verhaften«, sagte er. »Aber dagegen, daß Sie sie vorübergehend festnehmen und sie so lange dabehalten, bis einer von uns bei Ihnen ist, haben wir natürlich nichts einzuwenden. Wir müssen mit ihr reden. Das in erster Linie. Anschließend müssen wir weitersehen.«
»Dabei können wir Ihnen wohl behilflich sein. Wir müssen uns aber eine gute Begründung einfallen lassen.«
»Ich muß erfahren, wann sie das nächste Mal in dieser Bar auftaucht. Wie heißt das Lokal?«
»Amigo.«
»Und was hat es für einen Ruf?«
|412| »Soweit mir bekannt ist, einen guten. Obwohl es in der Istedgade liegt.«
Wallander wußte, daß die Istedgade im Zentrum von Kopenhagen lag.
»Ich bin sehr dankbar für Ihre Hilfe.«
»Wir lassen sofort von uns hören, wenn sie wieder auftaucht. Wir können auch mit denen sprechen, die dort arbeiten. Vielleicht weiß jemand, wo sie wohnt.«
»Lieber nicht«, sagte Wallander. »Wir wollen nicht riskieren, daß sie verschwindet.«
»Sagten Sie nicht, sie würde keines Verbrechens verdächtigt?«
»Das wird sie auch nicht. Aber vielleicht irre ich mich.«
Kjær verstand. Wallander schrieb sich ihren Namen und verschiedene Telefonnummern auf. Ihr Vorname war Lone.
Wallander legte auf. Es war halb zwei. Er erhob sich schwerfällig und ging zur Toilette. Dann trank er im Eßraum Wasser.
Auf einem Teller lagen ein paar trockene Butterbrote. Er nahm eins davon. Draußen auf dem Korridor hörte man Martinssons Stimme. Er sprach mit einem der Polizisten aus Malmö. Sie kamen in den Eßraum.
»Wie kommt ihr voran?« fragte Wallander.
»Niemand hat etwas anderes gesehen als den Mann, der aus dem Meer kam.«
»Gibt es eine Beschreibung?«
»Wir wollten gerade das, was wir bekommen haben, zusammenstellen.«
»Wo sind die anderen?«
»Hansson ist noch draußen. Ann-Britt mußte nach Hause fahren. Ihrer Tochter geht es nicht gut.«
»Die dänische Polizei hat angerufen. Sie haben Louise gefunden.«
»Bestimmt?«
»Es hat den Anschein.«
Wallander goß Kaffee ein. Martinsson wartete auf eine Fortsetzung.
»Haben sie sie verhaftet?«
»Dazu haben sie keine Veranlassung. Aber sie ist von einem |413| Taxichauffeur und in einer Bar gesehen worden. Das Bild in der Zeitung hat also etwas gebracht.«
»Und sie heißt tatsächlich Louise?«
»Das wissen wir dagegen nicht.«
Wallander gähnte. Martinsson gähnte. Einer der Polizisten aus Malmö versuchte, sich die Müdigkeit aus den Augen zu reiben.
»Gehen wir rein«, schlug Wallander vor.
»Gib uns noch eine Viertelstunde zur Abstimmung«, erwiderte Martinsson. »Außerdem glaube ich, daß Hansson auf dem Weg ist. Wir können Ann-Britt zu Hause anrufen, wenn es notwendig wird.«
Wallander nahm die Kaffeetasse mit in sein Büro. Er hatte seine Jacke noch nicht ausgezogen. Als er sich setzte, verschüttete er Kaffee auf seinen Ärmel. Er knallte die Tasse auf den Tisch, riß sich die Jacke vom Leib und schleuderte sie in die Ecke. Er war sich bewußt, daß seine Aggression eigentlich dem Täter galt, den zu fassen ihnen noch immer nicht gelungen war.
Er zog einen Block heran, auf dessen Seiten sich Strichmännchen und unsystematische Notizen drängten. Auf ein leeres Blatt schrieb er drei Fragen:
Woher bezieht er seine Informationen?
Was ist sein Motiv?
Warum Svedberg?
Er lehnte sich zurück. Das reichte nicht. Er beugte sich vor und fügte noch einige Fragen hinzu.
Warum stand Svedbergs Teleskop bei seinem Cousin?
Warum verkleidete Menschen?
Warum Isa Edengren?
Welches ist der springende Punkt?
Langsam wurde es deutlicher. Aber es fehlte noch immer etwas. Er schrieb weiter:
Louise fährt nach Kopenhagen. Sie spricht Schwedisch.
Eine heimliche Sekte?
Bror Sundelius.
Was hat Lennart Westin gesagt?
Danach konnte er die Situation zusammenfassen.
Wallander trat an die Wand und betrachtete eine Karte von |414| Schonen. Zuerst Hagestad. Jetzt Nybrostrand. Dazwischen Ystad. Das Gebiet war eng begrenzt. Aber ein unmittelbarer Anhaltspunkt ergab sich daraus nicht. Er nahm den Block mit und ging zum Sitzungszimmer. Müde und lustlose Gesichter, zerknitterte Kleidung. Und der Täter liegt wahrscheinlich im Bett und schläft, dachte er.
Sie stimmten ihre Erkenntnisse miteinander ab. Ein Wagen, der in Frage kam, war nicht beobachtet worden. Doch ein anderer als der Mann aus dem Meer war als alternativer Täter nicht aufgetaucht, und das war immerhin ein Fortschritt. Niemand hatte an
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