Wallander 07 - Mittsommermord
anderes.«
»Ich habe gesagt, soviel ich kann. Aber ich habe vielleicht doch noch ein paar Fragen.«
Wallander setzte sich wieder. »Ein Postsack heutzutage muß doch anders aussehen als vor zehn oder zwanzig Jahren. Wer schickt heutzutage eigentlich noch Briefe?«
»Es stimmt, daß ein großer Unterschied zu früher besteht. In ein paar Jahren wird er noch größer sein. Die Post wird unmodern. Man faxt oder schickt E-Mails .«
»Ich nehme an, daß die Zahl der Privatbriefe drastisch zurückgegangen ist.«
»Nicht so drastisch, wie man vermuten könnte. Es gibt noch immer viele, die weder zum Fax noch zur E-Mail Vertrauen haben. Man möchte sein Privatleben schützen. Da zieht man den zugeklebten Briefumschlag vor.«
»Die Posttaschen sind also nicht nur mit Reklamesendungen und Briefen verschiedener Behörden gefüllt?«
»Keineswegs.«
Wallander nickte. Albinsson und er erhoben sich gleichzeitig.
»Sind Ihre Fragen jetzt beantwortet?«
»Ich glaube schon. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Albinsson fragte nicht weiter. Sie trennten sich am Eingang. Wallander trat in die Sonne hinaus. Dieser eigentümliche August, |474| dachte er. Diese Hitze, die anscheinend nicht nachlassen will. Aber der Wind hatte sich gelegt.
Er ging zum Präsidium zurück. Unterwegs überlegte er, ob er am nächsten Tag zu Svedbergs Beerdigung Uniform tragen sollte. Und er fragte sich, ob Ann-Britt es mittlerweile bereute, die Trauerrede übernommen zu haben. Die sie noch nicht einmal selbst geschrieben hatte.
Als er in die Anmeldung kam, sagte Ebba, daß Lisa Holgersson mit ihm sprechen wolle. Ebba wirkte bedrückt.
»Wie geht es dir eigentlich?« fragte er. »Wir kommen nie mehr dazu, miteinander zu reden.«
»Es geht, wie es geht«, gab sie zurück.
Wallander erinnerte sich daran, daß sein Vater die gleichen Worte benutzt hatte, wenn er über das Elend des Älterwerdens sprach.
»Wenn diese Geschichte erst vorbei ist, reden wir mal wieder miteinander«, sagte Wallander.
Sie nickte. Wallander hatte das Gefühl, daß noch etwas mit ihr war. Aber er hatte keine Zeit, weiter zu fragen. Er ging zu Lisa Holgersson hinein, deren Tür wie immer offenstand.
»Das ist ja ein toller Durchbruch«, meinte sie, nachdem er sich in ihrem bequemen Besuchersessel niedergelassen hatte. »Thurnberg ist schwer beeindruckt.«
»Beeindruckt wovon?«
»Das mußt du ihn schon selbst fragen. Aber du wirst deinem Ruf gerecht.«
Wallander war verblüfft. »Ist der so schlecht?«
»Im Gegenteil.«
Wallander kehrte die Handflächen nach oben. Er wollte nicht über seine Verdienste reden, weil er sie als vollständig unzureichend ansah.
»Der Reichspolizeichef wird an der Beerdigung teilnehmen«, sagte sie. »Und außerdem die Justizministerin. Sie landen um elf Uhr in Sturup. Ich nehme sie dort in Empfang. Sie haben beide den Wunsch geäußert, über den Stand der Ermittlung ins Bild gesetzt zu werden. Sagen wir, um halb zwölf im großen Sitzungszimmer. Du, ich und Thurnberg.«
|475| »Kannst du den Bericht nicht geben? Oder Martinsson? Er redet viel besser als ich.«
»Trotz allem bist du der verantwortliche Ermittlungsleiter«, entgegnete sie. »Wir haben an höchstens eine halbe Stunde gedacht. Dann essen sie, und unmittelbar nach der Beerdigung fliegen sie zurück nach Stockholm.«
»Wird einer von ihnen eine Rede halten?«
»Alle beide.«
»Mir graut vor dieser Beerdigung«, gestand Wallander. »Es ist eben doch etwas anderes, wenn der Tote brutal ermordet wurde.«
»Denkst du an deinen alten Freund Rydberg?«
»Ja.«
Das Telefon klingelte. Sie nahm ab, hörte zu und bat den Anrufer, sich später noch einmal zu melden.
»Was wird nun eigentlich mit der Musik?« fragte Wallander.
»Wir haben dem Kantor die Auswahl überlassen. Der macht es sicher würdig. Was spielen sie denn so? Bach und Buxtehude? Und natürlich ›Lobet den Herren‹.«
Wallander stand auf, um zu gehen.
»Ich hoffe, du nutzt die Gelegenheit«, sagte er. »Wenn sowohl die Justizministerin als auch der Reichspolizeichef hier sind.«
»Die Gelegenheit wofür?«
»Ihnen zu sagen, daß es so nicht weitergeht. Wenn immer mehr Kürzungen vorgenommen werden, behaupte ich, daß es sich nicht mehr um eine Sparmaßnahme handelt, sondern um eine Verschwörung. Sowohl mit dem organisierten als auch dem unorganisierten Verbrechen, mit dem wir uns hierzulande herumschlagen.«
»Was um Gottes willen meinst du damit?«
»Genau das, was ich sage. Eine Verschwörung. Um die
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